Jakob sah zu dem Nachtara. Es hatte es sich auf der Rückbank bequem gemacht und Jakob vermutete, dass er genauso wie der Taxifahrer angefaucht werden würde, wenn er nur daran dachte, zu dem Nachtara zu klettern. Gerade unterdrückte er ein Seufzen, als er merkte, dass Lou herüberrückte, um ihm Platz zu machen. Seine Stimmung erhellte sich. Neben Lou zu sitzen, war tatsächlich auch besser, als neben Kates Nachtara zu sitzen. Möglichst geräuscharm schloss er die hintere Tür und setzte sich dann auf den Platz neben Lou. Er lächelte das attraktive Mädchen an und nickte. "Danke fürs Rüberrutschen."
Nachdem das Platz-Problem damit gelöst worden war, startete der Taxifahrer den Motor und fuhr los. Ethan verzichtete darauf, sich zu den anderen umzudrehen oder irgendein Gespräch anzufangen, er sah keinen Sinn darin und abgesehen davon war er noch immer frustriert und schlecht gelaunt. Aber das würde sich vermutlich auch in absehbarer Zeit nicht ändern. Ein kurzer Blick in den Rückspiegel sagte ihm, dass das Nachtara dazu übergegangen war, auf der Rückbank zu dösen, auf der es reichlich Platz hatte. Ethan bezweifelte nach wie vor, dass es notwendig war, mit Kates Pokémon durch die Gegend zu laufen - und wenn es doch notwendig war, war ohnehin fraglich, ob eines ihrer Pokémon ausreichen würde.
"Gern geschehen", erwiderte Lou höflich, während sie noch damit beschäftigt war, sich wieder anzuschnallen. "Rutschen war die bessere Alternative", stichelte Holly scherzhaft. "Immerhin hättest du sonst über eine von uns klettern müssen und das wäre definitiv unschön gekommen."
Jakob blickte an Lou vorbei zu Holly. Diesen Kommentar wollte er dann doch nicht ignorieren. "Wieso? Wäre es dir lieber gewesen, wenn ich mich an dir vorbeidrücke, anstatt dass du kurz aussteigst?" Er grinste die Farmerin kurz an, schüttelte dann den Kopf und schnallte sich schließlich auch an.
"Bevor du das versucht hättest, hättest du dir eine gefangen, einfach weil die Idee dämlich ist. Unnötiger Kuschelkurs muss echt nicht sein", erwiderte Holly unbeeindruckt. "Leute, lasst gut sein. Das ist doch albern", mischte sich Lou ein.
Jakob wollte gerade Holly an den Kopf werfen, dass er auch darauf verzichten konnte, mit ihr zu kuscheln, als sich Lou einmischte. "Du hast ja recht, das ist albern. Entschuldige bitte", meinte er, während er das attraktive Mädchen verlegen anlächelte. Dann nickte er noch zu Holly. "Ja, lass es gut sein, rüberrutschen war auf jeden Fall die bessere Variante."
"Ja... stimmt schon", gab Holly nach. Sie musste Jakob nicht unbedingt provozieren. Auch wenn die Gelegenheit, um ihn ein wenig aufzuziehen, echt gut gewesen war. "Danke", erwiderte Lou mit einem erleichterten Seufzen. Für die Auseiinandersetzung, hätte sie definitiv den falschen Platz gehabt. Den ganz falschen.
Ethan verzichtete darauf, dieses unglaublich sinnige und unglaublich zielführende Gespräch auf der Rückbank zu kommentieren. Es auszublenden, war zwar auch leichter gesagt als getan, aber sich daran zu beteiligen, wäre in jedem Fall noch alberner gewesen. Nach einer Weile wurde das Taxi schließlich langsamer und hielt auf der rechten Spur. Der Fahrer schien dabei das Hupen hinter ihm dezent zu ignorieren. "Wir sind da", merkte er überflüssigerweise an. Ethan löste den Sicherheitsgurt und griff nach seinem Portemonnaie.
Der Rest der Fahrt verlief glücklicherweise ruhig und ohne irgendwelche Annäherungsversuche von Jakob, was vor allem Lou sehr angenehm fand. Als sie schließlich ihr Ziel erreichten und der Taxifahrer einfach anhielt, fühlte sie sich sogar ein wenig an Grital erinnert. Vermutlich tickten alle Taxifahrer irgendwie gleich. "Ist schon gut, steck weg", meinte Lou rasch zu Ethan, als sie bemerkte, dass dieser bereits bezahlen wollte. Sie beeilte sich und zog ihr eigenes Portemonnaie hervor und reichte dem Taxifahrer etwas mehr Geld als nötig. "Stimmt so", meinte Lou zu dem Mann und steckte ihre Geldbörse anschließend wieder weg. Das Trinkgeld war allein wegen der Haare von Kates Nachtara notwendig und abgesehen davon, dass Ethan schon das Hotel bezahlte, war sich Lou nicht sicher, ob er gewusst hätte, dass ein Trinkgeld angemessen gewesen wäre. Das Mädchen wusste, dass es im Grunde nur ein Tropfen auf den heißen Stein war, aber sie wollte Ethan nicht einfach alles übernehmen lassen. Reich oder nicht, es war nicht fair. Jedenfalls nicht, wenn sie ihren Teil auch beisteuern konnte.
Jakob konnte sich während der Fahrt ein wenig entspannen. Er mochte es, neben Lou zu sitzen und er fand es auch angenehm, einfach mal nichts zu sagen und aus dem Fenster zu schauen. Immerhin hatte der Fahrer einen besseren Fahrstil als gewisse andere Leute, auch wenn er am Zielort einfach auf der Straße anhielt. Jakob sah, dass Lou diesmal die Taxifahrt bezahlte und er lächelte sie an. "Danke fürs Ausgeben", sagte der Teenager dann, bevor er ausstieg und dann Kates Nachtara die Tür aufhielt.
Ethan nahm es hin, dass Lou die Fahrt bezahlte. Es machte keinen Unterschied und sie hatte auch bei dem Geld für das Hotel diskutiert. Er nickte ihr kurz zu, dann verließ er das Fahrzeug. Kates Nachtara sprang derweil in einer durchaus beeindruckenden, fließenden Bewegung aus dem Wagen und ignorierte dabei weitehrin konsequent den Idioten. Dann streckte es sich, sah sich kurz um und setzte sich auf den Bürgersteig. Ethan nutzte den Moment, den Lou zum Aussteigen brauchte um sich kurz umzusehen. Sie befanden sich eindeutig in der Nähe des Hafens, denn hier gab es kaum noch Geschäfte und trotz der Tageszeit kaum Passanten oder Touristen. In kurzer Entfernung waren erste Lagerhallen zu sehen und weiter entfernt große Kräne für Container, die definitiv zu dem Hafen gehörten.
Auch Holly nutzte den Moment, um sich etwas umzusehen, aber die Gegend sah aus, wie ein Hafen im Grunde aussah. Oder zumindest das Randgebiet. "Wie geht es jetzt weiter?", erkundigte sich Lou, nachdem sie ausgestiegen war. "Laut Johnson ist das Gebäude mit der Absperrung nicht zu verfehlen", erwiderte Holly und deutete vage die Straße hinunter. "Ich würde vorschlagen, dass wir einfach loslaufen. War ohnehin der Plan."
Jakob schloss die Taxitür wieder, diesmal nicht ganz so geräuschlos und trat zu den anderen. Er atmete einmal tief die Hafenluft ein und bereute es fast wieder. Der Hafen roch nicht ganz wie der in Inito, aber aus irgendeinem Grund fühlte er sich hier ein wenig wohler. Auch wenn er wusste, dass hier das Versteck der Organisation lauerte. Für einen Moment überlegte er, Siggi aus dem Pokéball zu lassen, entschied sich aber mit einem Blick auf das Nachtara dagegen. Er konnte auch noch später mit seinem Pokémon spazieren gehen. Der Teenager nutze die Gelegenheit, um sich etwas umzusehen. "Das ist also die Straße, die Johnson dir genannt hat? Mehr als loszugehen, können wir ja auch nicht tun, oder?"
Ethan nickte kurz, dann folgte er der Farmerin, die sich in Bewegung gesetzt hatte. Die Straße war relativ unspektakulär, aber er hatte das Gefühl, dass immer weniger los war, je weiter sie in Richtung Hafen gingen und das missfiel ihm. Automatisch dachte er an Inito, aber ein Blick zu dem Nachtara bewirkte zumindest, dass er den Gedanken für den Moment beiseite schieben konnte, denn das Pokémon wirkte durchaus entspannt, während es neben ihnen her schlenderte. "Ich hoffe, Johnson kann das Risiko wirklich einschätzen", merkte er doch eher düster an.
"Das hoffe ich auch. Johnson geht übrigens davon aus, dass niemand von der Polizei dort sein wird", erwiderte Holly auf Ethans Aussage. "Im Grunde also gute Vorraussetzungen, um den Tunnel wenigstens teilweise zu benutzen", stellte Lou missmutig fest. "Richtig. Ich bin auch dafür, dass wir wirklich nur von außen gucken. Keiner geht rein, auch nicht um mal einen kurzen Blick reinzuwerfen oder so ein Kram. Das ist am sichersten. Irgendwelche Einwände?", meinte die junge Farmerin und sah daraufhin zu ihren Begleitern. Natürlich hatten sie Kates Nachtara dabei, aber dennoch würden sie vorsichtig sein müssen. Etwas wie in Inito durfte sich nicht wiederholen.