Louthan: Ethan setzte ein doch eher resignierendes Lächeln auf. "Selbst wenn ich wüsste, was ich ausprobieren wollte", erwiderte er dann mit einem kurzen Kopfschütteln, "was nicht nicht der Fall ist, dann hätte ich trotzdem keine Gelegenheit, es zu tun." Er wandte den Blick wieder ab. "Mein Vater hat seinen Unterrichtsplan für mich und erwartet, dass ich mich daran halte. Da bleibt keine Zeit für irgendwelche Experimente." Er hob die Schultern. "Und ob es mich stört oder nicht, spielt dabei keine Rolle."
Lou sah Ethan einen Moment lang an und brauchte einen Moment um zu begreifen, dass das wirklich sein voller Ernst war. Er hatte keine eigenen Interessen und im Grunde nicht einmal Zeit für sich selbst. Das war nicht beschissen, das war grausam. Wirklich, wirklich grausam. "Du lässt dir vorschreiben, wer du zu sein hast", stellte sie fest, nachdem sie ihre Stimme wiedergefunden hatte. "Wieso lässt du das mit dir machen? Warum forderst du nicht wenigsten ein bisschen Zeit für dich ein? Was soll denn mal werden, wenn keiner mehr irgendwelche Pläne macht?" Lou war irritiert. Sie verstand es nur sehr schwer bis gar nicht, aber sie vermutete, dass die Ursache daran lag, dass Ethan schlicht nichts anderes kannte.
Louthan: Ethan seufzte, weil Lou offensichtlich nicht verstand, dass er eigentlich keine Wahl hatte. Aber wie hätte sie das auch wissen können? Niemand schien das zu ahnen, so viel hatte er am heutigen Tag gelernt. "Es hat keinen Zweck, etwas einzufordern, wenn man es ohnehin nicht erreichen kann", sagte er schließlich. "Mein Vater würde nicht zustimmen, also muss ich gar nicht erst versuchen, ihn zu überreden. Und wenn ich versuchen würde, irgendetwas auf eigene Faust zu machen..." Er hob die Schultern. "Ich bin mir sehr sicher, dass mein Vater Mittel und Wege findet, um genau das zu verhindern. Er hat das nötige Geld und die nötigen Kontakte."
"Und wofür das Ganze?", stellte Lou eine eher rethorisch gemeinte Frage. "Dafür, dass du irgendwann wie eine Maschine deine Arbeit machst? Damit du einfach nur funktionierst, statt zu leben? Damit du auch ja kein Gefühl für andere entwickelst?" Lou schüttelte den Kopf. Sie konnte das nicht glauben und noch weniger konnte sie glauben, dass Ethan das wollte. "Der Ethan, den ich heute kennengelernt habe, ist ein echt netter Kerl. Und zwar so nett und sympathisch, dass ich jetzt zum zweiten Mal in einem Pokemon-Center sitze und ihm sogar Brote gemacht habe", meinte das Mädchen ernst. "Und das, was du heute gezeigt hast, beweist doch, dass du ein guter Kerl bist. Das ist nicht wertlos und egal schon mal gar nicht. Völlig egal, was dein Vater darüber denkt. Du bist jemand!" Lou schnaufte kurz. So viel Ignoranz seitens seines Vaters machte sie wütend. "Was will er tun? Dich bei Wasser und Brot einsperren? Er hat nicht das geringste Recht dir vorzuschreiben, wie du dein Leben zu leben hast. Nicht das allergeringste."
Louthan: Ethan war sich nicht sicher, was er von diesem Ausbruch halten sollte. Fest stand lediglich, dass er ihn nicht erwartet hatte. Definitiv nicht. Und vor allem spielte es eigentlich keine wirkliche Rolle, ob es nun stimmte oder nicht, ob es ungerecht war oder nicht, es war, wie es war und daran ließ sich ohnehin nichts ändern. Halb hatte Ethan damit gerechnet, dass ihn diese Aussagen von Lou wütend machen würden, aber stattdessen bemerkte er eher Resignation. "Es hat keinen Zweck, sich darüber aufzuregen", merkte er an. "Es ändert nichts daran."
"Du willst dir das also einfach weiter gefallen lassen?", hakte Lou ungläubig nach. Dafür, dass er eigentlich eher bestimmt gewirkt hatte, war Ethan nun erstaunlich resigniert. Sie verstand es nicht. Das konnte er doch unmöglich wollen. Niemand wollte so etwas, oder? "Wie soll es weiter gehen? Willst du irgendwann vorgeschrieben kriegen, wen du zu heiraten hast? Wie viele Kinder du haben wirst? Oder welche Farbe deine Unterwäsche zu haben hat? Darfst du überhaupt Freunde haben?", meinte das Mädchen und schüttelte den Kopf. Natürlich waren diese Fragen zum großen Teil lächerlich, aber genau darum war es ihr gegangen. "Wenn du es gar nicht erst versuchst, dann wird sich definitiv nichts ändern", schloss sie. "Allerdings frage ich mich, warum dein Vater lieber einen gehorsamen Roboter haben will, statt eines Sohnes, der weiß, was er will und genug Selbstbewusstsein hat, um sich in der Hinsicht durchzusetzen."
Louthan: "Du kennst ihn nicht", erwiderte Ethan lediglich und bezog sich damit selbstverständlich auf seinen Vater. "Er erwartet Perfektion." Und Perfektion bestand nun einmal nicht darin, spontan irgendwelche Ideen zu verfolgen, die einem in dne Sinn kamen. Zu einem gewissen Teil konnte Ethan nachvollziehen, dass sein Vater wollte, dass er selbst eine vernünftige Vorbereitung hatte, um irgendwann die Aktien und die Geschäfte damit zu übernehmen, aber in Ethans Augen reichte die Vorbereitung. Das allerdings war seinem Vater unter Garantie egal. "Und wenn ich versuchen würde, ihn von irgendetwas zu überzeugen, bräuchte ich Argumente, ich müsste mir sicher sein, aber das bin ich nicht, weil ich nicht einmal weiß, was eine sinnvolle Alternative wäre."
"Nach allem, was du bisher erzählt hast, ist es vielleicht auch besser, dass ich ihn nicht kenne", musste Lou zugeben. Im Moment hätte sie sonst etwas sehr, sehr Unhöfliches getan, da war sie sich relativ sicher. "Perfektion ist unrealistisch. Perfektion ist ein Maßstab, der gar nicht erreicht werden kann. Und das ist auch ganz gut so, denn sonst würde es langweilig werden", behauptete das Mädchen, seufzte aber bei seiner letzten Aussage sehr, sehr tief. "Wie wäre es, wenn du es tatsächlich mit Trainer oder Koordinator versuchst? In beiden Fällen kommst du raus und kannst nebenher alles Mögliche ausprobieren und... Kampftraining hattest du sowieso, das ist im Endeffekt dazu da, dass du zeigen kannst, was du gelernt hast. Außerdem könnte man es als Lehrgang verkaufen, wo du zeigst, dass du mit Geld haushalten kannst." Lou hob ein wenig ratlos die Schultern. Sie wusste, dass das nur eine fixe Idee war, aber es ging ihr auch mehr um den Beispielcharakter und darum eine wirkliche Option zu finden. "Oder nimm den Freiwilligendienst. Wenn du weißt, wie die Abläufe funktionieren, dann kannst du sie optimieren lassen. Wenn was optimiert ist, dann sollte es doch besser laufen und weniger kosten, oder?", fügte sie hinzu und hob abermals die Schultern. Natürlich hinkten die Beispiele und Lou war sich sehr sicher, dass man ihr das auch ansah. Aber es war in ihren Augen besser, als zu sagen, dass es ohnehin nichts gab.
Louthan: "Lou, ich weiß, du meinst es gut, aber ich glaube nicht, dass du mir in irgendeiner Form weiterhelfen kannst", sagte er schließlich mit einem schweren Seufzen. "Es hat keinen Zweck, jetzt darüber zu diskutieren und vor allem will ich jetzt auch nicht darüber diskutieren." Es war nun einmal so, wie es war und daran ließ sich nichts ändern - vor allem nicht jetzt, während er sich eigentlich noch immer Sorgen um Bonaparte machte und sich fragen musste, wie es mit dem Plinfa weitergehen würde. Und ganz abgesehen davon war es seine Sache, sein Problem.
Lou seufzte schwer, nickte dann aber. "Okay", willigte sie ein, wenn auch eher schwer. Es war Ethans Recht, wenn er nicht darüber reden wollte und das Mädchen wusste, dass sie das zu respektieren hatte. Zumindest in der aktuellen Situation. Sie seufzte abermals und folgte seinem Blick zu Bonaparte. Sie hoffte, dass er bald wieder auf den Beinen sein würde. Allerdings kam ihr die Aussage der Professorin in den Sinn, dass Ethans Vater ein derartig verletztes Pokemon nicht behalten hätte. "Ich... Entschuldige, aber ich muss einfach fragen... Gerade wegen dem Gespräch. Aber wird dein Vater dir erlauben Bonaparte zu behalten?", wollte Lou dann doch wissen. Nach allem was sie über ihn erfahren hatte, würde sie selbst annehmen, dass das nicht der Fall sein würde.
Louthan: Ethan nahm Lous Zustimmung mit einem Nicken zur Kenntnis. Wenigstens schien sie zu verstehen, dass es seine Angelegenheit war und nicht ihre. Sie konnte nicht helfen, auch wenn sie das offenbar gerne getan hätte. Als sie dann allerdings doch nachhakte, unterdrückte Ethan ein weiteres Seufzen. Irgendwie fragte er sich, ob ihre Anwesenheit wirklich etwas Positives war, wenn sie trotz seiner ausdrücklichen Bitte keine Ruhe gab. "Ich werde Bonaparte behalten", erwiderte Ethan entschieden. "Und in dieser Hinsicht ist es mir egal, was mein Vater denkt." Er schüttelte kurz den Kopf. "Wenn Bonaparte nicht kämpfen will, wird mein Vater irgendein anderes Pokémon für den Kampfunterricht besorgen, aber ich werde Bonaparte behalten."
Lou nickte und beließ es dabei. Darauf gab es nichts weiter zu antworten und sie musste zugeben, dass diese Antwort sie irgendwie beruhigte. Sie wünschte Ethan von Herzen Erfolg, egal in welcher Form dieser letztlich auftreten würde. "Wie sieht es eigentlich mittlerweile mit deinem Hunger aus?", fragte Lou stattdessen nach. "Im Moment schläft Bonaparte, das wäre doch eine gute Gelegenheit, oder nicht?" Außerdem war sie auch da und würde solange auf das Plinfa aufpassen, damit Ethan sich keine Sorgen machen musste. Außerdem wäre jemand anwesend, sollte Bonaparte doch unerwarteterweise aufwachen.
Louthan: "Ich sagte doch eben erst, dass ich keinen Hunger habe", erwiderte Ethan. Er war mittlerweile der Ansicht, dass Lous Anwesenheit doch eher hinderlich war. Sie warf Themen auf und stellte Fragen, über die er nicht nachdenken wollte, vor allem nicht jetzt und sie schien es sich in den Kopf gesetzt zu haben, ihm irgendwie zu helfen, obwohl sie das nicht einmal konnte. Es führte zu nichts, aber sie schien das beim besten Willen nicht einzusehen und er hatte sie eigentlich bereits mit der Nase darauf gestoßen. "Danke für deine Sorge, aber du kannst nichts an der Situation ändern."
Lou seufzte abermals. Gerade hatte sie einfach nur nett sein wollen. "Das sehe ich selbst. Aber deswegen muss ich es doch nicht ignorieren, oder?", stellte sie ihm eine doch eher rhetorische Frage. "Aber wir können auch gerne über andere Dinge reden, falls dir das lieber ist. Das hilft zumindest gegen zu viele Gedanken." Welche sich ohnehin nur im Kreis drehten. Jedenfalls im Normalfall. Und Lou war der Meinung, dass sich bestimmt etwas finden ließ, worüber sie sich unterhalten konnten. Triviale Dinge gab es eigentlich immer.
Louthan "Ich glaube nicht, dass ich in der Stimmung dazu bin, mich über irgendwelche, trivialen Dinge zu unterhalten", antwortete Ethan. "Danke für das Angebot und danke für den Besuch, aber ich glaube, es wäre besser, wenn du gehst." Er hob ein wenig hilflos die Schultern, weil er nicht wusste, wie er das netter oder indirekter hätte formulieren können. Nach den heutigen Ereignissen war er schlicht nicht dazu in der Lage, sich irgendwelche, möglichst höfliche Formulierungen aus den Fingern zu saugen. "Entschuldige bitte", fügte er aus Gewohnheit hinzu. "Ich bin derzeit keine gute Gesellschaft und du siehst aus, als ob du dich selbst dringend ausruhen solltest."