"Das klingt so, als ob die extra Leute für sowas haben. Das ist mal eine gruselige Vorstellung", meinte Lou und schüttelte den Kopf. Das führte definitiv zu weit und hinzu kam, dass es im Moment niemanden betraf. "Warum sollte es sich nicht anbieten?", hakte sie stattdessen noch. "So wie es im Moment aussieht, besteht doch die Chance, dass wir nach Montu gehen und falls wir von dort nach Inito zurückwollen, besteht ebenfalls die Chance, dass wir den Weg über Grital nehmen und dann machen wir wahrscheinlich einen Zwischenstopp bei mir. Oder wir nehmen die weniger komplizierte Variante und ich bring ein paar Bilder mit, wenn ich dich besuchen komme. Egal ob heimlich oder nicht", führte sie ihre Pläne aus und lachte anschließend leicht.
"Ich will gar nicht genau wissen, wofür die AC Leute hat", erwiderte Ethan skeptisch. "Was die Fotos angeht... ich weiß nicht, wie lange ich die Freiwilligen-Geschichte machen kann. Irgendwann wird mein Vater etwas dagegen haben. Deshalb könnte es sich eventuell nicht anbieten." Er seufzte, ließ die Augen aber geschlossen und konzentrierte sich auf die Massage. "Wie auch immer."
Was die AC betraf, hatte Ethan recht, aber Lou ließ diese Tatsache unkommentiert. Das Thema wurde zu deprimierend. "Das heißt, dass ich mich doch lieber zu dir reinschleichen soll, statt mir einen Termin geben zu lassen?", fragte sie stattdessen nach und achtete darauf, dass ihre Berührungen gleichmäßig blieben. Es war ein ernstes Thema, aber Lou wollte nicht, dass Ethan sich wieder ärgerte. Sie konnte ihn auch zu einer anderen Gelegenheit fragen, ob er es in betracht zog, seinem Vater womöglich zu widersprechen. "Dann musst du mir aber wirklich erklären, wie ich dein Zimmer finde."
"Die Frage ist, wie lange ich die Freiwilligen-Geschichte machen kann", erwiderte Ethan nachdenklich und unterdrückte dabei ein Gähnen, "nicht ob ich Besuch haben darf. Ich bezweifle, dass mein Vater ernsthaft etwas dagegen sagen könnte." Der Anflug eines Lächelns trat auf sein Gesicht. "Ich denke, das Reinschleichen können wir uns also sparen."
Lou schmunzelte leicht. "Dann möchte ich an der Stelle betonen, dass ich es für dich machen würde. Es würde vermutlich ein wenig dauern, weil ich Finneas noch trainieren müsste, aber ich würde es tun", bekräftigte Lou ihre Absicht, lachte aber leicht dabei. "Nur damit du weißt, dass du mich nicht so einfach wieder los wirst." Auch sie hatte keine Ahnung, wie lange die Freiwilligensache noch funktionieren würde, aber Lou hoffte zumindest, dass es noch eine ganze Weile sein würde.
"Das wäre mit Sicherheit ein gutes Training für Finneas", stellte Ethan fest und gähnte letztlich doch. "Vielleicht sage ich dir einfach, dass mein Vater etwas dagegen hast, damit du einen Grund hast, mit Finneas zu üben." Er schnaubte amüsiert. "Aber es ist gut zu wissen, dass ich mit Besuchen rechnen kann - egal ob offiziell oder heimlich mit Finneas."
Lou lachte leicht. Es war ein gutes Zeichen, dass Ethan nun tatsächlich müde zu werden schien und das hob ihre Laune noch ein wenig. "Ich weiß, dass es etwas sehr drastisch ist, bei seinen Freunden einzubrechen, aber wenn das die einzige Möglichkeit ist, dass wir uns sehen können, dann muss ich wohl kriminell werden", scherzte das Mädchen und lachte abermals.
Ethans Lächeln blieb auf seinem Gesicht. "Ich werde mich schon darum kümmern, dass Freunde von mir nicht einbrechen müssen", erwiderte er amüsiert. "Keine Sorge." Es war keine schlechte Vorstellung, auch dann, wenn diese ganze Geschichte vorbei war, Besuch von Lou zu bekommen. Obwohl es bisher nur ein paar Tage gewesen waren, hatte er sich tatsächlich daran gewöhnt, Kontakt zu anderen Leuten zu haben und es war erstaunlich angenehm.
"Das find ich gut", musste Lou zugeben. "Das ist wesentlich angenehmer und eindeutig stressfreier." Das Mädchen lachte leicht. Die Vorstellung, dass sie einfach klingeln konnte und nicht extra mit Finneas trainieren musste, war definitiv angenehm. "Darf ich mich ganz normal benehmen oder muss ich dann irgendeine Etikette beachten, wenn ich vorbeikomme?", wollte Lou anschließend wissen. "Weil dann musst du mir vorher Nachhilfe geben."
"Es dürfte reichen, wenn du einfach höflich bist", erwiderte Ethan. "Vielleicht auf besonders aufgefallene Kleidung verzichten." Allerdings bezweifelte er, dass es seine Eltern ernsthaft interessieren würde. Sein Vater wäre vermutlich auch dann unzufrieden, wenn Lou in einem Hosenanzug und mit Verbeugung auftauchen würde. Und seiner Mutter wäre es ohnehin egal, streng genommen spielte es also keine Rolle.
"Keine ausgefallene Kleidung? Spielt das bei meinen Haaren denn noch eine Rolle?", fragte Lou mit einem Schnauben nach. "Und wie genau ist ausgefallen in dem Kontext definiert?" Die zweite Frage interessierte sie nur, weil sie neugierig war. Dass sie sich ordentlich anziehen sollte, wenn sie Ethan zuhause besuchte, war Lou ohnehin klar. Hinzu kam, dass Lou ohnehin keinen Wert darauf legte, Ethans Eltern kennenzulernen.
"Deine Haare mit einem ordentlichen Outfit sind eine Sache", erwiderte Ethan und gähnte. "Deine Haare mit einem besonders kurzem Rock, einem besonders tiefen Ausschnitt oder irgendwelchen zu grellen Farben eine andere." Er bemerkte selbst, dass seine Gedanken leicht abdrifteten und dass seine Antworten deutlich weniger ausführlich waren, aber das war vermutlich der Müdigkeit geschuldet.
"Was Farben bei meinen Klamotten angeht, muss ich eh aufpassen, dass die sich nicht mit denen meiner Haare beißen", erwiderte Lou. "Grelle Farben wären der Beweis für schlechten Geschmack und ich gehe davon aus, dass ich doch etwas davon verstehe, wie man sich vernünftig anzieht." Vor allem wenn man eine Freundin wie Nicolette hatte, aber die war eine andere Geschichte. "Der Rest ist auch klar. Ich bin nur froh, dass ich nicht in einem Aufzug auftauchen muss, den ich höchstens für ein Vorstellungsgespräch anziehen würde. Den Rest krieg ich schon hin", behauptete Lou selbstbewusst. Ihrer Meinung nach war es auch nicht schwer, höflich zu sein.
"Damit dürfte das Problem gelöst sein", erwiderte Ethan und gähnte erneut. Nach dem Herumalbern machte sich die Müdigkeit umso mehr bemerkbar, aber das war vermutlich nur verständlich. Und trotzdem... gerade das Herumalbern war in jedem Fall unterhaltsam gewesen. Unterhaltsam und ablenkend und ganz abgesehen davon hatte es ihm gefallen, so albern es auch gewesen war.
"Ganz eindeutig", bestätigte Lou, während sie sich ein Grinsen nicht verkneifen konnte. Ethan war drauf und dran einzuschlafen und das war durchaus ein Grund zur Freude. Gut, sie musste auch zugeben, dass sie müde war, aber es war immerhin Ethan, der Probleme mit dem Einschlafen gehabt hatte. "Wir sind inzwischen echt gut, was das lösen von Problemen angeht", fügte sie noch hinzu. Lou konzentrierte sich jedenfalls darauf, ihre Finger auch weiter sacht seine Schläfen massieren zu lassen, bis er schließlich einschlafen würde. Hoffentlich jedenfalls, wenn die Gedanken an den Tunnel nicht doch noch zurückkehren würden.