Die Entschuldigung des Idioten war ein wenig gestammelt, wirkte deswegen aber zumindest weitestgehend echt und außerdem nahm Lou sie an, sodass Ethan keinen Sinn dahinter sah, das nicht zu tun. Hinzu kam, dass er tatsächlich Respekt vor Holly hatte, weil diese den Idioten überhaupt erst dazu gebracht zu haben schien, sich zu entschuldigen. "Ist in Ordnung", antwortete Ethan dementsprechend mit einem kurzen Nicken.
Jakob seufzte erleichtert auf. Noch immer war ihm mulmig zumute und dass Lou mit ihm reden wollte, ging ihm im Kopf herum. Er nahm an, dass dieses Gespräch nicht sehr angenehm werden würde. So wie er sich verhalten hatte, würde sie ihn wahrscheinlich recht klar abweisen. Er sah noch einmal zu der jungen, attraktiven Frau und nickte. "Danke. Und ja, später können wir uns gerne noch unterhalten." Jakobs stimme klang belegt und er räusperte sich, bevor er zu Ethan sah. "Dir auch danke... und ich glaub, wir wollen uns nicht weiter damit aufhalten." Kurz sah sich der Teenager in der Runde um. "Wo waren wir nochmal genau stehengeblieben?"
Holly war froh, dass die beiden anderen Jakobs Entschuldigung annahmen und auch scheinbar nicht nachtragend waren. Sie konnte sich auch denken, was Lou von dem jungen Mann wollte und die junge Farmerin war durchaus froh, dass ihr dieses Gespräch nicht bevorstand. “Wir haben gerade darüber geredet, dass Rodriguez Johnson aus dem Weg räumen lassen wollte und dass die AC womöglich selbst die Pokémon stiehlt, um Versuche mit ihnen zu machen“, beantwortete Holly Jakobs Frage, wobei sie das Gesicht etwas verzog. Ihr gefiel allein der Gedanke nicht.
Ethan hoffte, dass das Gespräch, das Lou und der Idiot soeben vereinbart hatten, in der Tat seinen Zweck erfüllen und dne Idioten davon abbringen würde, Lou auch weiterhin regelrecht zu vergöttern. "Streng genommen", korrigierte er Holly, "haben wir quasi beschlossen, es mit einem doppelten Spiel zu versuchen und Rodriguez nicht wissen zu lassen, auf wessen Seite wir hier eigentlich stehen." Und das missfiel Ethan noch immer, aber ihm war selbst klar, dass das die einzige echte Möglichkeit war.
Jakob seufzte kurz und nickte. "Naja, also da wir ja im Prinzip schon über mich so ein doppeltes Spiel spielen..." Er zuckte kurz mit den Schultern. "Macht das jetzt noch groß einen Unterschied? Hauptsache ist doch, dass wir was bewirken können."
"Hatten wir nicht erst das Gespräch, dass wir vorsichtig sein müssen und nicht um jeden Preis den Kopf hinhalten?", entgegnete Holly Jakob. "Ich kann verstehen, dass Ethan da wenig Lust drauf hat. Ein solches Spiel ist schon übel genug. Und wir wissen inzwischen, dass mit Rodriguez nicht gut Kirschen essen ist." "Außerdem kann uns das gewaltig auf die Füße fallen, wenn wir uns in noch mehr solche Dinge involvieren. Wie willst du zum Beispiel den Leuten, die du anrufst, die Sache erklären?", gab Lou zu bedenken. "Das ist ein guter Gedanke", stimmte die junge Farmerin zu, die noch gar nicht soweit gedacht hatte. "Das ist auch nicht gerade einfach." "Und vor allem... Willst du das überhaupt machen, Ethan?", wollte Lou schließlich direkt von dem jungen Mann wissen. "Immerhin müsstest du dich mit Rodriguez auseinandersetzen."
Hollys Einwände waren tatsächlich gute Einwände - aber das Problem an der Sache war, dass er keinen anderen Weg sah. Als Lou ihn letztlich direkt fragte, zwang er sich dazu, entgegen seines ersten Impulses zu nicken. "Es ist riskant, aber ich halte es für die einzige Lösung", antwortete er dann doch etwas vager als beabsichtigt. "Ich werde mich mit Rodriguez beschäftigen." Ethan war sich nicht sicher, wie überzeugend das wirklich war, aber er ging davon aus, dass höchstens Lou etwas bemerken würde und sie würde selbst erkennen müssen, dass es nicht anders ging.
Jakob seufzte erneut. "Na gut, dann... dann... du schaffst das schon." Er lächelte Ethan unsicher an. Er wollte jetzt nicht in seiner Haut stecken, da er beim besten Willen nicht wusste, wie er bei so etwas vorgehen sollte. "Und... was ist nun mit den Anrufen? Was erzähle ich da? Es wird am besten sein, wenn ich einfach offiziell nichts weiß, oder?"
Lou schwieg einen Moment, nickte aber schließlich. "Bleib trotzdem vorsichtig, in Ordnung?", bat sie Ethan schließlich und Holly nahm an, dass Lou nicht widersprach, weil sie einsehen musste, dass Ethan recht hatte. Es war wirklich die einzige Lösung. "Bin ich auch dafür. Und wenn du was brauchst, dann sag bloß bescheid. Wir lassen dich da nicht hängen", fügte Holly hinzu. "Was allerdings die Leute von Jakob betrifft... Keine Ahnung, ob es wirklich so clever ist, wenn er nichts weiß." "Wieso? Ich find das eigentlich gar nicht so schlecht", entgegnete die jüngere der beiden Frauen. "In letzter Zeit gab es nicht wirklich was zu berichten und wir können nicht verheimlichen, dass Ethan sich mit dem Chief trifft... Ich glaube nicht, dass die Leute so begeistert davon sind, wenn Jakob nichts Gutes liefern kann. Wir sollten uns also schon irgendwas überlegen", meinte die junge Farmerin.
"Die Frage ist doch", warf Ethan ein, "ob wir davon ausgehen, dass diejenigen, mit denen Jakob telefoniert, zu der AC gehören oder nicht. Wenn das der Fall ist, dürfte es sie vielleicht sogar freuen, wenn wir mit Rodriguez reden. Wenn es nicht die AC ist..." Er machte eine kurze Pause, um seine eigenen Gedanken zu ordnen. "Wenn es nicht die AC ist, bedeutet es entweder, dass sich Johnson irrt, oder dass es mehr als eine Gruppierung gibt, die in irgendeiner Form zwielichtige Dinge tut."
Jakob überlegte einen kurzen Moment und wandte sich dann an Ethan. "Diese Gruppe, also die, die ich anrufe, kannte Kates Geheimniss. Wer, wenn nicht die AC, könnte das wissen und dann trotzdem geheimhalten?" Er nickte kurz und lächelte. "Ich denke, ich sollte es auf jeden Fall melden. An der Reaktion kann ich vielleicht auch hören, ob diese Leute wirklich zur AC gehören. Ganz ehrlich, ich würde mich besser fühlen, wenn ich gute Nachrichten bringen kann, nachdem ich Johnsons Pokémon wieder zurückgebracht habe."
"Dass man das quasi nutzen kann, um rauszukriegen, ob es wirklich AC-Leute sind, hab ich gar nicht bedacht. Die Idee ist jedenfalls echt gut. Dann hätten wir mal einen Fakt und keine Vermutung. Wäre zur Abwechslung mal ganz angenehm", meinte Holly. Sie mochte die Idee insgesamt immer noch nicht, aber es schien wirklich unumgänglich zu sein. Die junge Farmerin hoffte nur, dass alles so aufgehen würde, wie sie es sich dachten. "Also zusammengefasst heißt das jetzt, dass Ethan zu Rodriguez geht und ein Doppelspiel anfängt, weil wir eigentlich auf Johnsons Seite sind und Jakob erzählt seinem... Kontakt, dass wir rausbekommen haben, dass der Chief bestechlich ist und dass Ethan das nutzen will, um an Informationen zu kommen. Hab ich das richtig verstanden?", fragte Lou nach und klang dabei wenig begeistert. Holly konnte ihr das nun wirklich nicht verübeln. "Ja... Genau das. So hab ich das auch kapiert", antwortete die ältere der beiden Frauen schließlich. "Mir gefällt das nicht... Ich weiß, dass das unsere beste Option ist, aber ich hab ein mieses Gefühl dabei", meinte Lou mit einem Seufzen. "Ich glaub wir haben alle ein mieses Gefühl... Nicht nur bei dieser Sache, sondern bei der ganzen Aktion. Aber wir ziehen das jetzt durch. Alle zusammen", versuchte Holly ihr ein wenig Mut zu machen. Dass ihre Begleiterin lächelte, wenn auch sehr dünn, zeigte der jungen Farmerin zumindest, dass ihre Geste angekommen war.
"Richtig", bestätigte Ethan und sah anschließend kurz auf die Uhr, die halb sechs zeigte. "Allerdings werde ich mich erst morgen mit Rodriguez befassen, der ist mittlerweile vermutlich längst nicht mehr in der Wache anzutreffen." Dann sah er zu dem Idioten. "Du kannst allerdings heute noch anrufen und die Frage aller Fragen ist, ob wir Kate informieren. Wenn es die AC ist, wird sie es wissen, aber die Frage ist, ob sie möchte, dass wir es wissen."
Jakob nickte und streckte sich kurz. Er war nicht sonderlich begeistert davon, die Organisation anzurufen, aber ihm blieb wohl nichts anderes übrig. Und falls diesen Leuten die Information Geld wert war, würde sich Jakob keineswegs beschweren. "Gut, dann rufe ich da an und erzähle, dass du irgendwie mit Rodriguez zusammenarbeiten willst? Ja, ja ich denke, das bekomme ich hin."
"Reicht denen das denn so?", erkundigte sich Lou bei Jakob. "Das klingt so... vage." "Wenn die mehr wissen wollen, dann werden die schon fragen und dann kann Jakob immer noch sagen, dass er sich nochmal meldet, wenn Ethan mit dem Chief gesprochen hat", gab Holly zu bedenken. "Ich glaube die Frage nach Kate ist momentan wichtiger." "Das ist im Grunde die nächste schwere Entscheidung... Wir sollten wenigstens warten, was bei Jakobs Gespräch rauskommt. Also wenn wir dann Gewissheit haben. Die Frage ist dann, wie Kate das dann aufnimmt... Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie sonderlich begeistert sein wird. Das ist jedenfalls ganz dünnes Eis, wenn ihr mich fragt", meinte Lou. Das Mädchen mochte die momentane Situation nicht und allein deshalb war es ihm umso wichtiger, dass alle vorsichtig waren. "Ich glaube, wir sollten mit ihr reden. Es ist nicht auszuschließen, dass wir irgendwann nochmal Hilfe von ihr brauchen und wenn sie dann rauskriegt, was wir wissen, könnte sie es uns übel nehmen", gab Holly zu bedenken.