Jakob hatte das Gefühl, dass er kaum die Augen offen halten konnte, als er das Restaurant betrat. Er war viel zu müde und er machte sich im Moment keine Gedanken, die anderen zu finden. Er griff sich einfach ein Tablett und holte sich einen Kaffee. Den würde er heute gebrauchen. Danach begann er, sich ein paar Dinge auf das Tablett zu stapeln, die er im Moment als lecker empfand.
Ethan verzichtete darauf, die Farmerin skeptisch anzusehen, als sie ihn doch wieder ansprach. Er würde es schlicht aufgeben, derartige Dinge nachvollziehen zu wollen. "Da es ein offizieller Kampf ist, hängt die Anzahl der Wechsel von den eingesetzten Pokémon ab", antwortete er dann. "Zwei Pokémon, zweimal wechseln. Das ist im Grundregelwerk vermerkt und wenn es keine expliziten Abweichungen gibt, gilt diese Regel immer."
"Oh! Ich erinnere mich! Das haben die auch während der Theorie für die Trainerlizenz erklärt", meinte Holly daraufhin. "Damals hab ich geglaubt, dass ich das nie brauchen werde, weil ich sowieso nie irgendwelche offiziellen Kämpfe machen würde." "Ich würde mal sagen, dass du dich geirrt hast", kommentierte Lou diese Aussage. "Ganz offensichtlich", erwiderte die junge Farmerin und zuckte kurz mit den Schultern. "Ich mag zwar damals gepennt haben, aber jetzt will ich es ordentlich machen."
Als er der Meinung war, genug Frühstück gesammelt zu haben, blickte sich Jakob im Restaurant um und er schaffte es tatsächlich nach einer Weile, die anderen zu finden. Im Moment schienen sie in ein Gespräch vertieft zu sein, denn sie bemerkten ihn nicht, als er sich dem Tisch näherte. Er stellte sein Tablett an die freie Stelle und setzte sich. "Guten Morgen", murmelte der Teenager noch etwas schläfrig und konnte ein Gähnen nicht unterdrücken, bevor er begann, an seinem Kaffee zu nippen.
Ethan kam nicht dazu, noch etwas dazu zu sagen, weil in diesem Moment der Idiot auftauchte. Oder schlafwandelte. Sicher konnte man das vermutlich nicht sagen. "Guten Morgen", erwiderte Ethan mit einem Anflug von Skepsis und setzte ein betont höfliches Lächeln auf. "Hattest du Besuch von Charly?"
Ethan gab Holly keine Antwort, was aber daran lag, dass Jakob auftauchte. Die junge Farmerin störte sich nicht daran und nahm stattdessen einen weiteren Schluck Kaffee. Diesen verteilte sie allerdings um ein Haar über den Tisch, als sie Ethans Bemerkung hörte. Sie schaffte es die Tasse abzusetzen, hatte aber ansonsten gut damit zu tun, ihr Lachen auf einer annehmbaren Lautstärke zu halten. Lou hingegen versteckte sich hinter ihrer Teetasse, konnte aber ein kurzes Schnauben auch nicht unterdrücken.
Jakob trank wieder ein paar Schlucke und nickte Ethan kurz zu, als dieser seinen Gruß erwiderte. Doch dann blieb ihm sein Schluck beinahe im Hals stecken. Er schaffte es, ihn noch herunterzuschlucken und schaute dann Ethan finster an. "Nein", sagte er knapp. "Familie. Und ich fände es ganz toll, wenn du diese Person nicht erwähnen würdest." Es war schon schlimm genug, dass er Stress mit seinen Eltern hatte und jetzt erinnerte ihn Ethan auch noch an die schönste Nacht seines Lebens, für die er sich trotzdem schämte und brachte damit auch noch Lou und Holly dazu, ihn jetzt auszulachen.
Aus irgendeinem Grund wirkten sowohl die Farmerin als auch Lou hochamüsiert und Ethan war froh darüber, dass erstere ihren Kaffee nicht über den gesamten Tisch verteilte. Dass diese Bemerkung derartig lustig war, hatte er allerdings nicht für möglich gehalten. Irgendwie war es das reinste Mysterium. Lediglich die Reaktion des Idioten war zu erwarten gewesen. "Familie ist ein Argument", entschied Ethan dann halb amüsiert, halb zustimmend. Immerhin war seine eigene alles andere als angenehm.
"Du hast deine Eltern gleich gestern noch angerufen?", kam es halb erstaunt, halb erfreut von Lou, während Holly noch damit beschäftigt war, zu lachen. Lou musterte Jakob einen Moment und kam zu dem Schluss, dass irgendwas vorgefallen sein musste, denn der junge Mann wirkte alles andere als erfreut. "Es ist nicht gut gelaufen, oder?"
Jakob schaute zu Lou. Wenigstens sie hatte jetzt aufgehört zu lachen und fragte ihn, wie es gelaufen war. Der Teenager musste sich erst einen Moment sammeln und trank dieses Mal einen größeren Schluck Kaffee. "Nicht gut gelaufen ist untertrieben", meinte Jakob schließlich. "Mein Vater war total sauer und das Gespräch endete damit, dass er mir sagte, dass ich nicht mehr zuhause auftauchen soll." Jakob nahm noch einen Schluck und zwang sich zu einem sarkastischen Lächeln. "Na immerhin wissen sie jetzt, dass es mir gut geht."
Ethan war sich nicht ganz sicher, worum es überhaupt ging, sodass er sich dazu entschied, nichts dazu zu sagen. Gut, offenbar hatte der Idiot mit seinen Eltern telefoniert, was nicht unbedingt angenehm gewesen zu sein schien. Ethan kannte das und zu allem Überfluss stand es ihm heute auch noch bevor, immerhin musste er seinen Vater noch erreichen. Und vermutlich Kate. Und Johnson. Er hatte das Bedüfnis, sich eine Sekretärin zuzulegen.
"War das wegen der Sache, die Johnson gesagt hat?", erkundigte sich Holly, der es mittlerweile gelungen war, nicht mehr zu lachen. "Ja. Ich hab Jakob vorgeschlagen, dass es besser ist, wenn er sich deswegen bei seinen Eltern meldet", erzählte die jüngere der beiden. "Es war eine ziemlich blöde Idee, nichts zu sagen. Mein Pa hätte vermutlich was Ähnliches gesagt", meinte Holly. "Sowas kommt vor, wenn Eltern sauer sind." "Holly hat recht", pflichtete Lou ihr bei. "Lass einfach ein bisschen Gras über die Sache wachsen, dann wird das schon wieder. Deine Eltern sind garantiert in erster Linie froh, dass es dir gut geht", versuchte Lou den jungen Mann aufzubauen.
Jakob schaute jetzt auch zu Holly. Sie hatte auch aufgehört zu lachen und stand ihm tatsächlich bei. "Danke, Leute", sagte er zu allen und nickte auch noch einmal Ethan zu. "Bei meiner Ma stimmt das sogar, sie war heilfroh. Aber mein Vater war überhaupt nicht begeistert, was die Freiwilligen-Sache an sich angeht. Er hat es zwar nicht ausdrücklich gesagt, aber er hält es für Zeitverschwendung. Und für einen Vorwand, dass ich mit Siggi trainiere." Er nahm noch einen weiteren Schluck von seinem Kaffee. "Ich bin nichtmal dazu gekommen, von der Arena oder Pachira zu erzählen, bevor er aufgelegt hat."
"Letzteres klingt in etwa nach dem Interesse, das meine Mutter geäußert hat", kommentierte Ethan mit einem Schulterzucken. "Und nachher werde ich mir das Gleiche von meinem Vater anhören dürfen." Er hielt einen Moment inne und winkte dann ab. "Wobei ich zugeben muss, dass ich aufgelegt habe", korrigierte er sich dann selbst. "Aber mit meiner Mutter lässt sich sowieso nicht reden." Es war nichts Neues, er kannte es und so ärgerlich es auch war, so sehr war er doch auch daran gewöhnt. Und es ließ sich ohnehin nicht ändern.
"Mach dir nichts draus", meinte Holly noch zu Jakob. "Ist vielleicht besser, wenn du nicht alles auf einmal erzählst. Zu viele Informationen und so." "Ich kann euch verstehen", stimmte Lou den anderen zu. "Ich hab Tim die Sache mit den Freiwilligen verschwiegen und das nicht nur, weil ich noch keine achtzehn bin. Vermutlich hätte er mir gesagt, dass das ja eine gute Einstellung ist, wenn man was bewirken will, aber dass das doch viel zu gefährlich ist und ich das gar nicht einschätzen kann... Lyn hätte mich wahrscheinlich gefragt, warum ich mir so eine brotlose Aufgabe suche, die nicht einmal Anerkennung bringt. Ich tippe drauf, dass es vergleichbar damit gewesen wäre, als ich gesagt habe, dass ich länger in Inito bleibe." Holly hielt sich bei dieser Art Gespräch lieber heraus. Natürlich waren ihre Eltern auch irgendwo schwierig, aber es war die Idee ihres Vaters gewesen, dass sie sich freiwillig meldete und ihr Mutter hatte auch betont, wie stolz doch alle waren, dass sie diese Aufgabe übernommen hatte.