Ethan: Als er vor dem Arbeitszimmer seines Vaters stehen blieb, atmete Ethan tief durch. Es gab keinen anderen Weg. Entschieden klopfte er an die Tür. "Ja", ertönte die hörbar unzufriedene Rückmeldung. Mit einem doch eher unguten Gefühl öffnete Ethan die Tür, ignorierte den halb prüfenden, halb missbilligenden Blick seines Vaters und betrat dessen Arbeitszimmer. Erst nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte, ergriff sein Vater das Wort. "Hat man sich dazu bequemt, wieder hier aufzutauchen?" Ethans Vater schnaubte. "Was hat es mit dieser Kleidung auf sich?" "Sie ist nicht voller Blut", antwortete Ethan, der es für klüger hielt, die vorangegangene Provokation zu ignorieren. "Du siehst nicht verletzt aus", kommentierte sein Vater. "Wie kommt es, dass du einen gesamten Tag lang weg bist und es zwischendurch schaffst, deine Kleidung mit Blut zu verschönern, obwohl ich dich lediglich geschickt habe, um die Sache mit den Flugblättern zu klären?" "Das ist eine lange Geschichte." Ethans Vater klappte sichtlich herausfordernd und eindeutig missbilligend seinen Laptop zu. "Ich habe Zeit."
"Wäre auch zu einfach gewesen", meinte Lou mit einem Seufzen. "Dann werd ich wohl zum Pokemon-Center gehen müssen." Sie hoffte, dass ihr die Literatur dort weiterhelfen konnte, so genau wusste sie das nicht. "Ich will mit Caleb trainieren", antwortete sie Jakob auf seine Frage hin. "Ich will in einem Lexikon nachschlagen, was Sesokitz so lernen und generell können. Ich bin kein großer Fan von Kämpfen, aber irgendwas muss ich mit Caleb machen, damit er ausgelastet ist. Ich hab überlegt, ob ich eher Wettbewerbstraining machen soll... Wenn schon kämpfen, dann wirklich so, dass nichts passiert." Sie hob abermals die Schultern. "Trotzdem danke. Ich werd mich dann vermutlich direkt auf den Weg machen", beschloss das Mädchen.
[align=left]Louisa wollte also kämpfen mit Caleb trainieren und sich erst einmal informieren. Das war eine gute Idee, das müsste er mit Pachira dann auch bald machen. Er wusste nur, dass sie in absehbarer Zeit Glut erlernen musste. Und dass sie später den Kampf-Typ dazubekommen würde. "Ja, das ist keine schlechte Idee. Aber ich muss dann auch los, noch einige Sachen vorbereiten. Später werd ich warscheinlich auch nochmal ins Center kommen. Und wenn du jemanden zum Trainieren brauchst, wir können gerne zusammen mal üben." [/align]
Ethan: "Die Polizei sucht Freiwillige, weil sie kein Personal haben", erwiderte Ethan und entschied sich dazu, seinem Vater später zu sagen, was er davon hielt. Er würde ihm ohnehin nicht zuhören, bevor er nicht den Grund für die Verspätung kannte. "Ich habe beschlossen, mir anzusehen, was genau die Polizei mit den Freiwilligen vorhatte - es waren nicht sonderlich viele. Zwei, um genau zu sein." Er schüttelte kurz den Kopf. "Es gab einen Einbruch in das Labor in Inito und die Verbrecher scheinen in einem Zusammenhang zu denen in Grital City zu stehen. Ich vermute, dass ich dir nicht von dem dortigen Überfall erzählen muss." "Richtig." "Die Einbrecher schienen in Richtung Hafen geflohen zu sein, also sollten die Freiwilligen dorthin gehen, um sich umzusehen. Ich bin mitgegangen." Er biss die Zähne aufeinander, dann fuhr er fort. "Wir haben ein Lagerhaus gefunden, in dem sich ein versteckter Keller befand. Man hat uns entdeckt und wollte Lösegeld für mich verlangen. Der Freiwillige, mit dem ich dort war, hat sich mit dem Wachmann angelegt. Es kam zu einem Kampf, Bonaparte wurde verletzt." "Daher das Blut", schlussfolgerte sein Vater. "Danach war ich im Pokémon-Center." "Und das hat derartig lange gedauert?" Ethan ahnte, was kommen würde, wenn er weitersprach, aber es hatte keinen Zweck, es zu verheimlichen. "Es war keine leichte Verletzung." "Hat das Plinfa es überstanden?" "Ja", antwortete Ethan vage. "Also warst du bis eben im Pokémon-Center." "Nein, ich war noch bei der Polizei, weil man dort die Aussagen aufnehmen wollte." "Ich hoffe, du hast wenigstens die Angelegenheit mit den Flugblättern geklärt", merkte sein Vater an.
"Ja, mal gucken", erwiderte Lou auf Jakobs Angebot hin. Sie war sich nicht sicher, ob er verstanden hatte, was sie mit Wettbewerbstraining gemeint hatte. Sie war sich nämlich ziemlich sicher, dass das anders aussah als das für gewöhnliche Kämpfe. "Naja, man sieht sich. Spätestens wenn es nach Litora geht, nehm ich an", meinte das Mädchen und nickte Jakob dann zum Abschied zu. Dieses Gespräch war irgendwie seltsam gewesen, jedenfalls ihrer Empfindung nach.
[align=left]"Bis dann!", antwortete Jakob ihr noch und ging dann auch wieder. Das Gespräch hatte besser funktioniert, als er gedacht hatte. Louisa schien es ernsthaft in Betracht zu ziehen, mit ihm zu üben. Jakob wunderte sich allerdings, wie genau so ein Wettbewerbsübungskampf wohl aussehen würde. Aber mit Sicherheit konnten Siggi und Pachira das hinkriegen. Nachdem er eine Weile lang in Richtung der Wohung seiner Eltern gegangen war, änderte er wieder die Richtung und machte sich auf den Weg zum Hafen. Jakob war neugierig, was ihn dort erwarten würde. [/align]
Ethan: "Die Angelegenheit mit den Flugblättern?", wiederholte Ethan. "Wenn du mich fragst, ist es das geringste Problem, dass die Polizei Geld für Flugblätter ausgibt." "Ich habe dich allerdings nicht gefragt", korrigierte ihn sein Vater. "Die Polizei hat nicht einmal genug Personal, um irgendwelche Kleinkriminellen unter Kontrolle zu bekommen", entgegnete Ethan dennoch. "Geschweige denn eine Organisation, die ein Lagerhaus mit einem Keller nach Litora besitzt und in Grital auf offener Straße Leute ermordet." "Ich will lediglich wissen, ob du ihnen klar gemacht hast, dass sie Ausgaben mit der AC absprechen müssen." Einen Moment lang starrte Ethan seinen Vater an. Natürlich hatte er genau diese Reaktion erwartet, natürlich war er davon ausgegangen, dass es seinen Vater nicht interessieren würde, aber dieses Ausmaß an Gleichgültigkeit war nahezu erschrecken. "Nein." "Nein?" "Ich habe beschlossen, mich freiwillig zu melden." "Bitte was?", hakte sein Vater nach. "Ist das dein Ernst?" "Ich bin der Überzeugung, dass die Polizei mehr finanzielle Mittel braucht", antwortete Ethan und atmete kurz durch, bevor er weiter sprach. "Ich weiß, dass dir das egal ist, weil du eigene Wachleute hast. Aber darum geht es nicht. Die Polizei ist ein zugegebenermaßen teures Prestige-Projekt der AC. Es ist eine Investition, um den Ruf zu stärken und die Polizei unter Kontrolle zu haben. Wenn die Polizei allerdings versagt und die Öffentlichkeit bemerkt, dass die Polizei nicht funktioniert, wird das nicht zum Ruf der AC beitragen. Im Gegenteil. Natürlich ist noch nicht absehbar, ob diese Organisation die Polizei auch öffentlich und vor allem dauerhaft an ihre Grenzen bringt, aber ich gehe davon aus. Und wenn das der Fall ist, wird die AC nicht darum herum kommen, der Polizei größere Summen zur Verfügung zu stellen." "Und du hältst dich für geeignet, um das herauszufinden?" "Ich kann mir nicht vorstellen, dass du das übernehmen möchtest, Vater." Sein Vater lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und musterte ihn einige Augenblicke lang. Ethan sah noch immer eindeutige Missbilligung und Unzufriedenheit, aber das war er gewohnt, es war nichts Neues. "Und was sollen die Freiwilligen tun?", fragte sein Vater schließlich. "Vermutlich in absebarer Zeit nach Litora City aufbrechen." Ethan zwang sich dazu, dem bohrenden Blick seines Vaters standzuhalten. "Auf diese Weise sehe ich mehr als nur die Kleinstadtpolizei aus Inito." "Weshalb sollt eich deiner Einschätzung vertrauen?" "Wenn du ihr nicht vertraust, solltest du dich fragen, ob das Geld, das du während der letzten neunzehn Jahre investiert hast, nicht verschwendet war." Sein Vater schnaubte. "Na schön", willigte er schließlich ein. "Aber erwarte nicht, dass ich dich per Helikopter nach Litora schicke." Ein kühles Lächeln trat auf das Gesicht seines Vaters. "Wenn du erst einmal zu Fuß unterwegs warst, lernst du vielleicht zu schätzen, was wir für dich tun. Wann brichst du auf?" "Ich nehme an, innerhalb der nächsten Tage." "Bis dahin wirst du deinen Studenplan einhalten." Sein Vater sah auf die Uhr. "In zwei Stunden beginnt der Kampfunterricht." "Ich fürchte, den wird es heute nicht geben", räumte Ethan ein. "Zeig mir das Plinfa." Ethan wusste, dass es keinen Zweck hatte, sich einer direkten Anweisung zu widersetzen, sodass er den Luxusball hob und Bonaparte rief. Das Pokémon konnte sich kaum auf den Beinen halten und die Verbände verdeutlichten den Zustand. "Konnten sie das Auge retten?", fragte Ethans Vater mit einem Nicken zu dem Verband. "Nein." "Was willst du mit einem Pokémon, dass vermutlich nie wieder kämpfen kann? Und abgesehen davon - es kann nicht einmal mehr richtig sehen, ganz zu schweigen davon, wie es aussehen wird." "Das ist mir egal", entgegnete Ethan. "Ich werde Bonaparte nicht einfach weggeben." "Sentimentaler Schwachsinn", kommentierte sein Vater und klappte den Laptop auf. "Kampfunterricht in zwei Stunden. Ich habe genug Zeit mit Diskussionen verschwendet." Ethan rief Bonaparte zurück, steckte den Luxusball weg und verließ abrupt und vor allem wütend das Arbeitszimmer.
[align=left]Jakob wusste ja bereits, wo das Lagerhaus von Gestern sich befand, die Querstraße davon zu finden war auch nicht schwer. Er schlenderte eine Weile durch die Gasse, bevor er die Ruine des ehemals blauen Lagerhauses fand. Es befand sich tatsächlich in einem fürchterlichen Zustand musste Jakob zugeben, allerdings nichts so ernstes, dass er es nicht betreten würde. Die Gefahr, auf wilde Pokémon zu treffen, schätzte Jakob als recht gering ein, schließlich hatte dort jemand etwas für ihn abgelegt, aber er blieb dennoch wachsam. Er umrundete die Lagerhalle und suchte nach einer Möglichkeit, in das Gebäude zu kommen. [/align]
Der Weg zum Pokemon-Center kam Lou dieses Mal länger vor, aber das lag vermutlich daran, dass sie dieses Mal zu Fuß unterwegs war. Das Mädchen ließ Caleb wieder aus seinem Ball und während das Sesokitz neben ihr herlief, erzählte Lou ihm von dem seltsamen Gespräch mit Jakob. Sie vermutete, dass der junge Mann versucht hatte, besonders nett zu sein, nachdem er seinen ersten Eindruck doch ziemlich versaut hatte. Allerdings hatte diese Aktion es nicht besser gemacht. Im Pokemon-Center selber konnte man ihr in sofern weiterhelfen, als dass es dort ein Lexikon gab. Im Absatz über Sesokitz stand natürlich drin, dass diese ihre Fellfarbe abhängig von der Jahreszeit wechselten, aber das wusste Lou bereits. Neu für sie war die Information, dass Caleb vermutlich eine Attacke namens Tarnung beherrschte, die es ihm ermöglichte, sich für einen gewissen Zeitraum besser an die Umgebung anzupassen, was wiederum Auswirkungen auf die Effektivität der Typen hatte. Außerdem war es gut möglich, dass er bald Egelsamen lernte, denn laut Lexikon lernten Sesokitz diese Attacke recht zeitnah nach Doppelkick. Alles in allem hatte sich dieser kleine Abstecher gelohnt. Lou hatte jedenfalls das Gefühl, dass sie einiges gelernt hatte und das war für ihre Pläne wohl ein guter Anfang.
Jakob: Die Lagerhalle wirkt ein der Tat reichlich heruntergekommen und vor allem auf den ersten Blick absolut ungenutzt. Eigentlich auch auf den zweiten Blick. Es gab zwar eine Tür, doch die hing recht schief in den Angeln und machte nicht den Eindruck, wirklich ein Schutz zu sein. Eine Spur von wilden Pokémon gab es nicht. Dafür wirkte die Lagerhalle bei genaurem Hinsehen zwar heruntergekommen und wies einigen Metallschrott auf, aber jeglicher Müll schien zu fehlen und das wiederum ließ darauf schließen, dass es unter Umständen öfter für derartige Zwecke genutzt wurde.
[align=left]Jakob näherte sich der Tür. Wenn die Lagerhalle wirklich öfters so genutzt wurde, waren hier keine wilden Pokémon. Jakob wollte sich zwar am Anfang mit diesen Typen nicht einlassen, aber wenn der Courtenay doch noch einmal wollte, dass er Kontakt aufnahm, sollte er bis dahin wenigstens den Schein wahren. Und lohnen sollte es sich für ihn auch. Mittlerweile bezweifelte er, dass er viel Geld vom Courtenay sehen würde. Jakob wartete einen Moment ab und stellte sicher, dass niemand direkt mitbekam, dass er in das Lagerhaus ging. Die Tür stellte kein Hindernis dar und erstaunlicherweise fiel diese auch nicht aus den Angeln. Jakob betrat das Haus, schloss die Tür wieder hinter sich und sah sich in dem Raum um. [/align]
Jakob: Der Raum wirkte recht unauffällig. Er war zwar nicht unbedingt sauber oder aufgeräumt, aber zumindest stank er auch nicht. Abgesehen davon war ein leises Surren zu hören, das auf die Anwesenheit einer Überwachungskamera schließen ließ. Diese war allerdings nicht auszumachen. Der einzige Ort innerhalb des Raumes, der auch nur ansatzweise nach einem Depot für irgendetwas aussah, war eine ramponiert wirkende Holzkiste mit einem ebenso mitgenommenen Deckel, die in einer der Ecken stand und halb hinter einigen Metallstangen und anderem Schrott verborgen war.
[align=left]Jakob nahm das Surren einer Überwachungskamera wahr. Er dachte sich, dass das sogar beabsichtigt war, dass man sie wahrnahm, aber nicht finden konnte. Immerhin wusste er, dass diese Typen in dem anderen Lagerhaus geräuschlose Varianten verwendeten. Außerdem konnten sie so feststellen, wer hier war und sich eventuell etwas genommen hatte. Damit es auch bei den Übergaben, die wohl hier stattfanden, im Nachhinein nicht zu Streitigkeiten kam. Jakob nahm auch an, dass eine unbefugte Person, die sich hier bediente, wohl sehr schnell Ärger bekam. Ob man sich dadurch vor Fremden absicherte oder von Leuten, mit denen diese Typen sonst Gespräche machten, war Jakob egal. Die gruselige Frau am Telefon hatte seine Identität sowieso herausgefunden, also was juckte es ihn, dass sie ihn noch auf Video aufnahmen. Jakob ging zu der Kiste. Er brauchte einen Moment, um sie vom Müll zu befreien und er versuchte, dabei möglichst keinen Krach zu machen. Danach öffnete er sie vorsichtig und schaute neugierig hinein. [/align]
Jakob: Die Kiste ließ sich problemlos öffnen und in ihrem Inneren befand sich ein zugegebenermaßen unscheinbarer Umschlag. Nichts weiter. Weder eine Falle noch sonst etwas. Lediglich das Surren der Überwachungskamera erinnerte daran, dass es sich um keinen gewöhnlichen Umschlag handeln konnte.
[align=left]Jakobs Hände zitterten ein wenig, als er den Umschlag in die Hand nahm. Er fühlte sich schwer genug an, dass sich in ihm kein einfacher Brief befinden konnte. Jakob steckte den Umschlag in eine seiner Taschen, schloss dann wieder die Kiste und platzierte den Müll wieder so, dass es nicht so aussah, als wäre die Kiste in letzter Zeit geöffnet worden. Er drehte sich in den Raum und lächelte einmal vage in die Richtung, in der er die Kamera vermutete. Erst dann nahm er den Umschlag zur Hand und riskierte einen Blick hinein. [/align]