"Im Gegensatz zu dir hab ich mich deutlich besser im Griff", erwiderte Holly und schnaubte kurz. "Es war nicht ich, die zähneknirschend, Leute anschnauzend und mit geballten Fäusten vor Alois stand. Das warst du und keiner sonst."
Lou:
"Ich... Ich hatte einfach das Gefühl, dass ich ihm zumindest eine Chance geben muss, zu reden", meinte Lou dann unsicher. "Ich meine... Was ist, wenn es wirklich nur ein Missverständnis war? Dann ist das echt bescheiden für ihn gelaufen, weil... weil ich will ihn wirklich nicht zurück, aber dann hat er wenigstens verdient, dass ich es ihm auch so sage... Wäre sonst ziemlich unfair von mir, oder?"
Jakob schüttelte den Kopf und schnaubte noch einmal. "Ich habe es ja verstanden... der Typ hat mich nur so... so wütend gemacht, weißt du? So wie er mit Lou umgegangen ist", versuchte sich Jakob zu rechtfertigen.
"Lou, du bist zu gar nichts verpflichtet", sagte Ethan sofort, weil das in seinen Augen eine beunruhigende Aussage ihrerseits gewesen war. "Vor allem nicht nach dem, was du erzählt hast." Er seufzte schwer. "Ich will nicht ausschließen, dass es ein Missverständnis war - auch wenn es mir dann unerklärlich erscheint -, aber er hatte die Gelegenheit, dich anzurufen." Er machte eine kurze Pause, einfach weil er verhindert wollte, dass er sich doch zu sehr über die Einstellung von Alois ärgerte. "Wenn du glaubst, dass du besser mit alldem abschließen kannst, dann musst du das vermutlich tun, aber dann machst du das für dich. Und vor allem solltest du es nicht tun, weil du dich ihm verpflichtet fühlst."
"Ich kann verstehen, dass er dich wütend gemacht hat. Das hat er glaub ich bei uns allen hinbekommen", entgegnete Holly. "Hoffen wir einfach, dass wir ihn nicht wiedersehen werden, wenn Lou alles mit ihm geklärt hat."
Lou:
Lou stutzte einen Moment und dachte über das nach, was Ethan gerade gesagt hatte. Er hatte recht. Sie schuldete Alois nichts und ob er dieses Gespräch verdient hatte, entschied sie selbst und nicht er. "Stimmt schon. Ich sollte das für mich tun und nicht für ihn. Es ist zu Ende und daran gibt es nichts zu rütteln und das werde ich Alois auch definitiv sagen", entschied Lou letztlich. "Ich kann aber nicht versprechen, dass er mich oder uns dann auch wirklich in Ruhe lassen wird."
Lous Pause und eindeutige, wenn auch nur kurze Irritation verunsicherten Ethan. Er war sich nicht sicher, ob er nicht doch etwas Falsches gesagt hatte, aber als Lou sich dann doch zu Wort meldete, schien sie ihm zuzustimmen - und das war beruhigend. Nicht nur, weil er so davon ausgehen konnte, dass er nichts Falsches gesagt hatte, sondern auch weil er Lou nicht wünschte, noch einmal an Alois zu geraten. "Das klingt doch schon eher nach einem Entschluss", stellte er daher mit einem Lächlen fest. "Und wenn er dich danach nicht in Ruhe lässt..." Er hob kurz die Schultern. "Für irgendwas muss die Freiwilligensache bei der Polizei doch gut sein."
Jakob nickte und verzog das Gesicht. "Ja, hoffen wir mal. Ich fürchte zwar, dass das nicht einfach mit ihm werden wird, aber das kriegen wir schon hin. Irgendwann wird er das ja akzeptieren können." Jakob seufzte kurz. "Immerhin versuche ich das ja auch gerade."
"Mit der Betonung auf 'versuchen', oder?", stichelte Holly ein bisschen, konnte dann aber doch wieder grinsen. "Versuch einfach ein Freund zu sein. Der Rest wird dann schon."
Lou:
"Hoffen wir, dass er uns in Ruhe lässt und dass das dementsprechend nicht nötig sein wird. Ich will nicht, dass wegen dieser Sache auffliegt, dass ich eigentlich keine Freiwillige bin. Du weißt schon, weil man dann Angaben zur Person machen muss", meinte Lou dann mit einem Seufzen. "Ich will mir das wegen ein paar Monaten, die ich zu spät auf die Welt gekommen bin, nicht wegnehmen lassen. Schon gar nicht wegen Alois. Dafür ist es einfach zu wichtig..."
Jakob nickte und grinste dann auch wieder ein wenig verlegen. "Alles klar. Das wird schon schiefgehen. Mir fällt es eben nur schwer, die Dinge auszublenden. Gib mir noch ein paar Tage, dann sieht es bestimmt anders aus." Er schüttelte den Kopf und knuffte Holly in die Seite. "Ich meine, wenn man verknallt ist, kriegt man das nach einem Korb ja nicht sofort wieder raus, nicht wahr?"
Ethan war ein wenig verwirrt, als Lou tatsächlich seine eigentlich nicht unbedingt ernst gemeinte Bemerkung aufgriff und darüber wirklich beunruhigt wirkte. "Er wird das akzeptieren müssen", antwortete er dementsprechend. "Auch ohne dass wir deswegen zur Polizei gehen." Abgesehen davon war es in Ethans Augen durchaus denkbar, dass beispielsweise jemand wie Cordes über die paar Monate hinwegsehen würde. Vor allem aber war es eine durchaus unterhaltsame Vorstellung, wie sich Alois mit einer wütenden Cordes auseinandersetzte. "Hier", sagte er dann und hielt ihr sein AC-Phone hin, "und bitte ruf wirklich an, wenn irgendetwas nicht in Ordnung ist."
Holly sah Jakob irritiert an. War ihm nach all den Gesprächen nicht inzwischen klar, dass sie in diesem Feld keine Erfahrung hatte, die sie vorweisen könnte? "Ähm... Keine Ahung. Ist mir so noch nicht passiert. Tatsächlich war ich... noch nie irgendwie derartig an jemandem interessiert", erklärte sie dem jungen Mann.
Lou:
"Versprochen", meinte Lou und nahm das AC-Phone entgegen. "Und vielen Dank, Ethan. Ich weiß die Geste zu schätzen. Hoffen wir einfach, dass ich heute niemanden mehr anrufen muss. Ich kann jedenfalls drauf verzichten, dass das Treffen eskaliert... Ich weiß, dass wir schon Schlimmeres durchhaben, aber irgendwie... ist mir ein wenig mulmig zumute. Ich schätze, weil ich genau weiß, dass ich Alois etwas sagen werde, was er nicht hören will."
Jakob stutze einen Moment lang und sah Holly noch einmal an. Er konnte sich nicht vorstellen, dass Holly noch nie verknallt gewesen war. "Wirklich nicht? Nicht mal so ein bisschen? Und ich meine, dazu zählt auch sowas wie in eine Berühmtheit oder eine Romanfigur oder sowas verschossen zu sein."
"Das hoffe ich auch", bestätigte Ethan, "aber sicher ist sicher." Er seufzte. "Um ehrlich zu sein hat man dir vorhin schon angesehen, dass dir das Ganze nahe geht", fügte er dann hinzu. "Es ist also verständlich, dass dir mulmig zumute ist." Vor allem wenn man Alois' bisherige Reaktionen bedachte. Vor allem konnte sich Ethan nicht vorstellen, dass Lou wirklich mit ihm glücklich gewesen war. "Aber vielleicht ist es nicht schlecht, wenn du die Sache damit abschließen kannst."
"Jetzt tu nicht so entgeistert", meinte Holly ein wenig pikiert. "Und die Antwort bleibt nein. Ich sehe jetzt irgendwie nicht, dass man sich in eine Romanfigur verknallen kann. Alles andere... vielleicht, auch wenn es mir nicht passiert ist."
Lou:
"Ich war völlig überfahren und emotional so gar nicht auf dieses Treffen vorbereitet", meinte Lou dann mit einem Seufzen. "Ich meinte ja, dass ich eigentlich davon ausgegangen bin, dass ich ihn sehr lange nicht sehen werde. Konnte ja keiner ahnen, dass ausgerechnet Alois eine Pokémon-Reise anfängt... Aber gut. Das ist nur ein weiterer Grund, warum es definitiv nichts werden kann. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass ihm klar ist, dass er gerade wahrscheinlich auf eine Fernbeziehung hofft... Auch wenn es eigentlich keine Rolle spielt. Ich will keine Fernbeziehung, keine normale Beziehung, ich will einfach nichts mehr von ihm.“
Jakob schüttelte amüsiert den Kopf. "Doch, sowas soll es geben. Ich hab jetzt den Namen wieder vergessen, aber da gab es doch letzten Sommer das neue Buch von diese Roman-Serie, wo die ganzen Mädels so sehr drauf abgegangen sind." Jakob schüttelte noch einmal den Kopf. "Hab ich nicht gelesen, aber die, in die ich zu der Zeit verknallt war, hat das. Die ist aus dem Schwärmen ja gar nicht mehr rausgekommen!"
"Dann sag ihm das - und zwar so direkt, wie du es jetzt auch formuliert hast", erwiderte Ethan und legte Lou eine Hand auf die Schulter. "Und du weißt, dass wir im Notfall sofort vorbeikommen." Immerhin war sich Ethan ziemlich sicher, dass er damit auch für Holly und den Idioten sprach. "Und mein Gesprächsangebot steht natürlich auch nach dem Treffen noch."