Kathan: „Johnson hat uns erzählt, dass er nicht zum Tunnel gegangen ist, sondern zu einem Treffen mit Rodriguez wollte. Trotzdem ist er im Tunnel gelandet. In meinen Augen ein relativ großer Zufall, wenn man bedenkt, dass Johnson und Rodriguez sich nicht gut verstehen und dass Johnson sogar Beweise für Rodriguez‘ Bestechlichkeit hatte.“ „Also geht Johnson davon aus, dass Rodriguez mit den Leuten aus dem Tunnel kooperiert“, schlussfolgerte Kate. „Und da ihr der Meinung seid, dass Rodriguez von der AC finanziert wird, vermutet ihr, dass die AC den Tunnel betrieben hat, der wiederum mit den Diebstählen zu tun hat.“ Sie schnaubte. „Das trifft es, nehme ich an?“ Ethan war sich nicht sicher, was er von ihrer Kurzzusammenfassung halten sollte, immerhin hatte sie damit den Nagel auf den Kopf getroffen.
Lou seufzte abermals und fuhr sich erneut durch das Haar. Jakob war in dem Punkt, der seine Beziehungschance mit ihr anging, recht hartnäckig. Das war schon ziemlich anstrengend, vor allem weil sie ihm eigentlich schon sehr direkt gesagt hatte, dass er nicht ihr Typ war. "Ich weiß nicht, was kommen oder wie sich meine Meinung verändern wird", antwortete sie schließlich diplomatisch. "Allerdings fänd ich es nicht gut, wenn du dich an ein sehr vages Vielleicht klammerst. Lass uns lieber versuchen, gute Freunde zu werden und halt lieber die Augen nach jemandem offen, der wirklich interessiert ist. Hoffnung ist eine Sache, aber ein Vielleicht und ein Irgendwann sind keine gute Kombination und führen wahrscheinlich nur zu Frust und Enttäuschung und ich will nicht, dass das passiert."
Jakob sah Lou eine ganze Weile lang an. Eigentlich wollte er etwas sagen, aber alles ging gegen das, was er zuvor gesagt hatte. Es war schwierig und er war innerlich hin- und hergerissen. Lou hatte ihm deutlich gesagt, dass es zwischen den beiden kein Vielleicht geben würde. So sehr, wie Jakob aber die junge Frau mochte, wollte er das eigentlich nicht akzeptieren. Doch Jakob wusste ganz genau, dass er das musste. Wegen Lou und wegen der Gruppe. Wenn er auf einem Vielleicht beharren würde, würde es nicht gut ausgehen. Dem Teenager fiel auf, dass er ganz in Gedanken war, in Gedanken daran, dass er mit der Frau, die vor ihm stand, nicht zusammenkommen würde. Schließlich räusperte er sich, sein Hals fühlte sich trocken, rau an. Schließlich schaffte er es, mit zittriger Stimme ein Wort herauszubekommen. "O-okay..."
„Es würde erklären, warum du nichts tust“, fügte Ethan hinzu. „Was erwartest du jetzt?“, hakte Kate nach. „Glaubst du ernsthaft, ich könnte dir darauf jetzt eine einfache Antwort geben?“ „Kannst du es nicht oder willst du es nicht?“ „Das macht keinen Unterschied.“ „Du hast uns Informationen zu den Karpador gegeben!“, entgegnete Ethan. „Du kannst mir nicht erzählen, dass es dir egal ist!“
Jakob schien endlich verstanden zu haben, jedenfalls sprach sein geknickter Gesichtsausdruck dafür. Lou tat es durchaus leid, aber sie war sich sicher, dass es keinen anderen Weg gab. "Ich... Es tut mir leid. Wirklich", meinte sie schließlich dem jungen Mann gegenüber. "Aber ich bin niemand, der sich jemanden warm hält und du hast es nicht verdient, auf etwas zu warten, dass womöglich nicht kommt." Das Mädchen fuhr sich ein weiteres Mal durch das Haar. Das war definitiv eins der schwersten Gespräche, die es jemals geführt hatte. Aber Lou konnte und wollte nicht aus Mitleid mit Jakob zusammenkommen. Egal, dass er sich inzwischen als freundlich herausgestellt hatte. Das war keine gute Grundlage.
Jakob versuchte, sich noch einmal zu sammeln. Immerhin erklärte Lou ihm gerade, warum sie so entschied, wie sie entschied. Es schmerzte ihn und doch war er davon gerührt. Er merkte sogar, wie ihm langsam die Augen etwas feuchter wurden. "Du... du meinst das ernst, oder? Jedes einzelne Wort?" Kurz strich er sich mit dem Arm unter der Nase entlang und schniefte kurz. "Weißt du... mein Kopf ist da furchtbar... du... du bist so lieb zu mir, auch wenn du mich gerade abweist. Ich... ich kann dir natürlich nicht versprechen, dass meine... Gefühle von heute auf morgen aufhören... aber... aber.." Er merkte, wie bitter es war, wie sehr er das nicht aussprechen wollte, obwohl es doch die beste Lösung war. "Okay... dann lass es uns versuchen... lass uns versuchen, gute Freunde zu sein." Jakob musste noch einmal schniefen. Die ganze Situation nahm ihn sehr mit.
Kathan Drama: „Das ist es nicht“, bestätigte Kate. „Aber ich bleibe dabei, es macht keinen Unterschied.“ Ethan unterdrückte einen Anflug von Frustration. „Wer kennt eigentlich deine Identität?“, fragte er dann nach. „Ich nehme an, auf dem Trainerpass benutzt du einen Künstlernamen? Wer bleibt übrig? Ein paar Leute, die dich aus deiner Kindheit kennen? Die oberen Reihen der AC?“ „Worauf willst du hinaus?“ „Weißt du, irgendwer, der höchstwahrscheinlich mit dem Tunnel zu tun hat, verteilt diese Information relativ großzügig“, antwortete Ethan. „Wenn es sich also nicht um die AC handelt, solltest du dir Gedanken machen. Und wenn doch, solltest du deine Leute darauf hinweisen, dass es eine schlechte Idee ist, damit derartig hausieren zu gehen.“
Lou musste sich korrigieren. Nun hatte sie wirklich Mitleid mit Jakob. Es tat ihr wirklich leid, dass es ihn so mitnahm, aber sie war nichtsdestotrotz überzeugt davon, dass es die beste Lösung war. Sie trat zu ihm, legte ihm beschwichtigend die Hand auf den Arm und suchte schließlich seinen Blick. Jakob sollte trotzdem merken, dass es dem Mädchen nicht egal war, wie es ihm gerade ging. "Ich glaube sogar, dass wir nicht nur gute, sondern richtig gute Freunde werden können", meinte Lou zu ihm. "Und ich erwarte auch nicht, dass du mit deinen Gefühlen von jetzt auf gleich im Reinen bist. Das ist bescheuert. Keiner kann das und wer das behauptet, ist ein Lügner. Versprich mir nur, dass du dich nicht verstellst, okay? Und wenn du nochmal reden willst, egal über was, dann lass es mich wissen."
Jakob nickte kurz und schniefte noch einmal. Es war seltsam, dass Lou ihm jetzt die Hand auf den Arm legte. Es fühlte sich gleichzeitig gut an und im Moment falsch. So, als würde es die Gefühle bestätigen, die er nicht mehr haben sollte. Trotzdem versuchte der junge Mann, sich zu fassen. "Danke auf jeden Fall. Ich... ich nehme mir deine Worte zu Herzen. Auch wenn es mir im Moment schwer fällt daran zu denken... ich bin mir sicher, das mit der Freundschaft bekommen wir hin." Jakob lächelte Lou mitgenommen an. Seine Gedanken überschlugen sich. "Und ja... wenn ich etwas brauche, dann melde ich mich natürlich."
„Woher hast du diese Information?“, hakte Kate nach und klang mit einem Mal deutlich weniger souverän als zuvor. „Was erwartest du jetzt?“, kopierte er ihre Aussage. „Glaubst du ernsthaft, ich könnte dir darauf jetzt eine einfache Antwort geben?“ „Das ist nicht lustig“, entgegnete sie erschreckend kalt. „Aber es scheint wichtiger zu sein als hunderte entführter Pokémon“, konterte Ethan und bemühte sich um einen unbeeindruckten Tonfall. „Ist dir dein Titel so viel wert?“ Ethan rechnete mit irgendeiner wütenden Antwort, stattdessen folgte eine regelrecht tödliche Stille, die ihm noch weniger behagte. „Komm zum Hotel“, wies sie ihn letztlich an. „Jetzt.“ „Ich habe nicht vor…“ „Komm zum Hotel“, unterbrach sie ihn in einem Tonfall, der ihn stark an den seines Vaters erinnerte. „Können wir das nicht morgen…“ „Jetzt“, fiel sie ihm erneut ins Wort. „Ansonsten lasse ich dich abholen.“ Ethan war sie nicht sicher, ob sie sich damit auf ihre Pokémon oder andere Verbindungen bezog, aber in jedem Fall konnte er darauf verzichten und einmal mehr saß sie am längeren Hebel. „Schön“, entgegnete er letztlich und machte sich nicht die Mühe, den unfreundlichen Tonfall zu überspielen. Dann legte er ohne weiteren Kommentar auf und unterdrückte dabei das Bedürfnis, sein AC-Phone gegen die Wand zu werfen.
Lou nickte leicht und zog schließlich ihre Hand zurück. Ihr war klar, dass das nicht einfach für Jakob werden würde, aber das hatte auch niemand gesagt. Ihr war auch klar, dass es ihm gerade vermutlich alles andere als gut ging, aber auch das war wohl nur normal. "Okay. Ich nehm dich beim Wort", antwortete Lou dem jungen Mann schließlich und lächelte sogar leicht. "Sollen wir dann zurück zu Holly? Oder brauchst noch einen Moment für dich?"
Jakob seufzte noch einmal und nickte dann Lou zu. "Es geht schon", sagte er, als er sich die Nase hochzog. "Wahrscheinlich bringt es nichts, wenn ich jetzt alleine in meinem Zimmer über eben brüte... lass uns zu Holly gehen." Immerhin betrachtete er die Farmerin schon als einen Freund und in dieser Situation war es ihm nur recht, wenn er Leute um sich hatte, die er gern hatte. Zudem war da immer noch die Sache mit Ethan. Der Teenager war gespannt, was Kate mit dem Courtenay besprochen hatte.
Noch immer wütend stand Ethan auf und warf das AC-Phone auf das Bett. Er wusste nicht, wohin mit sich und seiner Wut. Im Normalfall wäre er Tennis spielen gegangen oder wenigstens eine Runde laufen, aber das ging selbstverständlich nicht, die Zeit hatte er nicht. Er atmete tief durch und biss die Zähne aufeinander, dann ging er in Ermangelung einer Alternative in das Bad, drehte kaltes Wasser am Waschbecken auf und benetzte damit sein Gesicht. Jegliche sinnvolle Wirkung blieb selbstverständlich aus. Mit einem frustrierten Seufzen griff er nach dem Handtuch und trocknete sein Gesicht ab. Wenn er den anderen gegnüber zeigte, wie schlecht das Gespräch eigentlich verlaufen war, würde das noch mehr Diskussionen nach sich ziehen, vermutlich würden sie mit wollen oder etwas dergleichen und das konnte er nicht gebrauchen, weil das Kate nur noch feindlicher stimmen würde. Er atmete tief durch und entschied sich dazu, sich einige Minuten Zeit zu nehmen, um seine Wut herunter zu schlucken. Zumindest bis zu dem Gespräch mit Kate.
Lou nickte kurz und wandte sich abschließend der Tür zu. Ihr war klar, dass Jakob noch etwas Zeit brauchen würde, aber für den Moment war es wahrscheinlich wirklich besser, wenn sie sich darum kümmerten, was Ethan und Kate besprachen. Nachdem sie das Zimmer gemeinsam verlassen hatten, wandte sich Lou dem von Holly zu und klopfte schließlich an die Tür, welche von ihrer Begleiterin kurz darauf auch geöffnet wurde. Holly warf Jakob einen prüfenden Blick zu, sagte aber überraschenderweise nichts. „Ethan telefoniert noch?“, fragte Lou nach, weil sie den jungen Mann nirgendwo sah. „Denke schon. Hoffen wir mal, dass es ein gutes Zeichen ist, dass das Gespräch so lange dauert“, erwiderte Holly und hob ein wenig ratlos wirkend die Schultern.
Jakob folgte Lou zurück in Hollys Zimmer. Dort angekommen lächelte er die Farmerin schwach an. Er fühlte sich immer noch ein wenig niedergeschlagen, da Lou ihn gerade abgewiesen hatte. Am liebsten hätte er jetzt trainiert, aber leider konnte er das aus einigen Gründen jetzt nicht machen. "Ich hoffe auch, dass das ein gutes Zeichen ist", meinte Jakob dann. "Wir können einfach auch mal ein paar gute Nachrichten gebrauchen." Kurz schüttelte er den Kopf. Holly fragte nichts zu dem Gespräch, das er mit Lou gehabt hatte und Lou erzählte von sich aus auch nichts. Jakob vermutete, dass man es ihm ansah, wie das Gespräch gelaufen war.