Kate warf dem Idioten einen kühlen Blick zu und schien kurz zu überlegen, ob sie auf dessen doch recht direkte Nachfrage überhaupt etwas erwidern wollte. "Ich habe sie bereits gelockert, ansonsten würde der Tunnel noch stehen", wandte sie sich dann an Lou, um anschließend den Kopf zu schütteln. "Mehr kann ich nicht tun, alles andere wäre viel zu riskant." Sie seufzte und wirkte zumindest einen Augenblick lang eher betrübt als frustriert. Allerdings kehrte ihre Unzufriedenheit erstaunlich schnell auf ihr Gesicht zurück. "Und Riccardo weiß das ganz genau." "Trotzdem hat er das Ganze erwähnt und uns indirekt vorgeschlagen mit dir zu reden", warf Ethan ein, aber Kates düsterer Blick sagte ihm, dass das nicht der beste Einwand gewesen war. "Ja", erwiderte Kate derweil. "Ohne seinen Kommentar wäre mir dieses Gespräch erspart geblieben."
Lous Stirn legte sich für einen Moment in Falten. Sie war sich nicht hundertprozentig sicher, woran sie das festmachte, aber Kate hatte etwas an sich, was das Mädchen an der kalten Fassade des Champions zweifeln ließ. Es war nur ganz kurz da gewesen, aber Lou war überzeugt, dass sie sich das nicht eingebildet hatte. "Wir sind nicht hier, um mit dir für ihn zu verhandeln", erwiderte Lou auf Kates letzte Bemerkung. Das Mädchen nahm ohnehin an, dass Riccardo vermutlich sehr viel besser mit Kate verhandeln konnte als sie. "Wir sind hier, weil wir im Grunde irgendwo das Gleiche wollen wie du: Das schützen, was uns wichtig ist. Du hast es gerade gesagt, als du bemerkt hast, dass es zu riskant ist. Vielleicht hast du recht, vielleicht auch nicht, ich geb offen zu, dass ich es nicht weiß und darum ist eine Diskussion in der Hinsicht vermutlich ziemlich sinnlos. Aber du hast auch gezeigt, dass es dir nicht egal ist. Immerhin hast du uns die Dokumente für die Polizei zukommen lassen, du hast uns dein Nachtara mitgegeben und du hast bei dem verdammten Tunnel nachgegeben", schilderte Lou ihre Ansicht und hoffte wirklich, wirklich sehr, dass sie Kate erreichte. Wenn dem nicht so war, dann hatten sie definitiv ein Problem. "Vielleicht steht uns gar nicht zu, dich um irgendetwas zu bitten und ich hoffe, du siehst uns das nach, aber wir brauchen jede Hilfe, die wir kriegen können. Und wir konnten nur schlecht warten und hoffen, dass du dich meldest. Das wäre schließlich der Beweis gewesen, dass wir es nicht ernst meinen, oder?"
Jakob verzog kurz das Gesicht. Kate wollte immer noch nicht mit ihnen reden. Umso neugieriger war der Teenager, was diese mysteriöse Abmachung anging. Immerhin musste er zugeben, dass Lou sehr diplomatisch auftrat. Diplomatischer als er es je gekonnt hatte. Er erwischte sich kurz, wie er lächelte, als er zu Lou sah. Er bewunderte sie schon dafür, wie gut sie reden konnte. "Und ich denke, wir brauchen dich als Verbündete", schloss Jakob an Lous Ausführung an. "Du hast ja schon gezeigt, dass es dir nicht egal ist, was passiert. Es ist eher sehr... seltsam, dass du dich auf einmal so kalt zeigst." Jakob schenkte ihr ein kurzes Lächeln. Ja, es kam ihm und den anderen schon seltsam vor, allerdings erinnerte er sich an das Telefonat. Sarah war der Meinung, die Organisation hätte vor Kate nichts zu befürchten. Aber warum nur? Jakob fragte sich, ob die Organisation doch irgendwie mit Kate in Verbindung stand. Immerhin kannten sie ja auch ihre wahre Identität.
Kate schwieg einen Moment lang, dann schüttelte sie langsam den Kopf. "Ich kann euch nicht helfen", sagte sie letztlich. "Und am sichersten wäre es, wenn ich euch keinerlei Informationen mehr geben würde." Sie sah kurz zu Boden und das war eine Geste, die in Ethans Augen nicht zu ihr passte. "Die Sache mit dem Tunnel war einmalig, ich werde Riccardo nicht noch einmal um etwas Derartiges bitten." Letztlich sah sie wieder in die Runde und atmete hörbar aus. "Solltet ihr allerdings zufällig in Montu sein, wäre es wohl nicht die schlechteste Idee, Magniro einen Besuch abzustatten."
Lou war sich nicht sicher, was sie von Kates Antwort halten sollte. Dass der Champion etwas verbarg, war offensichtlich. Aber was es auch war, es war Kate ungeheuer wichtig. So wichtig, dass sie die anderen wirklich schlimmen Dinge in Kauf nahm. Und es hatte auch den Anschein, als ob sie sich deswegen mit Riccardozerstritten. Lou gewann außerdem den Eindruck, dass Kate mit der Gesamtsituation definitiv nicht zufrieden war. Wahrscheinlich war es sogar besser, wenn man in dem Kontext von unglücklich sprach. "Trotzdem Danke", kam es zu Lous Überraschung von Holly. Ihre Begleiterin wirkte etwas angefressen, trotzdem hatte die Aussage aufrichtig geklungen. "Du scheinst in sowas wie einer Zwickmühle zu stecken und trotzdem gibst du uns noch einen Hinweis. Das ist echt nett von dir. Und außerdem darf man nicht vergessen, dass dadurch, dass du nachgegeben hast, jemand gerettet werden konnte. Das darf man nicht außer acht lassen." "Das stimmt", pflichtete Lou Holly bei. Nachdem Kate eben so niedergeschlagen ausgesehen hatte, musste auch Holly aufgegangen sein, dass Kate einige Probleme hatte. "Gibt es... gibt es irgendwas, worauf wir Magniro ansprechen sollen?"
Jakob hob erstaunt eine Augenbraue. Es schien so, als würde Kate ihnen doch helfen. Allerdings sehr indirekt. Wenn er sich vorstellte, dass die Organisation sie mit irgendetwas erpresste, vielleicht sogar mit ihrem Nachnamen, konnte er allerdings verstehen, dass sie sehr zögerlich war. Auf die Kommentare der beiden Frauen nickte er dann schließlich. Er verstand, in welcher Lage sich der Champion befinden musste und er hatte doch wieder Sympathie für sein Idol. "Oder gibt es in Montu noch andere Leute, an die man sich wenden kann?", fragte er schließlich.
"Grüß ihn von mir", erwiderte Kate an Lou gewandt. "Der rest sollte sich erübrigen." Sie schnaubte und warf dem Idioten einen kurzen Blick zu. "Und eine derartige Anmerkung meinerseits sollte genügen." "Sie ist mit Sicherheit hilfreich", merkte Ethan an, bevor er kurz den Kopf schüttelte. "Aber selbst wenn wir dadurch neue Informationen erhalten, können wir nichts ausrichten" "Was willst du mir damit sagen?", hakte Kate nach. "Was bringen uns neue Informationen, wenn wir nichts tun können? Magniro wird genauso wenig etwas unternehmen können wie Conchua, er ist schließlich auch Arenaleiter", erklärte Ethan. "Also was sollen wir mit Informationen?" "An die Polizei weitergeben", sagte Kate, klang aber nur mäßig überzeugt. "Die hat nicht genug Personal - wenn sie bis dahin überhaupt noch existiert", wandte Ethan ein. "Ich kann nicht mehr für euch tun", war alles, was er von Kate als Antwort erhielt. Unzufrieden lehnte sich Ethan auf seinem Sofa zurück. "Warum?", fragte er dann. "Weil die Leute zu viel über dich wissen?" Er erntete einen mahnenden Blick von Kate.
Lou verkniff sich die Bemerkung, dass sie einiges tun würde, wenn sie dafür mit Magniro reden durfte. Allein die Vorstellung, ihn überhaupt zu treffen, war einfach nur der Wahnsinn. Jedenfalls in ihren Augen. Im Augenblick war Lou allerdings eher darüber überrascht, dass Ethan Kate gegenüber recht direkt wurde. Es war eine gewagte Strategie, aber Lou erkannte, warum der junge Mann das tat. Es ging um das Problem, das er selber angesprochen hatte. Selbst mit irgendwelchen Informationen konnten sie nicht viel ausrichten. "Ethan hat insofern recht, als dass die Polizei im Moment leider keine Lösung ist. Eine Alternative ist irgendwie... unvermeidbar", stimmte Lou Ethan letztlich zu. Ohne einen richtigen Anlaufpunkt, würde alles früher oder später im Sand verlaufen.
Holly:
"Und nichts für ungut, aber dein Blick hat gerade Bände gesprochen", fügte Holly noch hinzu. "Ich für meinen Teil wäre eher erstaunt, wenn die nichts hätten. Immerhin waren die bisher immer verdammt gut informiert und organisiert. Aber was es auch ist, im Endeffekt ist es deshalb vermutlich verständlich, wenn du dich zurückhältst." Das stimmte sogar. Holly musste nur an ihr Zuhause denken und wie wenig sie wollte, dass ihrer Familie etwas zustieß. Sie hatte keine Ahnung, was das für Kate im Detail bedeutete, aber es musste enorm sein. Immerhin war sie schließlich Liga-Champ und die Tochter von Arkwright.
Jakob schüttelte kurz den Kopf. Kate unter Druck zu setzen war auf jeden Fall gewagt. Kurz blickte er zu Ethan. Noch würde er seine Karten nicht auf den Tisch legen, wer wusste, wie Kate reagieren würde, wenn er direkter werden würde, was seine Vermutungen anging? Allerdings hatte er noch ein anderes Argument, was er selbst ziemlich gut fand. "Wir sollen also zur Polizei gehen. Und was dann? Dann verschwindet der nächste gute Polizist, wie Johnson, von der Bildfläche?" Er schüttelte kurz den Kopf. "Ich bin mir sicher, dass wir nur Glück hatten, Johnson zu retten. So wie es aussah, hatten diese Leute sowieso vor, sich ihn zu schnappen. Komischerweise hatten wir ihm kurz vorher Informationen zugeschoben. Ich bin mir sicher, die haben Leute in der Polizei und solange es Leute wie den Chief von Litora gibt, der wundersamerweise dem Attentat entkommen ist, können wir nicht ausschließen, dass die, die noch etwas bewirken wollen, das überhaupt können." Er schüttelte den Kopf. "So traurig es klingt, aber die Polizei als Ganzes wird uns nicht helfen können. Und einzelne Leute wie Johnson bringen wir nur in Gefahr."
"Wie ich bereits sagte", antwortete Kate kühl, "kann ich nicht mehr für euch tun. Ich kann mich nur wiederholen. Ich selbst werde mich nicht mit diesen Leuten befassen und genauso wenig werde ich Riccardo darauf ansetzen." Ihr Blick richtete sich auf Ethan. "Und wir", wandte sie sich schneidend an ihn, "sollten uns noch einmal unterhalten." Ethan hielt ihrem Blick stand und schnaubte. "Alleine, nehme ich an", kommentierte er dann.
Lou sah besorgt zwischen Ethan und Kate hin und her. Sie hielt das für keine gute Idee, denn wer konnte schon sagen, was Kate tun würde, wenn sie wirklich das Gefühl hatte, dass Ethan nicht vertrauenswürdig war? Gut, er hatte ihnen gesagt, dass Kates Vater Arkwright persönlich war, aber er hatte es nicht getan, um sie erpressen zu können. Es ging um viel mehr und das hatte dieses Gespräch eigentlich gezeigt. Das Problem war, dass Kate Ethan als Bedrohung zu sehen schien.
Holly:
Holly war nur wenig von Kates Stimmungsumschwung begeistert. Immerhin hatten sie alle versucht, verständnisvoll zu sein und brauchbare Argumente anzubringen. Und nun blockte sie einfach ab, als ob sie das alles nichts anging! "Du willst dich nur wiederholen", erwiderte die junge Farmerin. Wenn dem nicht so wäre, würde Kate die restlichen Aussagen nicht einfach unter den Tisch fallen lassen. Allerdings sah Holly dann zu Ethan, statt diesen Sachverhalt weiter zu kommentieren. "Im Ernst? 'Noch einmal'? Wozu? Klingt doch auch nur nach einer Wiederholung", meinte die junge Farmerin schnaubend.
Jakob sah zu Kate. Zu gerne hätte er ihr gesagt, dass er über die Organisation wusste, wer sie war. Zumindest nahm er an, dass es darum ging und darum, dass Kate Ethan bedrohte. Er schluckte einmal. Kate war nun gar nicht mehr die, die er als Vorbild sah. Sie schaffte es, ihn in diesem Gespräch hin und her zu reißen. "Lass Ethan in Ruhe! Er hat dir doch gar nichts getan!", platze es aus Jakob heraus. "Das Problem sind doch nicht wir, zumindest nicht dein Problem! Diese Typen... diese... diese Organisation! Das ist das wahre Problem. Die haben Spitzel überall und sammeln Infos ohne Ende. Würde mich nicht überraschen, wenn die auch einiges über dich wissen." Er sah Kate an und schnaubte. Eigentlich wusste er es sehr genau. "Und wir... wir werden daran scheitern, dass jeder... du, Riccardo und die letzten kompetenten Polizisten ihr eigenes Süppchen kochen, ihren eigenen Kampf kämpfen und kein Floink sich mit dem anderen unterhält!" Es war schon sehr traurig, dass er fast mehr über die ganze Situation von der Organisation wusste als von Kate.
Ethan war sich sehr sicher, dass dieser Einwurf des Idioten eine ungemein schlechte Idee gewesen war. Er hätte an Kates Stelle in jedem Fall nicht positiv darauf reagiert - im Gegenteil. Tatsächlich wirkte Kate allerdings für den Moment lediglich reserviert und schien nicht wütend oder laut werden zu wollen. "Ich habe euch gesagt, an wen ihr euch wenden müsst", merkte sie an und stand auf. "Damit ist dieses Gespräch für mich beendet." Ohne einen Kommentar abzuwarten, wandte sie sich ab und durchquerte den Raum. Ethan hielt es für eine schlechte Idee, sie zurückzuhalten.
Jakob stand auf und sah Kate hinterher. Eigentlich hatte er sich nur etwas Luft verschaffen und Kate zur Vernunft bringen wollen, aber anscheinend hatte das nicht funktioniert. "Warte! Du willst das echt so im Raum stehenlassen und abhauen?" Jakob schüttelte den Kopf. Er konnte nicht verstehen, warum Kate so handelte. War sie doch wütend? Hatte sie Angst vor irgendetwas? Er verstand sie einfach nicht. Er wusste nicht, wie er sie doch noch zum Bleiben überreden konnte. Ohne auf die anderen zu warten, ging er ihr hinterher. Er musste sie einfach aufhalten!
Holly war über Jakobs Ausbruch definitiv überrascht gewesen. Sie hätte nicht erwartet, dass der junge Mann sein großes Idol so anfahren würde. Allerdings musste die junge Farmerin Jakob durchaus zustimmen. "Jakob, lass es gut sein. Das hat doch keinen Zweck", ergriff Holly schließlich das Wort. Immerhin hatte Kate gerade mehrmals gesagt, dass sie nicht mehr tun wollte. Für den Moment war das wohl wirklich alles, was sie von dem Champion erwarten konnten. "Es ist doch völlig egal, was für Argumente wir bringen und offensichtlich ist es auch völlig egal, dass du gerade recht hast. Sie will es nicht hören." Holly schnaubte und schüttelte anschließend den Kopf.
Lou:
Lou sah verunsichert zwischen den anderen hin und her. Sie war irritiert, dass die Situation so eskaliert war. Das war so definitiv nicht gedacht gewesen. "Wir sollten alle einmal durchatmen. Es bringt nichts, wenn wir uns gegenseitig an die Kehle gehen", versuchte das Mädchen dennoch zu beschwichtigen. Sonst kamen sie definitiv nicht weiter und außerdem war es potentiell eine sehr schlechte Idee, Kate derartig zu verärgern.