Eine Weile später stand Ethan noch immer vor dem Spiegel des Badezimmers und bemühte sich um eine neutrale Miene. Als ihm diese nur bedingt gelang, entschied er sich für eine leicht genervte Version, die deutlich besser funktionierte und die anderen vermutlich nicht alarmieren würde. Er atmete noch einmal tief durch und verließ anschließend sein Zimmer, um an Hollys Tür zu klopfen.
Nach einer Weile, in der sie eigentlich nichts wirklich besprachen, außer der Hoffnung, dass das Telefonat etwas ergab, klopfte es schließlich wieder an der Tür und nachdem Holly die Tür geöffnet hatte, betrat Ethan erneut das Zimmer. "Kate war nicht sonderlich kooperativ, oder?", fragte Lou vorsichtig nach und Holly nahm an, dass Ethans Enthusiasmus ihr das verraten hatte. "Ist doch auch nichts Neues mehr, oder?", kommentierte die junge Farmerin und schüttelte den Kopf. "Wie lief es dieses Mal?"
Jakob schüttelte leicht den Kopf. Eigentlich war zu erwarten gewesen, dass Ethan nach dem Gespräch mit Kate nicht gut drauf war. Immerhin wurde er ja von ihr erpresst, was ihre Identität anging. Der Teenager seufzte kurz. "Okay Ethan, erzähl mal, wie es gelaufen ist. Wissen wir jetzt wenigstens mehr?"
"Definitiv nichts Neues", bestätigte Ethan mit einem Kopfschütteln. "Ob sie kooperativ ist, weiß ich allerdings noch nicht. Als ich erwähnt habe, warum ich anrufe, hat sie beschlossen, dass man ein derart heikles Thema nicht via Telefon besprechen sollte." Und das war sogar nur im weitesten Sinne gelogen - dass sie in quasi zu sich zitiert hatte, ließ er allerdings unerwähnt. "Ich habe abgesprochen, dass ich direkt hingehe." Er hob die Schultern. "Es ist nicht weit und dann habe ich es hinter mir."
"Wenn sie jetzt noch befürchtet, dass irgendwer uns oder sie abhört, dann haben wir wohl wirklich ein Problem", kommentierte Holly düster. Lou nutzte den Moment, um Ethan kurz zu mustern, aber so wie die anderen schon festgestellt hatten, wirkte er wie immer nach einem Gespräch mit Kate. "Aber du willst nicht allein zu ihr gehen, oder?", hakte Holly kurz darauf nach. "Ich finde das auch nicht gut", schloss sich Lou an. "Das kann doch nicht immer nur an dir hängen bleiben."
Jakob seufzte kurz. "Also bis auf heute Morgen wollte Kate immer alleine mit Ethan sprechen. Je nach dem, wo sich die beiden treffen, könnte es sein, dass wir sowieso nicht mitkönnen." Jakob dachte da eindeutig an Kates Hotel, in dem Ethan ja schon einmal gewesen war, danach schüttelte der Teenager den Kopf. Es war seltsam, dass sich Kate spontan mit Ethan treffen wollte, obwohl das Treffen von heute Morgen so schlecht ausgegangen war. "Naja, wenigstens ist die Sache ja dringlich genug, dass sie sich bereit erklärt hat, dich jetzt zu treffen. Also geht immerhin das voran?"
"Ich fürchte, ich muss auch dieses Mal alleine gehen", antwortete Ethan und schüttelte den Kopf. "Wenn ich anmerken möchte, wie gut ihr Nachname und ihr Verhalten zu unserer Theorie passen, kann keiner von euch dabei sein, sie weiß schließlich nicht, dass ihr informiert seid - und das soll auch so bleiben." Er hob erneut die Schultern. Eigentlich hatte er kein gutes Gefühl dabei, die anderen derartig zu belügen, aber aktuell schien das notwendig zu sein. "Aber danke für das Angebot."
Holly seufzte tief und Lou nahm an, dass sie sich dem Argument beugte. "Irgendein Vorschlag, was wir machen können? Also irgendwas Sinnvolles vorzugsweise", fragte ihre Begleiterin schließlich nach. Lou gefiel das nicht. Ethan und Kate hatten nichtsdestotrotz einiges besprochen, zumindest wenn man die Zeit bedachte, die Ethan weggewesen war. "Kann man dich nicht wenigstens ein Stück weit begleiten? Wie Holly schon sagt... Wir haben eigentlich keine gute Beschäftigung", meinte das Mädchen letztlich.
Der Teenager seufzte einmal. Er hatte tatsächlich keine große Lust, mit zu Kate zu gehen. Ja, sie war sein Vorbild, aber das Gespräch, dass Ethan mit ihr haben würde, würde mit Sicherheit anstengend werden. Und nach dem Gespräch mit Lou hatte er heute eigentlich keine Lust mehr auf weitere Gespräche einer ähnlichen Art. "Also ich muss nicht mit", meinte Jakob schließlich. "Und... naja, wir könnten noch einmal trainieren gehen. Das ist eigentlich immer sinnvoll."
"Das Hotel ist nur ein paar Minuten entfernt", antwortete Ethan und hoffte, dass er auch weiterhin mit seiner Lüge Erfolg haben würde. Noch sah es in seinen Augen relativ gut aus. "Es macht also wenig Sinn, wenn ihr ein paar Meter weit mitkommt. Trainieren ist da wohl tatsächlich die bessere Alternative." Er schnaubte. "Vielleicht ist Kate zur Abwechslung eindeutig und ich schaffe es noch, dazu zu stoßen."
Lou seufzte und fuhr sich einmal mit der Hand durch ihr Haar. Ethan hatte recht und Jakobs Vorschlag war auch nicht schlecht. "Ich drück dir jedenfalls die Daumen", meinte das Mädchen schließlich, auch wenn es dennoch lieber mitgegangen wäre. "Das machen wir alle. Lass dir bloß nicht von ihr dumm kommen, sonst müssen wir das nächste Mal wirklich mit", fügte Holly hinzu und Lou nahm an, dass das ihr Versuch war, um Ethan ein wenig aufzumuntern. "Wir warten jedenfalls auf dich", versprach Lou. "Sei trotzdem vorsichtig, ja?"
Jakob nickte Ethan zu und lächelte leicht. "Du schaffst das schon! Wie du siehst, haben wir Vertrauen in dich." Jakob schnaubte kurz belustigt und nickte dann Ethan kurz zu. Er beneidete den jungen Mann nicht, aber er tat etwas für die Gruppe, was notwendig war. Schließlich lächelte er wieder. "Und beeil dich, ich fände es schade, wenn du das Training verpasst."
Ethan zwang sich zu einem Lächeln und nickte dann. "Ich hoffe auch, dass es keine langwieirge Debatte wird", merkte er an. "Oder dass ich ihr alles aus der Nase ziehen muss." Anschließend winkte er ab und trat zu der Tür. "Ich nehme an, ihr seid bei einem der Trainingsplätze?"
"Das ist der Plan", beantwortete Holly Ethans Frage nach dem Trainingsplatz. "Falls wir irgendwohin ausweichen müssen, sagen wir an der Rezeption bescheid", fügte Lou noch hinzu. Man konnte nie wissen, aber sie ging dennoch davon aus, dass es nicht nötig sein würde. Lou nahm sich jedenfalls vor, die Uhr im Auge zu behalten. Sollte Ethan wider Erwarten lange brauchen, würde er damit leben müssen, dass sie ihn anrufen würde. Einfach so zur Sicherheit.
Jakob nickte noch einmal zur Bestätigung und hoffte dann, dass seine Pokémon mittlerweile wieder gut drauf waren. Zumindest freute er sich darauf, dass das Training ihn auf andere Gedanken bringen würde. "Das kriegen wir alles hin", meinte der Teenager daraufhin und sah dann zu Holly und Lou. "Wollen wir dann direkt runter oder wollt ihr euch noch einmal frisch machen oder so?"