"Gute Frage", erwiderte Ethan zugegebenermaßen ratlos. Äußerst ratlos. "Ich muss vermutlich mit meinem Vater reden." Aber der würde ablehnen, so viel stand fest. Er würde ablehnen, Ethan zurück zum Anwesen beordern und damit hatte es sich dann erledigt. Und dabei war es völlig egal, welche Argumente Ethan bringen würde. Er schob den Gedanken eilig beiseite, weil er befürchtete, dass Lou es ihm ansehen konnte, dann hob er die Schultern. "Vielleicht sollte ich das zeitnah machen."
Jakob seufzte und schüttelte dann mit dem Kopf. "Ja, großartig. Ich... entschuldigung, dass ich wieder kopflos drauf los geredet habe. Ich drücke dir für das Gespräch auf jeden Fall die Daumen." Der Teenager lehnte sich zurück und schloss die Augen. "Ich meine, mir gehen traurigerweise langsam die Optionen aus. Aber... ach, egal." Jakob war klar, dass er sich mittlerweile in eine Ecke manövriert hatte.
"Du solltest erstmal wieder runterkommen", meinte Holly zu Jakob und machte dabei eine wegwerfende Handbewegung, ehe sie wieder zu Ethan sah und den jungen Mann kritisch musterte. "Du klingst so, wie ich mich fühle. Jedenfalls ein bisschen", gab die junge Farmerin anschließend zu. "Dann seid ihr offensichtlich beide nicht sehr optimistisch, oder?", fragte Lou besorgt nach, wobei sie ihre beiden Freunde musterte. "Das klingt eher so, als ob ihr gerade versucht euch damit abzufinden, dass es vorbei ist." "Ich für meinen Teil jedenfalls nicht", meinte Holly. "Wenn wir nicht weitermachen, wird nichts passieren... Ich glaube nicht mehr daran, dass irgendwer sonst was macht. Nicht nach allem, was hier passiert ist und vor allem nicht nach dem Gespräch mit Kate eben." Lou nickte leicht, aber ihr Blick wanderte zu Ethan. Sie wusste, dass es ihm nicht gut ging und dass er vermutlich nicht wusste, was er tun sollte. "Bevor du dich bei ihm meldest... solltest du dir ehrlich die Frage stellen, ob du wirklich mitkommen willst oder ob du lieber wieder nach Hause möchtest."
Selbst Holly hatte es bemerkt. Großartig. Und Lou sprach es sogar an. Ethan warf ihr einen doch eher düsteren Blick zu, weil er darauf verzichten konnte, das Ganze zu diskutieren - vor allem nicht mit dem Idioten. "Das spielt vermutlich sowieso keine Rolle", sagte er vielleicht etwas brüsker als beabsichtigt. "Für meinen Vater ist die Entscheidung leicht." Er winkte ab. "Ich glaube, ich gehe zum Hotel und rufe an." Dann hatte er es hinter sich und musste nicht vor dem Idioten darüber diskutieren, wie es ihm bei der Sache nun ging.
Jakob sah kurz zu Ethan und schüttelte den Kopf. Er wusste nicht, was er von Ethans Laune halten sollte, aber nach der Begegnung mit Kate dachte er sich, dass es wohl schlecht wäre, ihn auch noch aufzuhalten. Eines war aber Jakob klar, für Ethan schien das Gespräch nicht leicht zu werden. "Ich... wünsche dir trotzdem Erfolg. Egal, wie dein Vater das sehen wird." Danach sah er zu Lou und schüttelte den Kopf. "Ich... ich will mich nicht damit abfinden. Ich will, dass es weitergeht. Mit uns, mit allen vier von uns. Es muss irgendwie gehen." Nochmal seufzte er. Ihm war allerdings klar, dass er keine Wahl hatte, wenn sich die Gruppe auflösen würde. Mit niemandem, mit dem er problemlos sein Geheimniss teilen konnte, konnte er nur auf gute Zusammenarbeit bei den Telefonaten hoffen. Denn dann gab es niemanden, der ihm dort heraushelfen konnte.
"Wenn du dich sowieso nach deinem Vater richtest, dann kannst auch gleich anrufen und ihm sagen, dass du zurückkommst", erwiderte Holly etwas angesäuert. Ethans Verhalten erinnerte sie gerade unschön an das ablehnende Benehmen, das auch Kate gezeigt hatte. "Ich versteh sowieso nicht, warum du gerade so unfreundlich wirst. Ist dir nicht aufgefallen, dass wir hinter dir stehen? Und jetzt willst du uns einfach stehen lassen? Das hatten wir doch gerade eben erst!", beschwerte sich die junge Farmerin. "Das war unnötig, Holly! Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun!", mischte sich Lou ein und klang durchaus verärgert. "Wieso? Wir machen uns offensichtlich Sorgen und selbst Jakob zeigt Anteilnahme. Außerdem hat er Ethan vorhin in Schutz genommen. Und jetzt kriegen wir zu hören, dass es halt so ist oder dass es zumindest schon festzustehen scheint und im Anschluss wird das Weite gesucht!" "Das ist nun echt völlig an den Haaren herbeigezogen!", behauptete Lou und war auch verärgert. "Allein die Ausgangslage ist doch völlig verschieden! Die Situationen sind andere! Und außerdem sind wir mit Ethan befreundet!" "Von Freunden lässt man sich normalerweise beistehen!", konterte Holly. "Und ich für meinen Teil hab das auch gerade versucht."
Ethan war durchaus überrascht, was seine Aussage ausgelöst hatte. Mit einem derartigen Ausbruch seitens Holly hatte er nicht gerechnet und die Resignation seitens des Idioten ergab ebenso wenig Sinn. Er seufzte schwer. "Es geht nicht darum, ob ich weitermache möchte oder nicht", antwortete er dann und sah vor allem zu Lou, die genau das in Frage gestellt hatte, obwohl er ihr gesagt hatte, dass er es nicht mit sich hätte vereinbaren können, das Ganze einfach zu lassen. "Es geht darum, dass mein Vater nicht nur mein Vater ist, sondern auch einflussreich genug, um notfalls dafür zu sorgen, dass ich zurück muss. Und in dieser Hinsicht helfen weder Freundschaften noch sonst etwas." Er seufzte erneut und stand schließlich auf. "Ich werde den Anruf planen, entschuldigt mich."
Jakob sah kurz kopfschüttelnd zu Holly, allerdings schien Lou sie auch schon anzufahren. Alerdings wandte er sich erst an Ethan. "Wie gesagt, viel Erfolg. Weißt du, wenn ich wüsste, dass es was bringt, würde ich dir jetzt anbieten, dass ich auch mal mit deinem Vater rede." Er seufzte kurz und schüttelte den Kopf. "Allerdings kann ich ja nicht einmal mit meinem eigenen Vater reden." Er sah danach zu Holly und öffnete den Mund. Er wollte etwas zu ihr sagen, dass sie nicht so mit Ethan reden sollte, dass er auch Probleme hatte. Aber nach der Sache mit Kate fühlte er sich verunsichert. Er holte ein paar mal Luft, aber dann entschied er sich, doch nichts zu sagen.
Holly seufzte und rieb sich kurz über das Gesicht. Sie wusste, dass sie sich wieder mehr zusammen reißen musste, denn wenn sie sich aufregte, half das niemandem. Allerdings war das leichter gesagt als getan. "Es tut mir leid", meinte sie letztlich versöhnlicher. Ethan hatte es nicht leicht und sie musste ihm nicht noch mehr Ärger machen. "Ich bin nur frustriert von alldem und hab mich mitreißen lassen." "Wir sind alle angespannt", fügte Lou beschwichtigend hinzu, bevor sie zu Ethan sah. "Nimm dir so viel Zeit, wie du brauchst... Treffen wir uns später irgendwo?"
Trotz der Situation schnaubte Ethan amüsiert, als der Idiot vorschlug, mit seinem Vater zu reden. Es war so absurd, dass es wieder lustig war. "Vielleicht zum Mittagessen", schlug Ethan dann mit einem Schulterzucken vor. "Irgendwo an der Strandpromenade, ich kann das Hotelrestaurant langsam nicht mehr sehen. Sagen wir um eins?"
Jakob nickte zu Ethan. "Mittagessen klingt gut. Und bis dahin haben wir ja noch Zeit, Dinge zu tun." Er sah zu Holly und Lou. Er hoffte irgendwie, dass jetzt die Motivation nicht so weit gesunken war, dass sie gar nichts mehr taten. Zugegeben, er wollte sein Team ins Pokémon-Center bringen und dann wusste er auch nicht genau, was er tun konnte, aber irgendetwas wollte er tun.
"Um eins passt", stimmte Holly mit einem Nicken zu. "Ich will auch noch ein paar Sachen erledigen und auch wieder etwas runterkommen. Da passt das ganz gut." Immerhin schuldete sie Jakob ein T-Shirt und ein wenig trainieren wollte sie auch noch. Holly wusste, dass sie eigentlich auch mit ihrer Familie sprechen musste, aber das musste warten, bis es eine endgültige Aussage von Ethan gab. Das galt auch für den Anruf bei Cordes. "Ich...", setzte Lou an, schüttelte aber kurz den Kopf. "Ich drück dir die Daumen, dass alles glatt geht. Wir sehen uns dann nachher zum Mittag."
Jakob sah noch zu, wie Ethan nickte und dann den Raum verließ. Er seufzte danach einmal, er fühlte sich nicht gut bei der ganzen Sache. Schließlich wandte er sich an die beiden Frauen. "Gut, jetzt bleibt nur die Frage, was wir bis Mittag machen. Ich habe zumindest keine Lust, hier faul herumzusitzen." Das Problem an der Sache war nur, dass Jakob außer der Frau an der Strandwache keinen Anhaltspunkt hatte, irgendetwas herauszufinden. Zumindest nichts, was ihn nicht in Gefahr bringen würde.
"Soweit ich mich erinnern kann, hab ich doch gerade gesagt, dass ich noch was erledigen will", meinte Holly zu Jakob, wobei sie diesen durchaus skeptisch ansah. "Dein erster Weg sollte ohnehin ins Pokémoncenter führen. Es ist noch nicht so spät, vielleicht hast du Glück und musst nicht so lange warten." "Was hast du vor?", wollte Lou anschließend von der jungen Farmerin wissen. "Ich muss noch einkaufen. Ich schulde Jakob ein neues Shirt, weil das Toxiped seins heute morgen kaputt gemacht hat", erklärte Holly mit einem Schulterzucken. "Und dann würde ich trainieren, bis Ethan alles geklärt hat. Eventuell beim Krankenhaus vorbeischauen, aber ich glaube nicht, dass heute irgendwer jemanden besuchen darf. Hast du Pläne?" "Ich... ich hab überlegt... Wenn wir sowieso wohl noch etwas hier sind, ob ich versuchen soll mich bei dem Wettbewerb, der am Freitag ist, anzumelden. Heute ist der letzte Tag, wo es möglich ist... Das heißt, wenn noch Plätze frei sind. Immerhin hab ich es Caleb versprochen. Aber wir hatten so viel zu tun und es war nicht sicher, ob wir überhaupt so lange bleiben, darum hab ich es aufgeschoben", erklärte Lou den beiden anderen.
Jakob nickte den beiden Frauen zu und stand dann doch auf. "Ja, das Pokémoncenter stand ganz oben auf meiner Liste. Ansonsten... fällt mir sicher was ein. Entweder trainieren oder ich frag mal bei der Strandwache, ob ich wieder aushelfen soll. Vielleicht schnappe ich so etwas Brauchbares auf." Der Teenager zuckte mit den Schultern. Er hoffte wirklich, noch etwas herauszufinden, aber er schätzte die Chancen dafür nicht gut ein.