Jakob hatte noch vom Singen und Tanzen einen hochroten Kopf, als er die Flasche drehte, die dann zu seiner Freude bei Lou stehen blieb. Die junge Frau wählte dann Wahrheit. Jakob war ja schon fast enttäuscht, dass sie nicht auch Pflicht gewählt hatte, aber mit Wahrheit konnte er auch leben. Und es gab tatsächlich etwas, was Jakob wirklich interessierte. "OK, Lou... hattest du schonmal einen festen Freund?"
Lou war nicht wirklich überrascht. Das Spiel provozierte solche Fragen geradezu und da Jakob ohnehin ein wie auch immer geartetes Interesse an ihr hatte, war es nur logisch, dass er seine Chance nutzte. Das Mädchen hätte trotzdem am liebsten geseufzt. "Ja, hatte ich tatsächlich", erzählte sie schließlich. "Sein Name ist Alois und er war im Jahrgang über mir." Lou verzichtete auf weitere Details. Eigentlich wollte sie nicht an Alois denken und wie die Beziehung mit ihm zu Ende gegangen war, aber sowas passierte wohl. Statt sich weiter Gedanken zu machen, griff sie lieber nach der Flasche, die letztlich wieder auf Ethan zeigte. "Wahrheit oder Pflicht?", wollte Lou schließlich von dem jungen Mann wissen.
Tatsächlich interessierte es Ethan wenig, ob Lou bereits einen Freund gehabt hatte oder nicht, aber dass der Idiot ebendiese Frage gestellt hatte, überraschte ihn nicht im Geringsten. In Anbetracht der soeben vonstatten gegangenen Gesangseinlage stand für ihn allerdings fest, dass er auf Pflicht verzichten würde. Definitiv. "Wahrheit", sagte er deshalb fast sofort.
"Keine Sorge, du hättest nicht tanzen müssen", versicherte Lou dem jungen Mann amüsiert, als dieser einen Ticken zu schnell Wahrheit sagte. Das Mädchen überlegte einen Moment, wandte sich dann aber an Ethan. "Was an dir selbst magst du am meisten?", wollte sie schließlich wissen.
"Sondern?", hakte Ethan auf Lous Aussage hin nach, um Zeit zu gewinnen. Ihre Frage war... unerwartet und er hatte keine Antwort darauf. Er wusste es schlicht nicht. Bisher hatte sein Leben aus Privatstunden bestanden. Was also sollte er ihr sagen? Dass er gut im Tennisspielen war? Dass er wusste, wie man mit Aktien Geld machen konnte? Dass er bereits eine Menge Geld besaß? Das war vielleicht irgendwie nützlich, aber nichts, was ihn wirklich auszeichnete. Mit leicht gerunzelter Stirn starrte er die Flasche nieder und hob anschließend die Schultern. "Vermutlich die Tatsache, dass ich mich wenigstens weitestgehend durchgesetzt habe, was meinen Vornamen angeht", schlug er anschließend nur bedingt überzeugt hinzu. Es gab erschreckend wenig, was ihm einfiel. Sicherheitshalber griff er sofort nach der Flasche und drehte sie. Letztlich zeigte sie auf Holly.
"Als ob ich das verraten würde", erwiderte Lou und sah dann zu, wie Ethan ins Grübeln kam. Dass ihm diese Frage solche Probleme bereiten würde, hatte sie nicht erwartet, aber insgesamt betrachtet, war es wohl nicht verkehrt, wenn er sich mit sich selbst auseinandersetzen musste. "Das war eine unerwartete Antwort", musste das Mädchen letztlich zugeben. "Eine ziemlich gute, aber definitiv eine unerwartete." "Ich finde auch, dass Ethan besser zu dir passt als... Was war das? Benjamin? Nee, bleib bloß bei Ethan", meinte Holly und sah dann zu der Flasche, ehe sie kurz grinste. "Ich nehme übrigens Pflicht."
Jakob war etwas erstaunt von Lous Antwort, ließ sich allerdings nichts anmerken. Außer einem Namen und einem ungefähren Alter bekam er leider nichts weiter und Lou drehte danach ziemlich schnell die Flasche weiter. Gut, vielleicht sollte er Fragen in diese Richtung doch unterlassen. Ethan war als nächstes dran und Lous Frage war interessant. Ethan schien bisher nicht wirklich über sich selbst nachgedacht zu haben und brauchte schließlich eine Weile, um zu antworten. Jakob grinste bei seiner Antwort nur. "Ja, Ethan passt viel besser zu dir. Es fällt mir auch schwer, dich im Kopf irgendwie anders zu bezeichnen." Danach schüttelte er kurz den Kopf und lachte leicht, als die Flasche auf Holly zeigte. Amüsiert blickte er zwischen Holly und Ethan hin und her, als sich diese erneut für Pflicht entschied.
Ethan hatte tatsächlich mit einigen Reaktionen gerechnet, aber definitiv nicht mit Zuspruch, was seinen Namen anging. Es war merkwürdig, vor allem wenn er bedachte, dass er normalerweise andere Reaktionen erhielt - vor allem natürlich von seinen Eltern. Er räusperte sich kurz, um nicht auf das Gesagte eingehen zu müssen, dann sah er zu Holly, die Pflicht gewählt hatte und ihn damit überforderte. Irgendwie war er bei weitem nicht so kreativ wie Lou, die sich bereits zweimal zumindest unterhaltsame Dinge ausgedacht hatte. "Hm", machte er schließlich ein wenig ratlos, während er nach irgendetwas suchte, was er Holly aufgeben konnte.
Ethan erwiderte nichts, sodass Lou annahm, dass er das Thema nicht weiter vertiefen wollte. Ihrer Meinung nach war das auch in Ordnung. Allerdings schien er sich schwer damit zu tun, eine passende Aufgabe für Holly zu finden. Lou entschied, dass sie dem jungen Mann zur Hilfe kommen sollte und so rutschte sie näher und beugte sich schließlich zu seinem Ohr. "Sag ihr, dass sie ein Voltilamm nachmachen soll", schlug sie Ethan dann vor, hoffentlich ohne dass es die anderen mitbekamen. "Das unfair!", meinte Holly gespielt beleidigt. "Das kriegst du wieder, Lou!" "Uuuh... Jetzt hab ich aber Angst", witzelte das Mädchen und lachte anschließend. "Das solltest du auch!", behauptete die junge Farmerin, lachte dann aber ebenfalls. "Also Ethan: Was soll ich Lous Meinung nach tun?"
Jakob grinste kurz, als Ethan überfragt war, was er Holly machen lassen sollte. Ein wenig Spaß machte es schon, Ethan ein wenig planlos zu sehen, allerdings schlug er sich bisher recht gut. Als dann von Ethan nichts kam, passierte etwas für Jakob Unerwartetes. Lou rutsche näher zu Ethan. Jakob merkte, wie bereits erste Eifersuchtsgefühle in ihm aufstiegen, als dann die junge Frau sich auch noch zu Ethans Ohr beugte, um ihm geradezu verschwörerisch etwas zuzuflüstern. Was würde er dafür geben, wenn sie jetzt so nahe an ihm wäre und er ihren Atem auf seiner Haut spüren könnte? Jakob schüttelte kurz den Kopf, um seine Gedanken zu vertreiben und blickte dann neugierig zu Ethan.
Die spontane Hilfestellung von Lou war zwar unerwartet, aber zumindest war es Hilfe und somit deutlich besser als nichts. Ihr Vorschlag wirkte auf Ethan zwar reichlich albern, aber langsam nahm er an, dass das der Sinn dieses Spiels war, sodass er nach der kurzen Disskusion amüsiert die Schultern hob und zu Holly sah. "Du könntest uns einen Einblick in das Leben auf einer Voltilamm-Farm geben", merkte er dann an. "Mach ein Voltilamm nach - zum Beispiel wenn es wütend ist."
Holly starrte Ethan einen Moment lang an, dann schüttelte sie ungläubig den Kopf. "Echt jetzt?", hakte sie nach, machte aber dann doch eine wegwerfende Handbewegung. Lou würde das wirklich wiederbekommen. Die junge Farmerin seufzte gottergeben, anschließend räusperte sie sich kurz. "Mäh!", kam es demonstrativ von ihr und bereits nach diesem Laut brach Lou lachend zusammen. "Määääähäähähämäh!"
Jakob sah Holly gespannt an, als sie sich räusperte. Als sie dann ihr erstes Mähen von sich gab, konnte er sich ebenfalls nicht zusammenreißen und musste lachen. Das Bild einer mähenden Holly war einfach zu lustig, um dabei ernst zu bleiben. Und Holly gab alles bei ihrer Darstellung. "Großartig, ganz großartig, Zugabe!", meinte Jakob schließlich, als er sich Lachtränen aus dem Augenwinkel wischte. Die Eifersuchtsgedanken waren für den Moment verschwunden.
Das Mähen hatte rein gar nichts mit den Lauten zu tun, die Ethan von Funke kannte, aber das machte es umso lustiger, sodass er ebenfalls lachte, während sich Lou regelrecht am Boden wand. So sinnfrei das Spiel auch war, es war zumindest unterhaltsam und das sogar sehr. Und zur Abwechslung war er sogar einer Meinung mit dem Idioten - das war definitiv eine Zugabe wert.
"Määääh!", erwiderte Holly auf Jakobs Forderung nach einer Zugabe. Sie bemühte sich sogar darum, möglichst empört zu klingen. Letztlich musste auch die junge Farmerin lachen. Es war albern und unsinnig, daran bestand kein Zweifel, aber es machte dennoch Spaß. "Ah, sowas findest du also lustig?", meinte sie grinsend zu Ethan. "Alles klar, dass merk ich mir." "Ach Holly! Jetzt sei doch nicht so! Freu dich lieber, dass du es geschafft hast, ihn zum Lachen zu bringen", gab Lou zurück, während sie sich über die Augen wischte. "Eindeutig ein Sieg für mich", behauptete Holly hoheitsvoll und griff anschließend nach der Flasche. Diese drehte sich einen Moment und zeigte letztlich auf Jakob. "Ich bin ganz Ohr."