Lou erwiderte Ethans Lächeln kurz. Es war schön, dass er da war, obwohl er selbst völlig übermüdet und wahrscheinlich völlig fertig war. "Ich möchte einfach nur zurück", beantwortete sie letztlich Jakobs Frage. "Nicht, dass Alois seine Meinung ändert und doch nochmal auftaucht..." "Dann würde er sich eine fangen, die er ganz sicher nicht vergisst", meinte Holly daraufhin, winkte letztlich allerdings ab. "Er ist nicht da, es spielt keine Rolle. Bringen wir dich lieber zurück." "Danke...", erwiderte Lou und seufzte erleichtert. Jetzt fühlte sie sich auch wieder sicher.
Jakob schüttelte den Kopf und schnaubte bei Hollys Kommentar sogar amüsiert und drehte sich dann um. "Es war definitiv ein ereignisreicher Tag", fügte der Teenager hinzu. "Wenn du noch irgendwas von uns brauchst... sag es einfach."
Ethan nickte zustimmend und der Rückweg zu dem Pokémon-Center verlief ansonsten zumindest in Ethans Augen ereignislos. Erst als sie dort ankamen und den Eingangsbereich betraten, fiel ihm das Offensichtliche auf. "Ich nehme an, dass wir jetzt alle noch nichts gegessen haben", stellte er fest.
"Nein... Ich bin gegangen, bevor wir was bestellen konnten", meinte Lou auf Ethans Aussage hin. "Dann essen wir eben hier was", kam es von Holly, die kurz mit den Schultern zuckte. Sie störte das definitiv nicht. "Dann kann ich auch ein bisschen erzählen, wenn es okay ist...", bemerkte Lou vorsichtig. "Natürlich ist es das. Keine Frage", entgegnete Holly und musste feststellen, dass Lou mehr mitgenommen zu sein schien, als sie selbst gedacht hatte.
Jakob zuckte mit den Schultern. Er hatte schon ein wenig Hunger, aber der hielt sich nach der Fahrt mit Cordes in Grenzen. "Klingt in Ordnung für mich", meinte der Teenager in Bezug auf das Essen und sah dann zu Lou. "Und wenn du was loswerden willst... wie gesagt, wir sind für dich da."
"Mein Angebot steht natürlich auch weiterhin", bestätigte Ethan mit einem Lächeln und einem kurzen Nicken. Kurze Zeit später setzten sie sich mit dem in Ethans Augen etwas gewöhnungsbedürftigen Essen des Centers an einen der Tische im Essbereich. Eigentlich wollte Ethan nur schnell etwas essen und dann schlafen gehen, aber je nachdem wie aufgelöst Lou wirklich war, würde er Letzteres nach hinten verschieben.
"Danke nochmal...", meinte Lou nachdem auch sie sich gesetzt hatte. Wieder im Pokémon-Center zu sein und einfach mit den anderen beim Essen zu sitzen fühlte sich zum Glück wieder ganz normal an. "Passt schon. Du musst es nicht wiederholen", erwiderte Holly nachsichtig. "Weiß ich ja eigentlich... Ich bin nur etwas aufgewühlt. Alois war ziemlich verletztend, vor allem nachdem er kapiert hatte, dass ich es ernst meine", erzählte Lou dann. "Muss seinem Ego einen ganz schönen Schlag verpasst haben", bemerkte die junge Farmerin mit einem Schnauben. "Ja... Er hat mir vorgeworfen, dass ich egoistisch wäre und ihr meine Ausbrüche sowieso nicht lange ertragen würdet... Lauter verletzendes Zeug eben", erklärte die jüngere der beiden Frauen. Holly starrte Lou einen Augenblick an und schüttelte dann ungläubig den Kopf. "Was für ein hirnamputierter Vollidiot", meinte Holly. "Ich glaub, ich habe noch nie jemanden getroffen, der bescheidener und zurückhaltender ist als du. Ganz im Ernst, das ist der größte Schwachsinn, den ich seit langem gehört habe."
Jakob war zwar ein wenig irritiert davon, dass Ethan irgendein Angebot an Lou gemacht hatte, das dieser nicht kannte, allerdings war Lou im Moment wichtiger. "Was hat er gesagt? Ausbrüche?" Der Teenager schüttelte den Kopf. "Schwachsinn, was er erzählt. Nimm es dir nicht so zu Herzen, er ist kommt wohl einfach nicht damit klar, abgewiesen zu werden." Auch wenn er glaubte, dass die anderen diesem Kommentar gegen ihn verwenden konnten. Immerhin dachte Jakob, dass er mit Lous Abweisung definitiv besser klar kam als Alois.
"Holly hat recht", bestätigte Ethan mit dem Anflug eines Lächelns. "Wenn ich daran denke, wie oft du mir schon mit Gesprächen geholfen hast, ist das alles andere als egoistisch." Tatsächlich wirkte Lou recht gefasst auf ihn und das war gut - nicht nur, weil er dann in absehbarer Zeit schlafen konnte, sondern auch weil er hoffte, dass sie sich das, was Alois gesagt hatte, nicht zu sehr zu Herzen nahm.
Lou rang sich zu einem Lächeln durch, konnte aber gleichzeitig nicht verhindern, dass ihr doch wieder die Tränen kamen. Dieses Mal allerdings, weil sie gerührt davon war, wie sehr die anderen gerade bewiesen, dass Alois keine Ahnung hatte. "Danke, Freunde... Ihr seid die besten...", meinte Lou und wischte sich über die Augen. "Es tut so gut, dass ihr da seid und zuhört und ... und überhaupt." "Hey... Das ist doch selbstverständlich", versuchte Holly sich daran, Lou wieder zu beruhigen. "Lass dir bloß nie wieder irgendeinen Schwachsinn einreden. Der Typ hat doch keine Ahnung. Viel zu ignorant." "... Das ist er wirklich... Wenn ich etwas erzählt habe, hat er gar nicht richtig zugehört... Und dann hat er irgendwie geglaubt, dass er mich mit seinem komischen Nebenjob beeindrucken kann oder irgendwas... Keine Ahnung. Und Alois hat immer so... so skeptisch geguckt, wenn ich etwas gemacht habe, was gegen die Gewohnheiten spricht, die er von mir kannte... Bei Arceus! Ich hab es gewagt, Wasser zu bestellen und keine Fanta... Aber als ich nachgefragt habe, hab ich ihn gleich verhört! Und... Verdammt! Er hat meine Mutter als Aufhänger benutzt, um zu erzählen, wie leid ihm doch alles tut", brach es dann doch aus Lou heraus. Eigentlich wollte sie gar nicht so viel sagen, aber die Gedanken kamen ihr einfach in den Sinn und wollten auch direkt heraus. Es war so, wie Ethan bereits prophezeit hatte: Sie musste wahrscheinlich darüber reden. "Das ist mies... Das mit deiner Mutter ist schon beschissen genug, ohne dass so ein Idiot das ausnutzt. Soll er an seinen Geschichten doch ersticken!", meinte Holly wütend. "Irgendwie... Irgendwie glaub ich auch nichts mehr, was er erzählt hat... Sein ach so toller Nebenjob hat ihm in den Wochen, die wir jetzt getrennt sind, so viel Geld eingebracht, dass er reisen kann. Und trotzdem kann er weiter arbeiten. Angeblich hat er jetzt mehrere Pokémon, aber noch irgendwie keinen Orden, wenn ich... wenn ich ihn richtig verstanden habe..." Lou schnaubte verachtend und wischte sich nochmal über die Augen. Sie war so wütend, weil sie sich auf ihn eingelassen hatte. "Das passt doch alles vorne und hinten nicht! Und ich... ich Dummkopf hab ihm zugehört..." "Hey, mach dir nicht zu viel draus... Es ist jetzt vorbei und er kann seine Lügen irgendwem anderes erzählen. Es ist nicht mehr dein Problem, okay?", meinte Holly eindringlich. "Okay...", erwiderte Lou mit einem leichten Nicken.
Jakob wollte ansetzen, dass er gar nicht so toll war, wenn man bedachte, was er sich in den letzten Tagen geleistet hatte, stoppte sich aber, als er merkte, dass Lou sich ein wenig mehr von der Seele reden wollte. Er nickte zustimmend und schnaubte mehrfach. "Das ist... das ist wirklich scheiße von ihm. Klingt ja so, als ob er dich erst runter machen wollte, um dann den Helden zu spielen, wenn er dich tröstet." Der Teenager lehnte sich zurück. "Und was diese anderen Dinge angeht... denk nicht zu viel drüber nach. Klingt doch so, als würde er angeben wollen, oder? Und am Ende stand ja wohl nichts dahinter, wenn er nicht reden wollte." Zugegeben, Jakob hatte auch eine Beschäftigung angenommen, bei der er reisen konnte und gut Geld bekam, aber das hielt er für ein wenig weit hergeholt, dass Alois auch ein Spitzel war.
Als Lou erneut Tränen in den Augen hatte, legte Ethan ihr eine Hand auf die Schulter, ließ allerdings Holly reden, die durchaus Erfolg damit zu haben schien, Lou ien wenig aufzumuntern. Erst als Lou sich als Dummkopf bezeichnete, ergriff Ethan schließlich doch das Wort. "Du wolltest das Ganze irgendwie abschließen", merkte er an. "Das ist nicht dumm, sondern nachvollziehbar. Und auch wenn das Gespräch alles andere als gut lief, ist die Situation doch jetzt zumindest eindeutiger als zuvor."
„Ethan hat recht“, stimmte Holly zu. „Du musst dir jedenfalls keine Sorgen mehr über das Was-wäre-gewesen-wenn machen. Mach einfach einen Haken hinter die Sache.“ „Ihr habt recht“, meinte Lou und rang sich sogar ein Lächeln ab. Sie griff nach Ethans Hand und drückte diese kurz. „Es ist nur... Es nimmt mich mit. Auch wenn ich eigentlich weiß, dass wir Dinge haben, um die wir uns eher kümmern sollten.“
Jakob beobachtete, wie Ethan Lou die Hand auf die Schulter legte und sie diese sogar noch drückte. Jakob versuchte, seine Eifersucht bestmöglich herunter zu schlucken, kam aber nicht darum herum, sich selbst zu fragen, was Ethan gemacht hatte, dass er Lou auf diese Art Trost spenden konnte. Jakob schüttelte den Kopf, um diese Gedanken zu verbannen. Lou ging es schlecht und da war es egal, von wem oder wie sie sich ihren Trost suchte. "Das verstehen wir", meinte Jakob dann und seufzte. "Aber sowas... ist auch wichtig. Wenn so etwas ungeklärt bleibt, stehen wir uns auch nur selbst im Weg rum, wenn es wichtig wird."
Ethan erwiderte Lous Geste, indem er kurz ihre Schulter drückte und anschließend die Hand wieder zurückzog. "Es ist normal, dass dich das mitnimmt, aber die Sache ist jetzt erledigt und das sollte sogar Alois klar sein", antwortete er dann mit einem Lächeln. "Und wir erwarten nicht, dass du jetzt sofort einen Haken dahinter machst", griff er Hollys Formulierung auf. "Allerdings glaube ich, dass es jetzt zumindest möglich ist, mit etwas Abstand einen Haken dahinter zu machen."