Jakob schüttelte kurz den Kopf, als Ethan nach drinnen ging. Kates Nachtara strafte ihn immer noch mit Missachtung. Er hätte jetzt gerne Siggi aus dem Pokéball freigelassen. Es war an sich ein schöner Tag und er wollte ja auch irgendwann trainieren. Aber wenn Ethan jetzt ein Großraumtaxi holte, fand er das eher störend. Später würde er das vielleicht tun und die Möglichkeit bestand, dass Siggi besser mit dem Nachtara zurechtkam als er selbst. Jakob fragte sich für einen kurzen Moment, wie Kates Pokémon wohl reagieren würde, wenn es wüsste, dass Jakob den Nachnamen seiner Trainerin kannte.
Immerhin war die Auskunft schnell erteilt und die Frau an der Rezeption nahm ihm die Arbeit ab, das Taxi zu rufen. Wenigstens eine Person, die ihm Arbeit abnahm. Nachdem sie ihn darüber informeirt hatte, dass das Taxi in wenigen Minuten eintreffen würde, machte er sich wieder auf den Weg nach draußen, wenn auch mit mäßiger Begeisterung. Als er die Lobby verließ, war vor allem der Idiot immer noch mit dem Nachtara beschäftigt. "Das Taxi kommt in ein paar Minuten", merkte Ethan zugegebenermaßen knapp an.
"Verstanden", erwiderte Holly mit einem Nicken, dann ließ sie ihren Blick ein weiteres Mal über die Umgebung gleiten, warum wusste sie nicht genau. "Ich geh davon aus, dass uns das Taxi am Anfang der Straße absetzen soll? Immerhin wollten wir uns die Umgebung auch ein wenig ansehen." Auch Lou nickte kurz. Sie hoffte wirklich, dass dieser Tag etwas ergeben würde. Es musste einfach voran gehen. Es musste einfach.
Jakob war immer noch fasziniert von dem sich putzenden Nachtara. Es gefiel ihm und er mochte die Art an sich. Evoli waren recht seltene Pokémon, aber es überraschte Jakob nicht im geringsten, dass Kate mit ihrem Namen eines hatte. Trotzdem schien er kein Händchen für diese Pokémon zu haben, Coulomb mochte ihn auch nicht. Auch wenn er nicht ganz verstand warum. Ja, er hatte sich im Labor ein wenig umgesehen, ohne dass er es durfte. Aber am Ende war ja alles doch gut gewesen und trotzdem mochte Coulomb ihn nicht. Er hoffte, dass er es sich jetzt nicht mit Kates Nachtara verscherzt hatte.
Die Farmerin war die einzige, die sich die Mühe gemacht hatte, ernsthaft auf seine Rückkehr zu reagieren. Ein kurzes Nicken von Lou konnte man kaum als echte Reaktion werten und der Idiot war offenbar noch immer von dem Nachtara fasziniert. Halb hoffte Ethan, dass das Nachtara irgendwann derartig genervt sein würde, dass es den Idioten attackierte. "Ja", antwortete er an die Farmerin gewandt. Wenn man ihn schon nicht beachtete, würde er diese Entscheidung treffen, ohne auf die anderen einzugehen.
"Ich weiß allerdings nicht, wie weit der Weg dann ist", meinte Holly noch. "Es ist nicht auszuschließen, dass wir ein gutes Stück laufen müssen. Und laut Johnson erkennen wir das Gebäude auch nur anhand der Absperrung." "Wonach sollen wir eigentlich alles Ausschau halten? Also ich meine außer dem Offensichtlichen", wollte Lou wissen. "Ich tippe auf Sachen wie potentielle Fluchtwege, Verstecke, generell den Weg zurück... Und alles, was sonst irgendwie auffällig ist", fasste die junge Farmerin ihre Gedanken dazu zusammen.
Jakob war von der allgemeinen Fellpflege des Nachtara fasziniert. Die anderen schienen sich über irgendetwas zu unterhalten, aber Jakob hörte nur mit einem halben Ohr zu. Es war schon interessant zu sehen, wie Kates Pokémon einfach da saß. Zu Schade, dass es sich nicht streicheln lassen wollte. Er überlegte einen Moment. Kates Nachtara reagierte immerhin nicht feindselig auf ihn, wenn man mal von dem Blick nach dem Kofferraum-Kommentar absah. Coulomb hatte ihn geschockt. Auch wenn Holly behauptete, das wäre für Elektro-Pokémon normal, war das feindseliger als das, was das Nachtara gerade tat. Wenn alle Elektro-Pokémon andere Leute schockten, wollte er definitiv keines trainieren.
Ethan hob lediglich kurz die Schultern, weil ihm das Gespräch sinnlos erschien. Sie konnten nicht wissen, worauf sie achten mussten, also hatte es auch keinen Zweck, vorher darüber nachzudenken. Außerdem hatte Ethan ohnehin keine Lust auf die gesamte Aktion - zum einen war es zu gefährlich und zum anderen hatte er wenig Lust, ich weiterhin mit dem Idioten auseinanderzusetzen und sich dabei selbst zum Idioten der Gruppe zu machen. Das Nachtara streckte sich derweil, schüttelte sich kurz und setzte anschließend seine Fellpflege fort.
Holly warf einen kurzen Blick zu Jakob, aber der beobachtete noch immer Kates Nachtara. Die junge Farmerin war sich nicht einmal sicher, ob der junge Mann überhaupt mitbekommen hatte, worüber sie gesprochen hatten. Holly bezweifelte es. Lou folgte dem Blick ihrer Begleiterin kurz, aber sie hatte sich schon damit abgefunden, dass Jakob wohl nicht ansprechbar war. Das Mädchen ging davon aus, dass er es einfach spannend fand, weil es sich um das Pokemon des Champions handelte. Lou warf einen Blick auf die Straße, denn sie hatte die Hoffnung, dass Jakob sich wieder einkriegen würde, wenn das Taxi erst einmal da wäre.
Jakob beobachtete das Nachtara, welches sich weiterhin ausgiebig putze, ohne ihm weitere Beachtung zu schenken. Er hielt es für dumm, jetzt weitere Annäherungsversuche zu starten, also blieb ihm nur das Beobachten. Kates Pokémon war anmutig und Jakob fand, dass es selbst beim Putzen eine gewisse Stärke ausstrahlte. Als es sich schließlich einmal kurz streckte und dann schüttelte, seufzte Jakob einmal kurz. Erst jetzt bemerkte er, dass die Blicke der beiden Frauen auf ihn gerichtet waren. Er räusperte sich kurz und lächelte dann abwartend in die Runde.
Ethan nahm zur Kenntnis, dass der Idiot offenbar damit fertig war, das Nachtara anzustarren. Letztlich war es ihm egal, auch wenn so die Chance kleiner wurde, dass das Nachtara dem Idioten doch noch eine Lektion erteilte. Und das wiederum war fast ein wenig schade. Die Stille, die sich derweil eingestellt hatte, schien in jedem Fall niemanden zu interessieren, sodass Ethan durchaus froh war, als sich schließlich ein Großraumtaxi näherte. Der Wagen hielt unmittelbar vor ihnen und ohne in irgendeiner Form auf die anderen einzugehen, trat Ethan zu der Beifahrertür und öffnete sie.
"Wow, du merkst ja doch, dass es uns noch gibt", meinte Holly zu Jakob, verzichtete aber letztlich auf einen weiteren Kommentar, da das Taxi endlich kam. Immerhin war das nun wirklich wichtiger. Ethan stieg auf der Beifahrerseite ein, Lou ebenfalls, sodass sie schließlich hinter dem jungen Mann saß. Holly war das prinzipiell egal, sodass sie auf die andere Seite ging und hinter dem Fahrer Platz nahm. Da Jakob sich offensichtlich sehr für das Nachtara interessiert hatte, konnte er ihm auch die Tür aufhalten. Dass die beiden anderen schon eingestiegen waren, bestätigte die junge Farmerin in ihrer Haltung. "Zur Spray Street", wies Holly dann den Fahrer an. "Einfach bis zum Anfang der Straße, bitte."
Jakob schüttelte bei Hollys Kommentar nur stumm den Kopf. Als schließlich das Taxi erschien, stiegen alle zügig ein und vergaßen dabei Kates Nachtara. Dabei waren sie doch auf dessen Schutz angewiesen. Jakob ging schließlich zu einer der Türen und öffnete sie. Er hielt sie auf und blickte zu dem Nachtara. Immerhin war es im Taxi dazu gezwungen, ein wenig näher an den anderen dran zu sein. "Na komm, steig ein, wir wollen fahren", sagte er freundlich lächelnd zu Kates Pokémon.
Ethan sah zu, wie der Idiot dem Nachtara die Tür aufhielt. Tatsächlich tat ihm das Unlicht-Pokémon den Gefallen und sprang leichtfüßig in das Auto - nur um sich dann auf die komplette, bisher freie Rückbank zu legen. Ethan machte sich nicht die Mühe, ein amüsiertes Schnauben zu unterdrücken. Ganz eindeutig würde der Idiot nicht zu dem Nachtara auf die Rückbank passen. Aber für den Idioten war es vermutlich nicht die schlechteste Entschädigung, stattdessen zwischen der Farmerin und Lou Platz nehmen zu müssen. Der Taxifahrer nickte derweil auf die Aussage der Farmerin, warf aber einen sichtlich unzufriedenen Blick zu dem Nachtara auf seiner Rückbank. "Muss das Pokémon da liegen?", fragte er dann hörbar missmutig. "Die ganzen Haare sind..." Weiter kam er nicht, weil das Nachtara den Kopf hob und ihn anfauchte, wobei es seine durchaus beeindruckenden Zähne entblößte. Der Taxifahrer räusperte sich. "Ich denke, es ist ausnahmsweise in Ordnung."
Holly und Lou sahen beide zu, wie das Nachtara auf der Rückbank Platz nahm und nachdem sich die beiden Frauen im Anschluss einen kurzen Blick zugeworfen hatten, löste Lou noch einmal ihren Gurt und rutschte in die Mitte. Sie fand, dass es albern gewesen wäre, Holly darum zu bitten. Das Mädchen war nicht scharf darauf, neben Jakob zu sitzen, aber es war nur für eine kurze Autofahrt und außerdem hatte er nichts Schlimmes getan. Außer natürlich man zählte ein paar merkwürdige Annäherungsversuche hinzu.