Ethan setzte zu einer Antwort an, als sein AC-Phone klingelte. So viel zu diesem Thema. Mit einem Seufzen griff er nach dem Gerät und stellte zu seinem Leidwesen fest, dass es sich um Kate handelte, die ihn anrief. Düster nahm er den Anruf entgegen und schaltete dabei das AC-Phone auf laut, damit die anderen mithören konnten. "Kate", bemerkte er dann. "Riccardo sagte, ich soll euch anrufen", erwiderte diese knapp und klang noch immer irgendwie seltsam. Ganz abgesehen davon fragte sich Ethan, seit wann sie sich überhaupt von irgendwem etwas sagen ließ. "Er hat angedeutet, dass du mehr weißt, als du zugeben willst", bestätigte Ethan. "Und wenn du uns schon Informationen zuspielst und uns auf diese Sache ansetzt, wäre es nicht die schlechteste Idee, wenn du uns sagst, was du weißt." Es folgte eine längere Pause, dann schnaubte Kate hörbar. "Ich habe euch nicht darauf angesetzt, ihr solltet die Informationen lediglich der Polizei übergeben", korrigierte Kate. "Du hast uns dein Nachtara als Unterstützung geschickt", entgegnete Ethan. "Ja, weil ich euch ohnehin nicht davon hätte abhalten können, euch dort umzusehen." "Das heißt, du willst uns nichts sagen", schloss Ethan aus dieser doch eher ausweichenden Antwort. "Das heißt, ich weiß auch nicht mehr." "Also lügt Riccardo", kommentierte Ethan. "Ist es das, was du uns sagen willst?" Eine weitere Pause stellte sich ein, mindestens ebenso lange wie die erste. "Haltet euch in Zukunft einfach aus der Sache heraus. Die Polizei kann sich darum kümmern", sagte sie schließlich, ohne seine Frage zu beantworten. "Ich will wissen, was..." "Es ist mir egal, was du wissen willst", unterbrach ihn Kate hörbar unfreundlich. "Überlasst die Arbeit denen, die etwas davon verstehen." Ohne ihm Gelegenheitzu einer Anwort zu geben, legte sie auf. Ethans Blick hing an dem AC-Phone. Das war selbst für Kate reichlich unfreundlich gewesen. Unfreundlich und merkwürdig.
Das Gespräch wurde ziemlich unsanft durch das Klingeln von Ethans AC-Phone unterbrochen. Lou fand, dass es ein ungünstiger Zeitpunkt für Kate war, um anzurufen, aber letztlich konnte diese das natürlich nicht wissen. Allerdings war das Benehmen des Champions äußerst irrtierend. Es war sogar noch mehr. Holly fand jedenfalls, dass Kate erschreckend unfreundlich war, wenn man bedachte, wie sie sich sonst gegenüber der Gruppe gegeben hatte. "Was ist denn mit ihr los?", stellte Lou eine rhetorische Frage und klang dabei doch recht ungläubig. "Keine Ahnung. Aber ich find es mal echt seltsam, dass sie Ethans Fragen ausgewichen ist und dann diese komischen Erklärungen... Ist doch eindeutig, dass sie was verheimlicht", meinte die junge Farmerin und schüttelte kurz den Kopf. "Ob sie und Riccardo Streit hatten?", warf Lou vorsichtig in den Raum. "Selbst wenn, dann ist das kein Grund, das an uns auszulassen. Wichtiger ist eher, was dieser komische Sinneswandel soll", erwiderte Holly skeptisch. Ihrer Meinung nach war an der Sache etwas sehr faul.
Jakob war erst erfreut, als Kate schließlich Ethan anrief. Als er dann merkte, dass der Champion sehr unfreundlich zu Ethan war, verdüsterte sich seine Mine. Er fühlte sich an das Gespräch mit Ethan zurückerinnert. An das Gespräch, bei dem Ethan gresagt hatte, dass Kate nicht sehr freundlich mit ihm umging. Langsam aber sicher musste der Teenager der Wahrheit ins Gesicht blicken, dass sein Idol doch nicht so freundlich war, wie es den Anschein hatte. Jakob bemerkte, wie er während dem Gespräch die Hand zur Faust ballte. Er konnte jetzt schlecht von einem Missverständnis ausgehen. "Das war... heftig", kommentierte Jakob mit trockener Stimme. Er räusperte sich, das alles war ein bisschen viel für ihn. Er blickte zu Ethan. "Ich glaube... ich muss mich noch einmal bei dir entschuldigen..."
Ethan teilte die Irritation der anderen - Kate war definitiv merkwürdig gewesen. Einerseits hatte sie behauptet, nicht mehr zu wissen und andererseits hatte nicht bestätigt, dass Riccardo gelogen hatte. Das allein war bereits ein immenser Widerspruch. Als der Idiot eine weitere Entschuldigung anbrachte, brauchte Ethan einige Augenblicke, um zu begreifen, worauf er eigentlich hinauswollte. "Das war selbst für ihre Verhältnisse unfreundlich", wandte er sich dann an den Idioten und schüttelte kurz den Kopf. "Ich tippe darauf, dass Lou recht hat. Vermutlich liegt es an Riccardo. Wir haben alle gehört, wie das letzte Gespräch zwischen den beiden gelaufen ist." Er runzelte die Stirn und sah dabei sein AC-Phone an. "Die Frage ist, was wir jetzt tun. Ich bin fast versucht, es nicht einfach auf sich beruhen zu lassen."
Sowohl Holly als auch Lou sahen kurz irritiert zu Jakob, als dieser sich ein weiteres Mal entschuldigte. Allerdings kamen auch beide zu dem Schluss, dass das Verhalten das Champs wesentlich wichtiger war. Jedenfalls im Augenblick. "Aber selbst wenn es an Riccardo liegt", begann Lou und klang dabei äußerst nachdenklich, "wieso sollte sie uns dann auf einmal raten, aufzuhören? Ich versteh nicht so ganz, was das eine mit dem anderen zu tun hat." "Sie hat nicht einmal gesagt, dass Riccardo gelogen hat. Ich glaube eher, dass ihre Aussage, dass sie nichts weiß, die Lüge ist. Sonst hätte sie uns ja auch vor ihm gewarnt, oder?", überlegte Holly. "Ich find es auch ziemlich beschissen, so von ihr abserviert zu werden. Ich für meinen Teil hab eigentlich nicht vor, es einfach gut sein zu lassen." "Ich denke... Wenn wir uns alle einig sind, dass wir so oder so weitermachen, dann sollten wir uns Ethans Fast-Versuchung anschließen", schlug Lou letztlich vor.
Jakob schüttelte den Kopf. Auch wenn Ethan sagte, dass das für sie wirklich unhöflich gewesen war, rückte das jetzt Ethans Aussage in ein anderes Licht. Ganz gleich, wer von den beiden recht hatte, empfand es Jakob als merkwürdig und verletzend, dass Kate sie so sehr abgewürgt hatte. "Ruf nochmal an bitte", meldete sich Jakob zu Wort. "Ich glaube nicht, dass wir es gut sein lassen können." Oder in seinem Fall es zu können. "Sie klingt auch so, als sollten wir es komplett sein lassen. Das gefällt mir alles gar nicht."
Da keiner etwas einzuwenden hatte, nickte Ethan kurz, wählte Kates Nummer aus und schaltete das AC-Phone auf laut. Es klingelte, aber auch wenn Kate ihr eigenes AC-Phone noch in der Hand oder zumindest bei sich haben musste, schien sie nicht drangehen zu wollen, denn es klingelte weiter. Erst als Ethan kurz davor war, den Anruf abzubrechen, wurde er doch entgegen genommen. "Ja", meldete sich Kate und klang dabei heiser. "Wir lassen uns nicht einfach so abspeisen", sagte Ethan entschieden. "Wieso sollte dieser Riccardo behaupten, du wüsstest mehr, wenn es nicht stimmt?" Als Kate nicht sofort antwortete, fuhr Ethan fort. "Zumindest in diesem Punkt glaube ich ihm, also stellt sich die nächste Frage - weshalb hältst du es nicht für nötig, uns davon in Kenntnis zu setzen?" "Weil es meine Entscheidung ist", antwortete Kate, wobei sich ihre Stimme normalisiert zu haben schien. "Meine Entscheidung und meine Angelegenheit." "Wie kann es deine Angelegenheit sein, wenn in ganz Aventu Pokémon gestohlen werden?", hakte Ethan ungläubig nach. "Ist das jetzt wirklich dein Ernst? Das ist deine glorreiche Ausrede?" Kate schnaubte, klang aber nicht überzeugend. "Wenn du es so sehen willst", erwiderte sie, "dann ja. Es spielt keine Rolle, ob ich mehr weiß oder nicht. Ich kann und werde euch nichts dazu sagen. Ihr könnt also von weiteren Anrufen absehen." "Willst du jetzt wieder auflegen?", schlug Ethan aus Prinzip vor. "Haltet euch einfach aus alldem heraus." Ihr Tonfall klang noch immer kühl, dieses Mal aber irgendwie eindringlich. "Das ist zu groß für euch." Dann legte sie erneut auf. Ethan wurde aus ihr nicht schlau.
"Okay... Jetzt war sie sogar noch seltsamer als vorher", meinte Holly und verschränkte die Arme. "Wie kommt sie darauf, dass das allein ihre Sache ist? Ja, sie ist der Champion und alles, aber das klang ja schon richtig persönlich." "Das ist es vielleicht auch. Als sie abgenommen hat, klang sie so, als hätte sie gerade geweint", erwiderte Lou ebenso nachdenklich. "Und auch ihre Aussage, dass wir uns raushalten sollen, klang gerade ganz anders. Es ist echt mysteriös." "Ich komm nicht darauf klar, dass es ja ihre Entscheidung und ihre Angelegenheit ist. Ich kapier es einfach nicht. Ist ja nicht so, als ob sie was dafür könnte, dass die Organisation existiert", meinte Holly kopfschüttelnd. "Es macht weder vorn noch hinten Sinn."
Jakob war verwirrt. Die beiden Gespräche passten rein gar nicht zu dem, wie er Kate sonst in Erinnerung hatte. Er fand es auch seltsam, dass Lou ansprach, dass sie geweint haben könnte. Er hatte nichts in diese Richtung aus ihr herausgehört und empfand es auch als absurd. "Es ist so seltsam. Wenn sie sagt, dass wir uns da raushalten sollen, meint sie dann auch, dass das zu groß für die Polizei ist? Ich verstehe das alles langsam nicht mehr." Auch wenn er Riccardo nicht vertraut hatte, jetzt klang Kate so, als hätte er recht gehabt und sie wusste mehr. Aber sie hatte auch recht deutlich gesagt, dass das ihre Angelegenheit war. Es war alles sehr merkwürdig. "Und jetzt? Wie machen wir weiter? Wir haben ja schon nach der Begegnung mit Riccardo festgestellt, dass wir nicht aufhören wollen."
Ethan warf Lou einen skeptischen Blick zu. In seinen Augen war Kate niemand, der wegen irgendetwas weinen würde, es passte nicht zu ihr, definitiv nicht. Allerdings hatte sie wirklich seltsam geklungen - aber das wiederum hatte alle möglichen Ursachen haben können. "Das Problem ist, dass wir mit Kate nicht weiterkommen", merkte er an. "Ich bezweifle, dass sie uns noch irgendetwas sagen wird." Mit einem Seufzen steckte er sein AC-Phone weg. "Wir sollten Johnson bescheid sagen und dann... Ich fürchte, die einzige Person, die uns überhaupt irgendetwas sagen kann, ist dieser Riccardo. Es sei denn, wir belagern Kates Hotel, aber irgendwie bezweifle ich, dass sie dann kooperativer wäre."
"Vermutlich würde sie ohnehin an uns vorbeikommen, wenn sie denn wirklich wollte", stimmte Holly Ethan zu. "Riccardo könnte wirklich die bessere Alternative sein, allerdings seh ich nicht, wie wir ihn ausfindig machen sollen." "Stimmt schon...", meinte Lou und seufzte leicht. Wieso musste auch alles so kompliziert sein? "Vermutlich bleibt uns für den Anfang wirklich nur Captain Johnson... Und wahrscheinlich der Weg nach Montu, wenn sich hier nicht noch eine Spur auftut." "Wenn es so ist, dann ist es so. Darüber sollten wir uns aber erst Gedanken machen, wenn wir keine andere Möglichkeit sehen. Nicht zu weit vorgreifen", gab die junge Farmerin zu bedenken. Ihr war es im Grunde egal, ob sie ihren Kampf in der Arena deswegen nicht antreten konnte. Was war so ein Kampf schon wert, wenn man bedachte, was sie eigentlich taten? "Also zuerst Johnson? Und was sollen wir ihm sagen? Dass Kate keine Lust mehr auf uns hat?", fragte Lou nach, weil sie nicht wusste, was der Polizist in dieser Hinsicht für sie tun sollte.
Jakob überlegte einen Moment. Es war wirklich schwer, an noch mehr Informationen zu kommen. Er dachte darüber nach, wer noch etwas über Kate wissen könnte. Tatsächlich fiel ihm eine Alternative ein, aber zuerst wollte er sich damit auseinandersetzen, was die Frauen gesagt hatten. "Es stimmt schon, wenn sie uns vermeiden will, kann sie das vermutlich sogar ganz gut. Captain Johnson ist aber erstmal eine gute Idee." Jakob seufzte kurz. Er mochte Johnson aus irgendeinem Grund nicht wirklich. Aber er war laut Cordes immerhin kompetent. "Wir sollten ja auch noch Bericht erstatten. Über Riccardo und den Tunnel." Und Jakob musste bei Gelegenheit die Organisation unterrichten. Er wusste zwar noch nicht, welche Version er erzählen wollte, aber das würde er mit Ethan besprechen. "Und wir könnten Conchua nach Kate fragen. Immerhin hatten die beiden irgendetwas miteinander zu besprechen, als wir das erste Mal in der Arena waren. Ich weiß, es ist unwahrscheinlich, dass es etwas mit der Organisation zu tun hat, aber es ist einen Versuch wert."
"Wir sagen Johnson, dass der Tunnel noch in Benutzung ist", bestätigte Ethan die Aussage des Idioten. "Und wir erwähnen, dass Kates Kooperation plötzlich aufgehört hat. Vermutlich wäre es auch sinnvoll, Riccardo anzusprchen, vielleicht sagt er Johnson was." Er hob die Schultern. "Was Kate angeht... die Idee mit der Arena ist nicht schlecht." Obwohl Ethan wenig Lust hatte, das zuzugeben, immerhin hatte der Idiot sie geäußert. "Und Riccardo... ich hasse es, diesen Vorschlag überhaupt zu machen, aber ich gehe davon aus, dass die Wahrscheinlichkeit groß ist, ihn am Tunnel zu treffen."
"Ich bin nicht sonderlich angetan von dem Gedanken, dass wir vielleicht nochmal zu dem dummen Tunnel gehen müssen", meinte Holly und verzog leicht das Gesicht. "Ich befürchte allerdings, dass du recht hast. Er war wahrscheinlich beim ersten Mal aus einem eigenen Grund dort und er kennt die Gegend. Es ist also sogar ziemlich wahrscheinlich, dass er sich dort öfter aufhält." "Allerdings sollte Johnson Vorrang haben", gab Lou zu bedenken. "Und dann sollten wir überlegen, ob wir es mit Riccardo nochmal versuchen wollen oder zunächst Conchua fragen." Letztere war zwar nur ein vager Hinweis, aber es war besser als gar kein Hinweis und im Endeffekt war es besser, eine Sackgasse zu finden, statt etwas Wichtiges zu übersehen.
Jakob nickte Ethan zu. Riccardo am Tunnel zu treffen war das Warscheinlichste. Sie konnten wohl kaum Kate nach seiner Nummer fragen. "Das mit dem Tunnel ist gar nicht mal so schlecht. Dann sollten wir aber zumindest seinen Vorschlag ernst nehmen und nicht wieder direkt zum Lagerhaus gehen. Wenn er dort irgendwo ist, dann kann man ihn warscheinlich auch von einem Versteck aus zu sich holen." Dann überlegte Jakob einen Moment lang. "Johnson hat in jedem Fall Vorrang denke ich. Was Conchua und Riccardo angehen... wir könnten uns ja auch aufteilen."