"Ja, sie hat deutlich weniger Probleme mit dem Schlafen als ich", kommentierte Ethan mit einem müden Lächeln, bevor er die Schultern hob. Es war steng genommen lediglich sinnfreier Smalltak über die schlfende Nofretete zu reden. Smalltalk, der wenig an der aktuellen Situation änderte. "Und du bist dir sicher, dass du den Boden einem Stuhl vorziehst?", hakte er schließlich nach.
"Definitiv", bestätigte Lou. "So lange du nicht mit Fieber im Bett liegst oder so, werd ich mich nicht auf einen Stuhl neben dein Bett setzen. Das fühlt sich falsch an." Nicht dass man die aktuelle Situation als richtig bezeichnen konnte, aber sie musste es ja auch nicht noch komplizierter machen, als es ohnehin schon war. "Ich würd dann jetzt das Licht ausmachen, wenn es okay ist."
Irgendwie bezweifelte Ethan, dass er diese Diskussion gewinnen konnte, sodass er letztlich mit einem halbherzig unterdrückten Seufzen nickte. "Wenn du meinst...", erwiderte er dann. "Und ja, mach das Licht ruhig aus." Die Situation war so oder so merkwürdig - mit und ohne Licht.
Lou nickte und schaltete anschließend das Licht aus. Einen kurzen Augenblick blieb sie stehen und richtete ihre Decke, bevor sie zu Ethan an das Bett zurück ging. Lou ließ doch neben eben diesem zu Boden gleiten und seufzte abschließend leise. Die Situation war wirklich grotesk, aber jetzt war sie hier und da wäre es lächerlich, doch noch einen Rückzieher zu machen. „Soll ich dir ein Geheimnis verraten? Ich hatte ein Nachtlicht bis ich ungefähr acht war, weil ich Angst vor Geister-Pokémon hatte“, erzählte Lou, um die Situation etwas aufzulockern.
Ethan sah skeptisch und so gut es in der Dunkelheit ging, zu, wie sich Lou auf dem Boden niederließ. Irgendwie... war das noch seltsamer als alles andere, was sie hätte tun können. Mit einem Seufzen legte er sich letztlich auf das Bett und warf die Decke über sich, wobei er sich sicher war, dass er so nicht würde schlafen können. Lous Geheimnis war allerdings fast wieder amüsant. "Ich hatte nie eins", erwiderte er. "Ich glaube, als Kind wusste ich nicht einmal, dass es sowas gab." Er musterte die Zimmerdecke, die in der Dunkelheit kaum zu erkennen war. "Woher die Angst vor Geist-Pokémon?"
"Weiß ich nicht genau, wenn ich ehrlich bin", meinte Lou. "Ich bin ja eh jemand von der eher ängstlichen Sorte, wie du sicher weißt." Das Mädchen schnaubte leicht, allerdings eher amüsiert. "Ich sag mal so: Das hat sich seit meiner Kindheit nicht groß geändert", erzählte sie weiter. "In den meisten Geschichten sind Geister-Pokémon immer die Bösen. Du weißt schon, weil sie Leute erschrecken, angeblich Alpträume machen können, Kinder entführen... Und natürlich können sie durch Wände gehen. Als Kind fand ich das ganz furchtbar."
Ethan warf einen Seitenblick zu der Bettkante, konnte wegen der Dunkelheit allerdings nicht viel erkennen. "Ich bin eigentlich immer davon ausgegangen, dass ich nicht unbedingt ängstlich bin", erwiderte er und wandte den Blick wieder ab. "Aber mittlerweile sehe ich das anders. Und ich meine nicht nur den Tunnel. Selbst bei den Hunduster hatte ich Angst."
"Aber du hast beide Male deine Angst überwunden", erwiderte Lou. "Und in beiden Fällen war es definitiv gerechtfertigt, Angst zu haben. Immerhin war es gefährlich." Das Mädchen verkniff sich ein weiteres Seufzen. Lou verstand Ethan jedenfalls gut und ihr war auch klar, dass es nicht so einfach war, wie sie es gerade dargestellt hatte. "Und wie oft warst du vorher in so gefährlichen und schwierigen Situationen? Oder hattest auch nur theoretisch mit ihnen zu tun? Ich glaube nicht, dass das sonderlich oft war", meinte Lou und hob die Schultern.
"Vorher?", wiederholte Ethan und schüttelte den Kopf. "Gar nicht." Er atmete schwer aus. "Aber das ändert nichts daran, dass ich Angst hatte und mich nur mit Mühe überwunden habe, überhaupt irgendwas zu tun." Ethan verschränkte die Arme hinter dem Kopf und musterte die Decke. "Hast du immer noch Angst vor Geist-Pokémon?"
"Wenn Angst leicht zu überwinden wäre, dann wäre sie ziemlich sinnlos", erwiderte Lou ein wenig ratlos. "Angst soll einen ja eigentlich beschützen... Jedenfalls in der Theorie." Bei Ethans Nachfrage bezüglich der Geist-Pokémon musste Lou ein wenig grinsen. "Ich bin bisher nie einem echten begegnet", meinte sie und war durchaus ein wenig amüsiert. "Sie sind immer noch unheimlich, aber ich glaube nicht mehr, dass sie all diese schlimmen Dinge tun. Im Moment betrachte ich sie eher als... faszinierend unheimlich."
"Und in der Praxis macht sie die Digner oft schwerer, als sie ohnehin schon sind", erwiderte Ethan düster und schüttelte den Kopf, um das Thema abzuschließen. Amüsanter war, dass in Lous Antwort definitiv ein Lächeln mitgeschwungen war. "Ich glaube ehrlich gesagt, die meisten Geist-Pokémon können gar nicht durch Wände gehen. Nur die, die keine festen Bestanteile am Körper haben." Er bemerkte ein Lächeln auf seinem eigenen Gesicht. "Das sollte sie doch weniger gruselig machen, oder?"
"Eindeutig", bestätigte Lou und war froh, dass sie das leidige Thema mit der Angst hinter sich ließen. Angst war nichts Angenehmes und außerdem war Lou auch hier, um Ethan von seiner eigenen abzulenken. "Und ich bin mir ziemlich sicher, dass auch die anderen keine schlimmen Dinge tun", meinte das Mädchen. "Und sie sind auch nicht hässlich oder so. Driftlon oder Traunfugil sind sogar ganz niedlich, wenn du mich fragst."
"Ich fürchte, was Geist-Pokémon angeht, bin ich kein Experte", erwiderte Ethan amüsiert. "Ich weiß höchstens allgemeine Dinge, aber wenn es speziell um einzelne Arten geht..." Er ließ den Satz unvollendet und hätte in einem normalen Gespräch vermutlich die Schultern gehoben. "Die meisten halten sich entgegen diverser Geschichten und Legenden aber von den Menschen fern."
"Wie ungefähr alle wilden Pokémon", kommentierte Lou und schnaubte belustigt. "Das macht auch ehrlich gesagt mehr Sinn. Ich meine... Welchen Grund sollten die Geist-Pokémon haben, um irgendwen zu entführen oder Alpträume zu verursachen? Ich glaube kaum, dass sie sich so ernähren oder irgendwas in der Art." Das Mädchen schüttetelte abermals den Kopf, auch wenn ihr erst danach bewusst wurde, dass Ethan das eigentlich gar nicht sah. Sie würde sich etwas anderes überlegen müssen.
"Tatsächlich weiß ich nicht, wovon sie sich ernähren", erwiderte Ethan nachdenklich. "Trombork beispielsweise betreibt mit Sicherheit Photosynthese. Aber ein Gengar? Oder ein Traunfugil..." Er machte eine Pause und durchforstete sein Wissen. "Ich habe keine Ahnung." Auch wenn es ihm missfiel, das zugeben zu müssen. Sicherheitshalber warf er erneut einen Blick zu der Seite des Betts. "Und du bist dir sicher, dass du auf dem Boden sitzen willst?"