Jakob schüttelte noch kurz den Kopf. "Ich hab es mir... lustig vorgestellt", brummte er zurück. Mit Spott war auf jeden Fall zu rechnen gewesen, aber es war trotzdem unangenehm genug. "Dann wäre mir die Sache nur halb so peinlich im Nachhinein..." Er räusperte sich kurz und blickte einmal in die Runde in der Hoffnung, dass damit das Thema jetzt beendet wäre.
Ethan schüttelte noch immer belustigt und zugegebenermaßen erleichtert den Kopf, dann griff er nach der Flasche, um das Gespräch zu beenden - nur für den Fall, dass der Idiot doch noch auf die Idee kommen würde, irgendetwas zu verraten. Die Flasche zeigte letztlich erneut auf Lou, die sich für Wahrheit entschied. Noch einmal würde sich Ethan von ihr sicher nicht anhören, dass er auf Wahrheit verzichten und hin und wieder Pflicht nehmen sollte. Was er sie jetzt allerdings fragen sollte, war deutlich schwerer. Er hatte nicht die leiseste Ahnung, auch wenn er begann, dieses Spiel zu verstehen. Dieses Spiel. Er erinnerte sich an das Gespräch, bevor sie zu spielen begonnen hatten und das wiederum warf Fragen auf. "Du kannst mir doch sicher erklären", wandte er sich dann an Lou, "was es mit der - wie hieß es? - Kiddie-Variante des Spiels auf sich hat und warum du so vehement dagegen warst."
"Ich soll dir die Kiddie-Variante erklären?", fragte Lou nach, wirkte allerdings auch ein wenig überrascht. "Das ist einfach die Version, wo man auch sehr intime Fragen stellt. Zum Beispiel, ob man schon mal mit jemandem geschlafen hat, wie viele Partner man hatte, welche die liebste Stellung ist... Sowas alles. Lauter Dinge, die keinen etwas angehen", begann das Mädchen seine Erklärung. Lou hob abermals die Schultern und schüttelte sich anschließend kurz. "Schlimmer sind dann die Pflichtaufgaben. Dann muss man schonmal jemanden küssen oder zehn Minuten mit jemandem in einem dunklen und engen Raum verbringen", erläuterte sie die zweite Hälfte des Spiels. "Und wenn du dir jetzt vorstellst, dass diese Variante auf einer Party mit viel Alkohol gespielt wird, weißt du, warum diese Variante eigentlich niemand spielen will. Ich hab das einmal gemacht und ich hab es bereut. Sehr sogar. Es ist echt nicht witzig, wenn irgendein besoffener Kerl versucht, dir seine Zunge in den Hals zu stecken."
Jakob hörte der Beschreibung von Lou zu. Es interesseirte ihn doch auch, was sie an dieser Version auszusetzen hatte. Er kannte auch Varianten, bei denen es darum ging, möglichst viel Alkohol zu trinken... allerdings hatte er sich von Alkohol bis auf zwei Gelegenheiten fern gehalten. Er musste kurz daran denken, dass er überlegt hatte, in Richtungen zu fragen, die Lou als Dinge bezeichnete, die niemanden etwas angingen. Er war froh, das nicht getan zu haben. Die Vorstellung, dass Lou mit irgendeinem Betrunkenen herumknutschen musste und das gar nicht wollte, fand Jakob gar nicht lustig und musste bei dem Gedanken das Gesicht verziehen. Es überraschte ihn sogar, dass Lou bei so etwas irgendwann einmal mitgemacht hatte, er hätte sie nie so eingeschätzt. "Betrunkene Kerle können echt widerlich sein... und meistens tut man dann Dinge, die man am nächsten Morgen bereut..." Jakob sagte diese Worte etwas abfällig und zumindest den letzten Teil bezog er auch auf sich.
Ethan runzelte leicht die Stirn. Lous Erklärung machte tatsächlich deutlich, weshalb man auf diese andere Variante des Spiels verzichten konnte - auch wenn sich Ethan nicht sicher war, ob es nicht sogar im Interesse des Idioten gewesen wäre. Zumindest wenn er mit Lou alleine gespielt hätte. Den Kommentar des Idioten bezüglich des Betrunkenseins ignorierte Ethan geflissentlich. Er selbst hatte wenig Ahnung, was das anging, aber er hatte steng genommen auch keine Lust, das zu ändern. "Gut, das sind durchaus Argumente, die erklären, warum die andere Variante wenig Begeisterung hervorruft", antwortete Ethan dann mit einem kurzen Nicken. "Ich schließe mich dann definitiv der kollektiven Meinung an."
"Da sprichst du offensichtlich aus Erfahrung, nicht wahr?", stichelte Holly in Richtung Jakob. Er hatte sich mit Charly eingelassen, also musste er auch damit leben, dass sie sich über ihn lustig machte. "Es gibt ein paar Sachen, die will man nicht machen. Weder in einer großen noch in einer kleinen Gruppe", meinte Lou. "Oder einfach gar nicht", fügte Holly hinzu. "Stimmt", meinte Lou und drehte anschließend die Flasche, die dann auf die junge Farmerin zeigte. "Wehe, du nimmst schon wieder Pflicht!" "Was spricht denn dagegen?", wollte sie wissen. "Weil es blöd ist, wenn man immer das Gleiche nimmt", erwiderte die jüngere der beiden. "Meinetwegen. Dann nehm ich eben Wahrheit", gab Holly nach. "Okay... Hmm... Gibt es etwas, das du magst, was man allgemein als total mädchenhaft bezeichnen könnte?", wollte Lou anschließend wissen. "Keine Ahnung", antwortete Holly aus einem Impuls heraus, dachte dann aber genauer nach. "Vielleicht... Ich backe sehr gerne und der Dekorationsteil macht mir am meisten Spaß." "Ernsthaft?", kam es überrascht von Lou. "Wann hast du denn Zeit dafür?" "Meistens im Winter. Da ist weniger Arbeit. Und die Weihnachtszeit bietet sich auch quasi an", erklärte die junge Farmerin. "Hätte ich jetzt echt nicht gedacht", musste Lou zugeben, auch wenn sie anerkennend nickte.
Jakob nickte Holly kurz zu. "Ja, leider spreche ich aus Erfahrung", fügte er hinzu, bevor Lou die Flasche drehte. Holly backte also gerne. Bisher hatte Jakob nicht gedacht, dass Holly so etwas wie mädchenhafte Hobbys hatte. Holly wohnte sowieso ein seltsamer Platz in seinen Gedanken inne. Er fand sie als Trainerin kompetent, aber ein wenig unsicher, was er vor allem auf Lola zurückführte. Sie verhielt sich in den meisten Situationen wie ein gewöhnlicher Kerl, aber er musste zugeben, dass sie sowohl in einem Bikini als auch mit nassem Oberteil gut aussah. Er schüttelte kurz den Kopf, weil er merkte, dass er Holly vielleicht ein wenig zu verträumt angesehen hatte und räusperte sich dann. "Das finde ich irgendwie lustig. Was hältst du denn davon, uns bei einer passenden Gelegenheit eine Kostprobe von deinen Fähigkeiten zu geben?"
"Ich will nicht wissen, wo du gerade mit deinen Gedanken warst, oder?", fragte Lou an Jakob gewandt, als sie dessen Blick zu Holly bemerkte. "Ich bin mir nicht sicher, ob das gerade besser war, als das, was vorhin draußen passiert ist", meinte Holly mit einer Spur Ärger in der Stimme und einem bohrenden Blick Jakob gegenüber. "Außerdem glaube ich, dass wir Wichtigeres zu tun haben. Vor allem frage ich mich, wie du dir das vorstellst. Wo soll ich das deiner Meinung nach tun? Über einem Lagerfeuer?" Holly schüttelte den Kopf. Jakob war definitiv ein Holzkopf. Ein gewaltiger.
Jakob erntete einen bohrenden Blick von Holly und einen mahnenden Kommentar von Lou. Die ganze Situation war ihm mehr als unangenehm, vor allem dass er Holly gar nicht so betrachtete, wie es ihm Lou gerade vorwarf. Trotz allem fühlte er sich ertappt und wurde etwas rot. "Ich hab nur ein paar Gedanken sortiert, mehr nicht, es tut mir Leid" Jakob war sich nicht sicher, inwieweit das Holly beruhigen würde, immerhin sprach er die Wahrheit. "Ich kann mir eben schwer vorstellen, wie du irgendwelche... Mädchen-Dinge tust. Und zum Backen... ich sagte ja auch bei einer passenden Gelegenheit... wenn wir einen Ofen und Zeit zur Verfügung haben. Nicht über irgendeinem Feuer..." Jakob schaute noch einmal kurz zwischen Holly und Lou hin und her. Er wusste wirklich nicht, wieso er sich immer in solche Situationen brachte.
Holly rollte kurz mit den Augen. "Nur weil ich auf einer Farm lebe und da auch arbeite, heißt das nicht, dass ich für nichts sonst interessiere", meinte die junge Frau. "Viele sogenannte Mädchendinge oder auch anderer Kram sind mir einfach schlicht und ergreifend egal." "Und das macht Holly auch nicht weniger zu einer Frau", fügte Lou noch hinzu. "Ich habe halt nur andere Prioritäten. So einfach ist das. Kein Grund, um überrascht zu sein, dass ich sowas manchmal doch mag", ergänzte Holly. Außerdem gab es keinen Grund für Jakob, um überrascht zu sein, dass sie eine Frau war. Holly fand, dass allein ihr Aussehen das bestätigte.
Jakob war erneut überrascht und schaute ein klein wenig irritiert zwischen Lou und Holly hin und her. Was sie ihm sagten, passte nicht so richtig in sein Weltbild. Sicher, es gab hier und da ein paar Ausnahmen, aber Holly verhielt sich nicht so wie die typische Art Frau, die er kannte, sondern mehr wie ein Kumpel. Zumindest meistens, in Momenten wie diesen war alles sehr verwirrend. "Ich... ich weiß nicht, wie ich das jetzt beantworten soll. Natürlich habt ihr recht... aber es gibt doch auch immer solche und solche Frauen, oder verstehe ich da etwas ganz falsch?"
Sowohl Holly als auch Lou seufzten tief. "Oh Mann, Jakob", begann schließlich die junge Farmerin. "Ernsthaft? Du kannst doch nicht einfach alle Frauen in Kategorien einteilen!" "Aber wirklich. Das ist nicht nur sehr unhöflich, sondern auch unglaublich engstirnig. Nur weil jemand gewisse Charakterzüge hat oder ein bestimmtes Aussehen hat, heißt das nicht, dass es eine Liste von Dingen gibt, die dieser jemand mag oder nicht mag", erklärte Lou ihm anschließend. "Meine Ma kann zum Beispiel mit Backen nichts anfangen, aber dafür hat sie ein besonderes Händchen dafür, wenn wir mal ein neues Hütepokemon anlernen müssen", erzählte Holly. "Genauso gut kann es auch sein, dass... Keine Ahnung... Vielleicht mag Chief Cordes Wettbewerbe. Das kann auch sein", gab die jüngere der beiden Frauen zu bedenken. "Da man sowas nie wissen kann, sollte man vorsichtig mit Vorurteilen sein." "Auch wenn von denen wohl niemand ganz frei ist", fügte Holly noch hinzu.
Jakob schaute erneut zwischen Lou und Holly hin und her und wusste schon wieder nicht, wie er auf die beiden Frauen reagieren sollte. "Meine Güte, können wir das Thema nicht sein lassen? Ja, okay, ich habe unrecht... und als nächstes erzählt ihr mir, dass Lou auf Wrestling oder sowas steht?" Er schüttelte nur kurz den Kopf, er hätte nicht gedacht, dass er mit einem Kommentar über Hollys Backleidenschaft so sehr auseinander genommen werden würde.
"Es geht nicht um recht oder unrecht", erwiderte Holly. "Das ist eine Einstellungssache und die Frage nach dem Benehmen." "Und danke für den Kommentar. Der war nämlich gerade ein super Beispiel dafür, dass du nicht verstanden hast, was wir dir gerade erklären", fügte Lou angesäuert hinzu. "Ich mag zwar Wrestling nicht unbedingt, aber ich stehe im übrigen total auf den Aventu Cup."
Jakob betrachtete erst Lou und dann Holly etwas nachdenklich. Er versuchte, sich Lou beim Aventu-Cup und Holly mit einer Küchenschürze und Topfhandschuhen vorzustellen. Er musste tatsächlich beim letzten Gedanken ein wenig schmunzeln. "Ich glaube... ich begreife es so langsam... Hilft es, wenn ich jetzt sage, dass ich finde, dir steht eine Küchenschürze?" Jakob lachte ein wenig verlegen. "Ja, ich fürchte, ich muss meine Einstellung noch ein wenig ändern... es läuft wohl doch nicht alles so, wie ich es geglaubt habe."