"Bestochen?", hakte Cordes nach und Ethan bemerkte, dass sie ihm einen Seitenblick zuwarf. "Johnson hat uns gesagt, dass Rodriguez bestechlich ist - aber eigentlich hat Rodriguez das auch selbst angedeutet", erklärte er, während er sich bei einer besonders schnellen und engen Kurve an den Sitz klammerte. "Ich habe ihm AC-Aktien zu einem... sagen wir sehr günstigen Preis angeboten." "Und ihr habt dafür verlangt, dass er euch nach Montu schickt?", fragte der Chief hörbar skeptisch. "Und dass er unser Freund ist", fügte Ethan hinzu. "Zum einen können wir so einen Gefallen von ihm einfordern und zum anderen haben wir tatsächlich etwas gegen ihn in der Hand." "Überrascht mich nicht", kommentierte Cordes. "Passt zu ihm."
Jakob hielt sich immer noch fest und wollte sogar an ein paar Stellen nach Lou greifen, hielt sich aber für den Moment zurück. "Außerdem sollen wir uns in Montu mit Magniro zusammen tun. Er hat wohl Kontakte zur Polizei und kann uns auch in weiteren Dingen helfen", meinte Jakob. Er wollte auch noch etwas zu der Sache mit Kate und Riccardo sagen, war sich aber nicht sicher, was er davon frei erzählen konnte.
"Magniro ist quasi Plan B. Conchua hat uns zugesagt, sie ihn anruft und ihm Bescheid gibt", fügte Holly zu Jakobs Aussage hinzu. Sie machte einen Moment Pause, weil auch ihr die Autofahrt nicht so sonderlich gut bekam. "Wir haben außerdem Johnson nach kompetenten Leuten gefragt, an die wir uns eventuell wenden können. Da wären wir allerdings für Ergänzungen auch dankbar." "Er hat uns von Captain Watanabe und Captain Baker erzählt", meinte Lou, weil Holly die Namen nicht erwähnt hatte. "Außerdem hat er uns gesagt, dass Chief Harper... seine Ruhe will."
"Mhm", machte Cordes lediglich. Ethan hatte dann doch mit so etwas wie einer... nennenswerten Reaktion gerechnet. Aber die blieb offensichtlich aus. Ganz im Gegensatz zu ihrer Nutzung der Bremse, denn die blieb in etwa so rudimentär wie Cordes' Antwort. "Und was genau habt ihr in Montu jetzt vor?"
Jakob wurde leicht schlecht und er unterdrückte den Reflex, den Kopf zu schütteln. "Wir... wir haben vor, der Spur nach den gestohlenen Karpador weiter nachzugehen", meinte der Teenager dann. "Wir vermuten, dass die Organisation irgendwo eine Anlage in den Bergen hat."
"Das ist auch nicht reine Spekulation unsererseits, Kate geht auch davon aus", bekräftigte Lou Jakobs Aussage. Immerhin wirkte es anders, wenn man die Information zumindest ein wenig untermauern konnte. "Ein weiteres Plus in dieser Angelegenheit ist auch, dass Riccardo ebenfalls nach Montu kommen wird. Allerdings erst in ein paar Tagen", ergänzte Holly. Für den Moment verzichtete sie allerdings darauf, das Gespräch zu erwähnen. Nicht weil es in ihren Augen unwichtig war, sondern weil Holly hoffte, dass irgendwer von den anderen es aufgreifen und besser als sie erklären würde.
"Verstehe", erwiderte Cordes und schien dem nichts mehr hinzufügen zu wollen. Als Stille im Auto eintrat, bemühte sich Ethan vergeblich darum, sich auch nur ansatzweise zu entspannen. Die Fahrweise machte es unmöglich und das Schweigen war außerdem äußerst unangenehm. Er hoffte, dass irgendwer auf die Idee kommen würde, so etwas wie Smalltalk zu halten, aber er selbst war definitiv zu müde für irgendwelche sinnvollen Gesprächsthemen.
Jakob lehnte den Kopf zurück und starrte die Decke des Autos an. Cordes war unglaublich anstrengend, er hoffte einfach, dass sie damit beschäftigt war, zu fahren. Zumindest gab ihm das ein wenig mehr Sicherheit. "Und Holly... Holly hat von Conchua ein Toxiped geschenkt bekommen. Es... es ist shiny."
Holly sah sichtlich irritiert zu Jakob. Sie verstand nicht, wieso es ihm ausgerechnet jetzt einfiel, von ihrem Toxiped zu erzählen. "Du weißt, dass mich die Farbe der Kleinen in etwa so sehr interessiert wie Tatsache, dass in Johto ein Sack Reis umgefallen ist", meinte die junge Farmerin dann. "Das macht es nicht weniger besonders", erwiderte Lou zurückhaltend. Immerhin hatte sich Jakob Mühe gegeben, die Stille zu durchbrechen.
"Beeindruckend", merkte Cordes voller unverkennbarer Ironie an. "Wenn wir schon bei Banalitäten sind - ich habe auf dem Weg durch die Berge fast ein Rudeln Hunduster überfahren, die ein wildes Bisofank über die Straße gejagt haben. Selten, dass die sich so eine große Beute suchen." Ethan seufzte. Dieser Smalltalk änderte nichts an der unterkülten Stimmung und je länger die Fahrt dauerte, desto größer wurde sein Bedürfnis, Cordes vom Fahrersitz zu zerren und selbst zu fahren.
Jakob wirkte einen Moment lang irritiert und sah zu Cordes. "Das ist tatsächlich ungewöhnlich", meinte er. "Normalerweise reicht die Größe eines solchen Pokémon, um andere abzuschrecken."
"Lieber Banalitäten als schlechte Nachrichten, oder?", versuchte Lou tatsächlich keinen kleinen Vorstoß. Das Mädchen war sich nicht sicher, ob Cordes nun wie immer war oder ob sie nicht doch etwas beschäftigte. Lou vermutete Letzteres, auch wenn sie eigentlich keinen Anhaltspunkt dafür hatte. Hinzu kam, dass die Geschichte über die Hunduster Lou unangenehm an das Treffen mit dem Rudel aus Litora erinnerte. Auch heute war sie noch froh, dass Ethan dagewesen war und einen kühlen Kopf behalten hatte. Holly selbst seufzte kurz. Sie verspürte eigentlich wenig Lust, über Pokémon zu reden. "Wahrscheinlich waren sie einfach hungrig", meinte sie schlicht. "Was mich eher interessiert... Wie sieht es in Inito aus? Alles ruhig?" Da Holly nach dem Streit mit ihrem Vater, sich nicht wirklich nach dem aktuellen Stand der Dinge erkundigen konnte, was Cordes gerade tatsächlich die einzige Quelle.
"Wohl eher ausgehungert", korrigierte Cordes und hupte kurze Zeit später sehr, sehr eindringlich, als vor ihnen ein langsamer fahrendes Auto auftauchte. Dieses fuhr daraufhin besonders weit rechts und auf einem der wenigen geraden Stücke gab Cordes Gas, um das Auto zu überholen. Ethan hoffte derweil nur noch, dass er diese Autofahrt irgendwie überleben würde. "In Inito ist alles ruhig", fügte Cordes dann hinzu.
Jakob hielt bei dem gewagten Überholmanöver der Polizistin den Atem an und atmete scharf ein, als sie es abgeschlossen hatte. "Das... das klingt nicht gut. Hoffentlich überfallen sie keine Menschen."
"Bei Arceus...", entwich es Lou leise, während Cordes gerade den anderen Wagen überholte. Auch Holly musste schlucken und hielt sich unwillkürlich an dem Haltegriff auf ihrer Seite fest. "Wenigstens etwas", antwortete die junge Farmerin, nachdem die Polizistin zumindest wieder etwas langsamer fuhr. "Ich hätte da mal noch eine andere Frage...", meldete sich Lou wieder vorsichtig zu Wort. "Weil Sie ja gesagt haben, dass sie immer alle Infos wollen und so... Kate und Riccardo haben miteinander geredet, wenn man es so nennen will. Es ist ziemlich seltsam gewesen und ich bin mir nicht sicher, ob das irgendwer von uns gut erklären kann... Sollen wir es trotzdem versuchen oder sollen wir damit warten, bis wir mehr wissen?"