Jakob nickte. Das waren zwei gute Informationen. Er hoffte, dass die Organisation mit ihm weiter zusammenarbeiten wollte, wenn er Informationen über Ethan lieferte. Zumindest hoffte er, dass er somit einen nützlichen Grund liefern konnte, am Leben zu bleiben, wenn die Polizei aufgelöst werden würde. "Ansonsten fällt mir nichts ein, aber danke für die Informationen." Jakob stockte für einen Augenblick und fuhr dann fort. "Für wie klug hältst du es eigentlich, vom Hotel aus anzurufen?"
"Bitte", erwiderte Ethan mit einem knappen Nicken und hob anschließend die Schultern. "Ganz ehrlich? Sie wissen unter Garantie sowieso, wo wir sind, also kannst du auch vom Hotel aus anrufen. Ich sehe da kein nennenswertes Problem."
Jakob nickte dem reichen Jungen kurz zu. Er hoffte, dass die Informationen vorerst genügen würden. Ihm fiel auch nichts ein, was sie sonst noch hätten sagen sollen. "Gut, wenn nichts weiter ist, bringe ich es jetzt hinter mich. Ich komm dann direkt danach zu dir und informiere dich. Bis gleich." Jakob nahm es mit einem kurzen Lächeln zur Kenntnis, dass Ethan ihm zunickte und verließ dann das Zimmer, um sich dem eigenen zuzuwenden. Er setzte sich erneut auf die Bettkante, nur wählte er dieses Mal die Nummer, die er von Antonio bekommen hatte.
"Guten Morgen Jakob", meldete sich die übliche Frauenstimme, wobei die Begrüßung aus ihrem Mun ddeutlich weniger nach einer Begrüßung und mehr nach einer Drohung klang. "Ich hoffe, du störst mich nicht umsonst um diese Uhrzeit. Und ich hoffe, deine Informationen sind besser als bisher." Es folgte eine kurze Kunstpause. "Ich hänge an deinen Lippen."
Jakob verdrehte ein wenig die Augen. Wenn die Organisation zu allen ihren Informanten derart unfreundlich war, wusste er nicht, warum jemand mit ihnen zusammenarbeitete. Die unterschwellige Drohung fand Jakob auf jeden Fall unschön. "Guten Morgen Sarah", meinte Jakob dann und bemühte sich darum, einen möglichst neutralen Tonfall zu wahren. "Ich denke, ich werde Sie dieses Mal nicht enttäuschen. Zwei Dinge: erstens habe ich mit dem Courtenay junior über die Pressekonferenz geredet. Viele Aktionäre, darunter der Courtnay, sind anderer Meinung. Sie wollen Arkwright umstimmen. Ich habe außerdem herausgefunden, dass Ethan Freiwilliger geworden ist, weil er seinen Vater dazu überreden will, dass er sich dafür einsetzt, dass die Polizei mehr finanzielle Mittel bekommt. Im Moment sammelt er für seinen Vater Informationen, damit er das dann auch tut." Jakob verstummte dann, überlegte einmal kurz und wartete dann, ob ihm die nette Frau am anderen Ende noch etwas zu sagen hatte.
"Ich habe schon nicht mehr mit interessanten Informationen gerechnet, Jakob", erwiderte Sarah und klang trotzdem noch immer langweilig. "Mit Ethan meinst du Courtenay-Junior, vermute ich." Nach einer Pause, die definitiv als Gähnen zu erkennen war, räusperte sie sich. "Da lässt sich ja direkt über eine Belohnung reden", fuhr sie dann fort. "Ich lasse sie an der Rezeption unter deinem Namen hinterlegen." Es folgte eine weitere Pause. "Allerdings hätte ich da noch einewinzige Frage", fügte Sarah dann hinzu. "Was genau habt ihr mit Kate zu tun?"
Jakob überlegte einen kurzen Moment. Er hatte Ethan versprochen, Kate nicht zu erwähnen. Einer expliziten Frage wie dieser konnte er allerdings nicht ausweichen. Er würde sich etwas einfallen lassen. Schnell. "Ja, ich meine mit Ethan den Courtenay Junior", erwiderte Jakob dann, um kurz Zeit zu schinden. "Er möchte aus irgendwelchen Gründen bei seinem dritten Vornamen angeredet werden. Ist mittlerweile Macht der Gewohnheit." Das war genug Zeit gewesen, um sich noch etwas einfallen zu lassen. "Was Kate angeht... ich gehe davon aus, sie meinen den Champion." Jakob seufzte einmal hörbar in den Hörer. "Das wüsste ich allerdings auch gerne. Mit uns als Freiwillige hat sie nichts zu tun, aber der Courtenay und sie kennen sich von irgendwo her. Allerdings schweigt er sich zu ihr sehr aus und ich glaube auch nicht, dass er die beste Meinung von ihr hat. Immerhin ist er sehr schlecht gelaunt, wenn ich das Thema in ihre Richtung lenke."
"Aha", machte Sarah hörbar desinteressiert, als Jakob seinen Monolog über Ethan beendet hatte. Erst als er auf Kate zu sprechen kam, schien sie ein wenig aufmerksamer zu werden. "Ja, natürlich beziehe ich mich auf den Champion", entgegnete sie dann mit einem hörbar genervten Unterton. "Kate, der Champion von Aventu, Arkwrights Tochter, ich wüsste nicht, was daran zu missverstehen ist." Sie schnaubte. "Und ich bezweifle ehrlich gesagt, dass das alles ist, was ihr mit ihr zu tun habt. Weißt du, Jakob... Manchmal habe ich das Gefühl, dass du mir nicht alles erzählst und das, obwohl wir uns so gut verstehen." Ein schweres Seufzen folgte. "Genieß deine Belohnung und überleg dir, wo deine Loyalität wirklich liegt." Der Anruf wurde abrupt unterbrochen.
Jakob hörte, wie das Gespräch unterbrochen wurde. Er war von der einen Information, die er bekommen hatte, extrem geschockt. Er legte langsam den Hörer auf. Die Organisation wusste offensichtlich, wo sie im Moment wohnten, aber das hatte Ethan ja schon vermutet. Jakob hatte das nur mäßig überrascht, sie waren ja auch vorher schon extrem gut informiert gewesen. Allerdings machte die Information, die sie Jakob preisgegeben hatte, unglaublich viel Sinn. Deswegen kannten die beiden sich. Er wusste zwar immer noch nicht, warum Ethan so unfreundlcih zu ihr war, aber das würde er bald herausfinden. Die Frau, die sich Sarah nannte, hatte auch aus seinen Ausflüchten herausgehört, dass er ihr nicht alles sagen wollte. Jakob wusste, dass sie ihn kriegen konnten, wenn sie es wollten. Er schüttelte kurz den Kopf. Darüber konnte er später nachdenken. Jetzt wollte er Antworten. Er stand auf und ging direkt zu Ethans Zimmertür, an die er nachdrücklich anklopfte.
Es dauerte nicht sonderlich lange, bis ein erneutes Klopfen ertönte. Ethan öffnete die Tür und ließ den Idioten ein zweites Mal eintreten, wobei er dieses Mal aus irgendeinem Grund ein wenig verstört wirkte. Prüefnd sah Ethan den Idioten an und hoffte, dass das Gespräch nicht so schlecht gelaufen war, wie es gerade aussah. "Was ist los?", fragte Ethan, nachdem er die Tür geschlossen hatte.
Jakob schaute Ethan kurz an. Viele Informationen schossen ihm gerade im Kopf herum, aber es gab eine, die im Moment am greifbarsten war. Jakob öffnete den Mund und es hörte sich falsch an, dass er das sagte. "Kate ist Arkwrights Tochter?"
Einen Moment lang starrte Ethan den Idioten an. Er hatte mit vielen Äußerungen gerechnet, aber ganz sicher nicht mit dieser. War der Idiot jetzt spontan selbst darauf gekommen? Das war abwegig, mehr als das. Die einzige Alternative war, dass diese Organisation erstaunlich viel wusste und es aus irgendeinem Grund für nötig gehalten hatte, den Idioten zu informieren. "Wie kommst du jetzt darauf?", hakte Ethan sicherheitshalber nach. Solange noch die Chance bestand, dass der Idiot es nur vermutete, würde Ethan es ihm ganz sicher nicht bestätigen.
Jakob schüttelte den Kopf. Ethan musste es einfach wissen. Er hoffte, dass Ethan ihm bestätigen konnte, dass die Organisation falsch lag. Es konnte einfach nicht stimmen. "Ich bin gar nicht darauf gekommen. Aber die Organisation ist der Meinung, dass sie das ist."
Die Organisation wusste es. Das war schlecht - und irgendwie ahnte er, dass es nicht die schlechteste Idee, Kate zeitnah darüber zu informieren. Aber für den Moment war die wichtigere Frage, was er dem Idiot sagen sollte. Vermutlich würde er es ihm glauben, wenn er ihm sagte, dass Kate die Tochter irgendeines Großaktionärs war. Die Frage war, ob es sinnvoll war. Jetzt, da der Idiot die Wahrheit zumindest im Hinterkopf hatte, würde er früher oder später irgendeinen Beweis finden. Und abgesehen davon würde der Idiot die Organisation unter Garantie unterschätzen, wenn Ethan behaupten würde, dass diese Information falsch war. Auf der anderen Seite hatte Kate sehr deutlich gemacht, was sie davon halten würde, wenn Ethan irgendwem von ihrer Identität erzählte. Er atmete hörbar aus. "Dann sind sie besser informiert, als wir angenommen haben", merkte Ethan schließlich an und unterdrückte das Bedürfnis, irgendeinen Fluch hinzuzufügen.
Jakob schüttelte nur den Kopf. Ethans Aussage bestätigte die Information, die er von der Organisation bekommen hatte. Er konnte es nicht glauben, die ganze Zeit war der Champion die Tochter des einflussreichsten Manns in Aventu gewesen. Das hätte er sich niemals vorstellen können. Vielleicht erklärte das aber auch ihr gutes Abschneiden in der Liga. Das war definitiv etwas, worauf sich die Presse stürzen würde. Er war sich nicht einmal sicher, ob die Organisation beabsichtigt hatte, ihm diese Information zuzuschieben, oder ob sich seine Kontaktperson einfach verplappert hatte. "Ja, das sind sie. Sie wollten wissen, was wir mit Kate zu tun haben. Als ich näher nachfragte, ob sie den Champion meint, hat sie mir das vor die Füße geworfen. Ich habe nur gesagt, dass ihr euch von irgendwo zu kennen scheint, aber euer Verhältnis nicht das beste ist. Wenn sie schon wussten, das wir mit ihr irgendwas zu tun haben, dachte ich, das ist vage genug und stellt sie trotzdem zufrieden." Jakob atmete noch einmal hörbar aus und schaute zu Ethan. "So ganz hat das nicht geklappt, meine Kontaktperson glaubt, ich verschweige ihr Dinge. Ich habe den freundlichen Hinweis bekommen, dass ich mir überlegen soll, wo meine Loyalitäten liegen."