Lou schien mittlerweile tatsächlich klare Worte zu finden und das wiederum war etwas Gutes, so viel stand für Ethan fest. Auch Alois würde das nicht einfach ignorieren können und vermutlich wäre das auch ungesund für ihn geworden, immerhin schien der Idiot auch weiterhin mit dem Gedanken zu spielen, auf Lous Ex-Freund loszugehen. "Es war ein Fehler, dass ich nicht gekommen bin", räumte Alois mit einem Kopfschütteln ein. "Das weiß ich jetzt. Aber danach... danach habe ich mich nicht getraut, dich anzurufen, weil ich Angst vor deiner Reaktion hatte." Er seufzte und wirkte dabei auf Ethan erstaunlich authentisch. "Aber jetzt, als ich dich hier gesehen habe..." Alois brach ab. "Lou, müssen wir das wirklich hier besprechen? In der Lobby eines Pokémon-Centers mit jeder Menge Zuschauer? Gib mir wenigstens die Chance, dir das alles zu erklären." Ethan war sich nicht sicher, ob Alois schlicht ein begnadeter Schauspieler war oder ob ihm wirklich etwas an Lou lag.
Lou sah Alois eine gefühlte Ewigkeit an. Tatsächlich war sie sich nicht sicher, was das Richtige war. Eigentlich hatte sie geglaubt, dass sie noch deutlich mehr Zeit hatte, bevor sie sich wieder mit Alois auseinandersetzen musste. Das Schlimme war, dass er so... aufrichtig wirkte und gleichzeitig hatte er sich benommen wie immer. „Fein...“, gab das Mädchen letztlich nach. „Es ist nur fair, dass ich dir zuhöre... Das ist aber keine Zustimmung für irgendwas sonst.“ Lou seufzte und rieb sich nochmal über die Augen. Sie wollte das klären, damit es für sie beide eindeutig war. „Wir sollten klären, ob wir überhaupt hier bleiben können...“ Holly war sich nicht sicher, ob Lou sich wirklich alleine mit diesem Kerl treffen sollte, aber wirklich etwas sagen, konnte sie gerade auch nicht. Schon gar nicht, wenn sie aufpassen musste, dass Jakob den Kerl nicht anfiel. Auch wenn Holly das Bedürfnis nachvollziehen konnte.
"Schöne Erklärung", meinte Jakob ein wenig sarkastisch und verschränkte die Arme vor seiner Brust, um zumindest seine Arme davon abzuhalten, in nächster Zeit mit Alois Gesicht Bekanntschaft zu machen. Provokant drehte er sich von Alois ein Stück weg und sprach die anderen beiden an. Dass er laut genug war, dass Alois alles hören konnte, störte ihn nicht. "Erst meldet er sich nicht, aber wenn er Lou wiedersieht, denkt er, er kann sie einfach so wieder zu sich holen. Und dann sagt er, er hat sich nicht getraut. Das stinkt doch vorne und hinten!"
Ethan war sich sehr, sehr sicher, dass er Lous Entscheidung für schlecht hielt. Sie war schon nach dieser einen, kurzen Begegnung mit Alois sichtlich aufgewühlt und hatte Schwierigkeiten damit gehabt, ihm die Stirn zu bieten - und das, obwohl sie nicht allein gewesen war. Wie das funktionieren sollte, wenn sie doch alleine mit ihm war... war Ethan schleierhaft. "Das freut mich wirklich", sagte Alois mit einem Lächeln und ignorierte dabei den Idioten konsequent. "Soweit ich weiß, ist noch was frei, ich war grad hier, um meine Pokémon zu versorgen", fügte er dann hinzu. "Wann und wo sollen wir uns dann treffen? Heute Abend noch oder lieber morgen?" Ethan unterdrückte zunehmend das Bedürfnis, es dem Idioten gleichzutun und Alois doch seine offensichtliche Unverschämtheit vor Augen zu führen. Lou hatte genug Probleme, weil ihre Großmutter vor nicht allzu langer Zeit gestorben und ihre Mutter verschwunden war, in Ethans Augen konnte sie einen Heuchler wie Alois jetzt absolut nicht gebrauchen.
Holly musste zugeben, dass Jakob nicht ganz unrecht hatte. Alois' Erklärung ergab keinen Sinn und waren stellenweise sogar widersprüchlich. "Könnte ein wenig kurzfristig sein. Wir sind grade angekommen und morgen ist wahrscheinlich ein voller Tag", versuchte die junge Farmerin es diplomatisch. Auch sie wollte nicht, dass Lou ging. Das war eine schlechte Idee. "Ich weiß", entgegnete Lou mit einem Seufzen und fuhr sich kurz durch das Haar. "Wenn dann heute. Und in der Nähe vom Center. Und nur Abendessen, sonst nichts." Holly fand, dass Lou ruhig etwas nachdrücklicher sein könnte, aber vermutlich musste sie bereits froh sein, dass ihre Freundin überhaupt ein paar Regeln aufgestellt hatte.
Jakob schnaubte verächtlich. Lou lenkte ein und das gefiel ihm nicht. Es war fast so, als ob er Lou ausnutzte oder unter Druck setzte. Jakob war sich sicher, dass er das mit purer Absicht machte. Eines stand klar, mit seiner möchtegern höflichen Art sammelte er bei Jakob keine Pluspunkte. "Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist", merkte Jakob an. Immerhin ging er davon aus, dass Alois trotzdem versuchen würde, Lou in seine ominöse Ferienwohnung zu entführen. "Ihr könnt doch auch erst einmal Telefonieren und das klären. Nachher."
Einen Moment lang sah Alois zu dem Idioten und Ethan war sich sicher, dass er genervt von ihm war - gut, irgendwie konnte Ethan sogar nachvollziehen, dass der Idiot anstrengend war, aber in diesem Fall hatte er tatsächlich recht. Halb rechnete Ethan sogar damit, dass Alois etwas dazu sagen würde, doch eine Reaktion blieb dann doch aus. "Hier in der Nähe gibt es ein kleines Restaurant, da kann man sich auch in Ruhe unterhalten", schlug er dann an Lou gewandt vor, bevor er einen kurzen Blick auf die Uhr warf. "Sagen wir um acht vor dem Pokémon-Center?"
"Jetzt bestimmt nicht er, sondern du?", fragte Holly an Jakob gewandt nach. Und sie hatte geglaubt, dass sie sich schlecht im Griff hatte, aber offensichtlich hatte Jakob damit deutlich mehr Probleme. Zumindest war sein Verhalten alles andere als hilfreich. "Um acht ist in Ordnung", meinte Lou zu Alois. Sie wollte dieses Gespräch hinter sich haben und wieder ihre Ruhe. Es gab hundert andere Sachen, um die sie sich eher Gedanken machen sollte, aber jetzt musste sie erstmal hinter dieses Kapitel einen Haken setzen. Nicht dass Lou das gerne tat oder auch nur glaubte, dass es einfach werden würde.
Jakob wollte protestieren, wollte irgendetwas tun, um zu verhindern, dass sich die beiden trafen. Aber da Lou bereits zugestimmt hatte, wollte er nichts weiter dagegen sagen. Immerhin hatte Holly recht. Er wollte nicht dasselbe wie Alois machen und Lou etwas aufzwingen. Er hoffte nur inständig, dass die junge Frau wusste, was sie tat.
"Also gut, dann um acht", erwiderte Alois mit einem Lächeln. "Danke, Lou." Ethan sah zu, wie Alois sich abwandte und verschwand. Was, wenn Lou sich doch darauf einlassen würde, es noch einmal mit Alois zu versuchen? In seinen Augen war das alles andere als eine gute Idee. "Bist du dir sicher, dass du mit ihm reden willst?", wandte er sich an Lou.
Holly sah Alois noch hinterher, aber der junge Mann schien wirklich zu verschwinden. "Warum hast du zugesagt? Das ist eine Scheißidee", meinte die junge Farmerin dann sehr direkt. "Es ist bloß dieses eine Gespräch... Er kann sich erklären und damit hat es sich", erwiderte Lou den beiden anderen. "Lou, du bist eben in Tränen ausgebrochen. Wieso glaubst du, dass es nachher besser wird? Er wird versuchen, dich um den Finger zu wickeln oder dich in irgendeine emotionale Zwickmühle bringen oder weiß das Grypheldis was!", entgegnete Holly energisch. "Ich will nicht wieder mit ihm zusammen sein", stellte Lou klar. "Egal, wie es läuft, das wird nicht passieren." "Na dein Wort in Arceus' Ohr", meinte Holly nur resigniert.
Jakob schüttelte den Kopf und schnaubte, die Arme immer noch vor dem Körper verschränkt. "Ganz ehrlich? Vorhin meintest du auch, dass es aus ist und damit basta. Und was ist pasiert? Er hat irgendwie geschafft, dich zu bequatschen! Der lässt nicht locker, garaniert. Auch wenn du nur das eine Gespräch willst, wer weiß wozu er dich noch bequatscht."
Lou sah Jakob an, als wäre ihm ein zweiter Kopf gewachsen. Reichte es nicht, dass Alois ihr gerade das Leben schwer machte, musste Jakob da nun auch noch mitmischen? "Kannst du deine verdammte Eifersucht bitte endlich mal dann ausleben, wenn es mich nicht betrifft?", erwiderte sie dem jungen Mann schließlich. "Oder glaubst du allen Ernstes, dass es hilfreich war, wie du Alois gerade angegangen bist? Ich hab doch nicht damit gerechnet, dass er hier sein würde! Ich will nichts von ihm oder von dir oder von irgendwem! Krieg das endlich mal in deinen Kopf! Und nur weil ich zugestimmt habe, mit Alois zu reden, heißt das nicht, dass ich nachher mit ihm mitgehe und mit ihm ins Bett steige!" Lou atmete schwer und wischte sich über die Augen. Die ganze Situation war schon beschissen, warum musste Jakob sie gerade noch schlimmer machen?
Jakob wurde hoch rot. Zum einen aus Scham, dass Lou seine Eifersucht so offensichtlich bemerkt hatte und ihn jetzt vor den anderen vorführte. Zum anderen war er wütend auf Alois. "Das ... das ist...", fing der Teenager an zu stammeln. "Ich bin nicht...", wollte er ansetzten, aber das war gelogen. Natürlich war er eifersüchtig, das konnte nicht einmal er leugnen. Er schüttelte den Kopf und schnaufte. "Ich... mache mir Sorgen! Sorgen um dich Lou. Ganz egal, mit wem du gehen willst oder nicht gehen willst! Ja, ich bin neidisch! Aber ich bin auch nicht der einzige, der hier ein mieses Gefühl hat", meinte er mit Blick zu Holly, die ja gerade eben noch das Treffen als 'Scheißidee' bezeichnet hatte.
"Okay, das reicht jetzt", unterbrach Ethan letztlich den einsetzenden Streit. "Ich weiß nicht, ob es euch auffällt", fuhr er dann an Holly und den Idioten gewandt fort, "aber ihr macht genau das, was ihr Alois ankreidet. Es ist Lous Angelegenheit, nicht eure. Alois hat Lou angesprochen und nicht umgekehrt und nur weil er uns ignoriert hat, ist das kein Grund, um Lou anzufahren." Er seufzte, weil er den beiden anderen eigentlich zustimmte - und dennoch war er sich ziemlich sicher, dass irgendwelche Vorwürfe niemanden weiterbringen würden. "Kümmert euch doch schonmal um die Zimmer."