Ethan nickte kurz und verließ anschließend das Zimmer. Sobald er die Tür hinter sich geschlossen hatte, machte er sich nicht länger die Mühe, seine schlechte Laune zu überspielen. Wozu auch? Mehr als missmütig machte er sich letztlich auf den Weg.
Lou: Wettbewerbsübungen mit Caleb. Zwischendurch Doppelteam Vorführungen für das Toxiped, Pachira und Lola. Finneas macht Teleportübungen, nervt dadurch die anderen.
Holly + Jakob: Funke übt Ladevorgang (Schnelligkeit) Toxiped und Siggi trainieren zusammen [s](Toxiped Schutzschild, Siggi Vorübung zu Durchbruch)[/s] ist ein wenig ergebnislos. Lola übt mit Pachira Doppelteam.
Lou ruft Ethan nach 1 1/2 Stunden an, falls er bis dahin nicht auftaucht.
Der Weg zu dem Hotel kam Ethan kürzer vor als beim letzten Mal, was vermutlich daran lag, dass er am liebsten nie dort angekommen wäre. Er war noch immer wütend darüber, derartig her zitiert zu werden, aber gleichzeitig bemerkt er einen nicht zu verachtenden Anflug von Angst. Kate war nicht nur als Champion, sondern vor allem in ihrer Position als Arkwrights Tochter dazu in einer für sie äußerst vorteilhaften Lage. Als er letztlich die Lobby des Hotels betrat und am Tresen stehen blieb, musterte ihn die Empfangsdame kurz. „Ich will zu Miss Arkwright“, sagte er letztlich kurz angebunden. „Könnte ich bitte den Ausweis sehen?“, hakte die Frau nach und Ethan gab ihn ihr. „Sie können nach oben.“ Ethan nahm seinen Ausweis entgegen, steckte ihn ein und betrat anschließend den Aufzug, der ihn nach oben fuhr. Er atmete tief durch, bevor er den Aufzug verließ und sich der Suite zuwandte. Kate hatte die Tür bereits geöffnet und sah ihn kühl an. Halb hatte Ethan mit irgendeinem ihrer Pokémon gerechnet, aber die Begrüßung durch ein zähnefletschendes Hundemon blieb aus. Tatsächlich blieb jegliche Form von Begrüßung aus, denn Kate trat lediglich zur Seite und bedeutete ihm, einzutreten. Ethan biss die Zähne aufeinander und überwand sich dann dazu, die Suite zu betreten. Hinter ihm schloss Kate die Tür, ging anschließend an ihm vorbei und betrat den Salon. In Ermangelung einer Alternative folgte Ethan ihr. Im Salon befand sich tatsächlich eines ihrer Pokémon, das Nachtara, doch dieses lag halb dösend auf dem Sofa, hob träge den Kopf, um ihn anzusehen und drehte ihm anschließend mit einem Gähnen den Rücken zu. Kate setzte sich derweil neben ihr Nachtara, weiterhin ohne ein Wort zu sagen. Ihr Blick reichte allerdings, um Ethan an diverse Gespräche mit seinem Vater zu erinnern, sodass er sich automatisch auf das ihr gegenüberliegende Sofa setzte. Es ärgerte ihn, dass er sich fast so fühlte wie ein kleiner Junge, der eine Schelte seines Vaters erwartete. Als sich die Stille schließlich in de Länge zog, atmete Ethan tief durch. „Ich nehme an, du erwartest eine Entschuldigung?“, brach er letztlich das Schweigen. „Vor allem erwarte ich Informationen“, antwortete Kate und ihre Stimme war ebenso eisig wir ihr Blick. „Wer hat meinen Nachnamen erwähnt?“ Ethan war klar, dass das ein denkbar ungünstiger Gesprächseinstieg war, weil er unweigerlich dazu führte, dass Kate erfuhr, dass die anderen von ihrem Nachnamen wussten. Allerdings war ihm ebenso bewusst, dass er in jedem Fall scheitern würde, wenn er versuchte, Kate von diesem Thema abzulenken. „Jakob hat von irgendeinem zwielichtigen Bekannten eine Telefonnummer erhalten“, antwortete Ethan. „Das war noch in Inito. Jemand wollte Informationen über die Polizei und die Freiwilligen, deshalb hat er sich ebenfalls freiwillig gemeldet. Als die Leute erfahren haben, dass ich dort war, wollten sie auch etwas über meine Beweggründe von ihm wissen. Er hat es uns nach einer Weile erzählt, ruft aber weiterhin dort an. Wir haben die Hoffnung, so mehr herauszufinden.“ Es irritierte ihn, dass Kate ihn nicht unterbrach, sein Vater hätte das mit Sicherheit längst getan. „Ich habe meinen Vater die Nummer überprüfen lassen, sie ist hochverschlüsselt und stammt aus Grital“, fuhr er dann fort. „Bei einem Telefonat hat die nette Dame am anderen Ende der Leitung Jakob gegenüber deinen Nachnamen erwähnt. Recht beiläufig wohl, sagt Jakob. Daraufhin hat er mich gefragt und sind wir mal ehrlich, ich hätte es nicht sinnvoll widerlegen können.“ „Wer weiß noch davon?“, hakte Kate nach. Ethan schwieg einen Moment, weil er sich nicht sicher war, ob eine Lüge nicht doch die sichere Variante war, aber er ahnte, dass er damit nicht auf Dauer durchkommen würde. „Holly und Lou“, antwortete er letztlich. „Natürlich hast du ihnen gesagt, dass sie es für sich behalten, natürlich vertraust du darauf, dass sie das tun und natürlich gehst du davon aus, dass das für mich keinerlei Konsequenzen haben wird“, kommentierte Kate voller Ironie. „Richtig?“ „Bis jetzt haben sie es für sich behalten und ich sehe keinen Grund, warum sie das nicht auch weiterhin tun sollten“, entgegnete Ethan. „Ich würde mir eher Sorgen um die Leute am anderen Ende der Leitung machen.“ „Die laut deiner Vermutung der AC angehören.“ „Wem sonst?“, hakte Ethan nach, der eigentlich mit einer deutlich heftigeren Reaktion gerechnet hatte. „Ich sagte, ich will Informationen“, erwiderte Kate kühl. „Ich habe nicht gesagt, dass ich dir welche zukommen lassen will.“ „Du hast deine Informationen, mehr weiß ich auch nicht“, antwortete Ethan und schüttelte kurz den Kopf. „Du kannst jetzt also entweder deine Drohungen wahrmachen oder sie verschärfen oder mir zumindest einen Grund nennen, warum meine Anwesenheit weiterhin erforderlich ist.“ Kate schnaubte. „Du glaubst wirklich, es wäre so einfach, oder?“, fragte sie dann. Ethan sah sie irritiert an, weil er nicht wusste, worauf sie damit hinauswollte. „Die grausame AC stiehlt Pokémon“, erklärte Kate voller Ironie, „deswegen untergraben sie die Polizei und wollen sie abschaffen. Dafür brauchen sie Spione wie deinen Jakob. Und ich weiß natürlich davon, aber ich habe Angst um meinen Titel und deswegen sehe ich weg, denn sie drohen mir damit, meinen Namen an die Öffentlichkeit zu bringen.“ Ihr Blick wirkte noch immer eisig, ihre Stimme klang allerdings ein wenig bitter. „Und wie geht es deiner Meinung nach weiter? Ich gebe meinen Titel auf, ich beende dieses Treiben ein für alle Mal? Glaubst du wirklich, die Dinge sind derartig einfach?“ Ethan war sich nicht sicher, was er davon halten sollte, immerhin hatte er mit vielem gerechnet, aber nicht mit so etwas. Streng genommen hatte er erwartet, dass er herkam, Kate ihre Informationen gab, eine weitere Drohung erhielt und wieder ging. „Wenn es nicht so einfach ist“, fragte er letztlich nach kurzem Überlegen, „wie ist es dann?“ „Diese Frage sollte man nur stellen, wenn man zumindest darüber nachdenkt, die Antwort zu glauben“, kommentierte Kate und winkte ab. „Du hast bisher wenig getan, um eine Vertrauensbasis zu schaffen“, erwiderte Ethan, weil er Kates Aussage nicht bestreiten konnte. „Und was habe ich deiner Meinung nach getan, um dein Misstrauen zu wecken?“, hakte sie nach. „Lass mich raten, es passt dir nicht, dass ich dir Konsequenzen angedroht habe, falls du weitergibst, wer ich bin?“ „Ich würde es als Erpressung betiteln.“ „Verstehe“, erwiderte Kate eindeutig sarkastisch. „In diesem Fall erpresse ich übrigens auch meinen Vater und die Handvoll meiner Freunde, die informiert sind.“ „Ich bin mir sehr sicher, dass du denen nicht mit dem finanziellen Ruin der gesamten Familie gedroht hast.“ „Richtig, weil es Freunde sind“, entgegnete Kate. „Ich habe dich gefühlt zweimal gesehen, als wir Kinder waren und dein Nachname lautet dummerweise Courtenay! Hätte ich an deine nette, vertrauenswürdige Ader appellieren sollen, von der ich nicht einmal weiß, ob sie existiert?“ Ethan fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. „Diese Diskussion führt zu nichts“, deklarierte er dann. „Richtig“, bestätigte Kate. „Das könnte daran liegen, dass du deinem Vater in dieser Hinsicht ähnlicher bist, als dir lieb ist.“ Ethan setzte dazu an, sie anzufahren, bis ihm auffiel, dass sein Vater vermutlich genau das getan hätte. Stattdessen seufzte er letztlich. „Vielleicht hast du recht“, räumte er dann ein. „Vielleicht hattest du keine Wahl. Aber das heißt nicht, dass es mich nicht trotzdem stören darf.“ „Dass ich das noch hören darf“, kommentierte Kate ironisch. „Eigentlich müsste man diese enorme Einsicht feiern.“ Aus irgendeinem Grund fand Ethan ihre Ironie nicht so überzeugend wie bisher, was vermutlich der Grund dafür war, dass sie ihn nicht derartig störte. „Ich bin mir sicher, in der Minibar ist Sekt“, merkte Ethan ebenso ironisch an. Ein halbherziges Lächeln trat auf Kates Gesicht und wurde von einem belustigten Schnauben begleitet. „Mit Sicherheit“, bestätigte sie.
„Und jetzt?“, fragte Ethan letztlich. „Das frage ich mich seit geraumer Zeit“, bemerkte Kate und seufzte. „Was würdest du mit Informationen tun?“ Ethan war sich nicht sicher, woran es lag, dass Kate für ihre Verhältnisse erstaunlich umgänglich war, würde sich aber unter Garantie nicht darüber beschweren. „Das hängt von den Informationen ab, nehme ich an.“ „Dein Vater ist Großaktionär bei der AC, vielleicht sogar der wichtigste“, merkte Kate an. „Wie viel Prozent der Aktien besitzt er? Sieben? Ist er schon bei acht?“ Sie winkte ab. „Wenn auch nur ein Bruchteil deiner Theorie stimmt, stellst du dich damit gegen die AC.“ „Mein letzter Stand beträgt acht Komma eins“, erwiderte Ethan und hob die Schultern. „Und mehrere hundert, vielleicht tausende gestohlene Pokémon, die höchstwahrscheinlich alle tot sind.“ Kate fuhr sich kurz mit beiden Händen über das Gesicht, atmete hörbar aus und verschränkte anschließend die Arme vor der Brust. Eine weitere Stille trat ein, aber dieses Mal traute sich Ethan nicht, sie zu brechen. Er hatte die vage Hoffnung, dass Kate tatsächlich etwas sagen würde, das nützlich war. Schweigend starrte er sie an, während Kates Blick definitiv abwesend wirkte. Erst nach einer ganzen Weile sah sie ihn an. „Willst du etwas trinken?“ Die Frage irritierte Ethan, sodass er zunächst lediglich die Schultern hob. „Wasser.“ Kate nickte, stand auf und ging zu der Minibar, um zwei kleine Wasserflaschen zu holen. Eine davon gab sie Ethan, die andere öffnete sie selbst und trank einen Schluck, bevor sie sich wieder hinsetzte, die Flasche abstelle und Ethan ansah. „Die AC stiehlt die Pokémon, um Versuche an ihnen durchzuführen“, sagte sie dann. Ethan war sich nicht sicher, wie er darauf reagieren sollte. Er hatte nicht mit einer klaren Aussage ihrerseits gerechnet. Schon gar nicht mit dieser – und es jetzt von ihr zu hören, bewirkte, dass die Theorie mit einem Mal zu einer Art Wahrheit wurde. Eine Wahrheit, die er eigentlich nicht wahr haben wollte. „Ich weiß nicht, worum es geht“, fuhr sie fort, „es ist gewissermaßen das persönliche Projekt meines Vaters.“ Sie schüttelte kurz den Kopf. „Die AC ist nicht als einziges daran interessiert, ich gehe davon aus, dass sie aktuell von außerhalb unterstützt wird.“ Sie seufzte schwer. „Es fließen zumindest Gelder und Ausrüstung für die Forschungsstationen. Ich vermute, eine davon befindet sich in Montu. Wo die anderen sind, weiß ich nicht.“ Ethan bemerkte, dass er sie noch immer anstarrte, sodass er den Kopf schüttelte und versuchte, das Gesagte überhaupt zu begreifen. Es war so unglaublich abstrus, aber es gab keinen Grund, aus dem Kate so etwas behaupten würde, wenn es nicht stimmte. „Wenn du das alles weißt, warum zum Nocryph tust du dann nichts?“, fragte er nach, als er seine Überraschung überwunden hatte. Erneut trat ein halbherziges Lächeln auf ihr Gesicht. „Jedenfalls nicht aus derartig einfachen Gründen, wie du sie mir unterstellst.“ Ethan unterdrückte einen Anflug von Frustration. „Und wer unterstützt die AC?“, hakte er stattdessen nach. „Auch das kann ich dir nicht sagen.“ „Du meinst, du willst es mir nicht sagen“, korrigiert er sie. „Ich kann nicht“, wiederholte sie und wirkte tatsächlich irgendwie verzweifelt. „Aus dem gleichen Grund, aus dem ich nichts tun kann.“ „Was kann so wichtig sein, dass…“ „Ich kann es dir nicht sagen“, unterbrach sie ihn und machte dabei eine kurze Pause nach jedem einzelnen Wort. „Und selbst wenn ich etwas tun könnte, wäre die AC auch für mich zu groß. Ich bin der Champion, ich würde faire Kämpfe gewinnen, aber hierbei geht es nicht um faire Pokémon-Kämpfe nach Turnierregeln.“ Sie schüttelte den Kopf. „Die AC alleine ist vermutlich zu groß – mit der Hilfe von außerhalb ist das Ganze ein Ding der Unmöglichkeit.“ Ethan musterte Kate kritisch. Sie klang nicht wie sonst, es machte tatsächlich den Eindruck, als würde sie die ganze Angelegenheit doch mitnehmen und das wiederum weckte einen Anflug von Mitgefühl bei Ethan. „Das heißt, wir sollen zusehen, weil wir sowieso nichts tun können?“, fragte er trotzdem nach. „Nicht unbedingt“, antwortete Kate und klang dabei wieder normaler. „Ich habe… sagen wir einen Hinweis erhalten, der sich auf die diesjährige Liga bezieht. Es ist riskant, aber vielleicht gelingt es mir, die Subventionen an die AC zu unterbinden. Und wenn es sich dann nur noch um die AC handelt, ist das Ganze vielleicht doch lösbar.“ „Ich kriege keine Antwort, wenn ich frage, oder?“ „Nein, das wäre zu riskant“, erwiderte Kate mit einem kurzen Kopfschütteln. „Und was sollen wir dann tun? Zusehen, wie mehr und mehr Pokémon gestohlen werden, bis die Liga stattfindet?“ „Cordes wird euch kompetente Leute in Montu nennen können. Vielleicht befasst ihr euch mit der Forschungsstation dort“, schlug Kate vor. „So ließe sich unter Umständen auch herausfinden, wo die anderen sind. Transporte von einer großen Zahl Pokémon sind selten komplett unauffällig.“ „Hältst du das nicht für ein wenig gewagt?“, hakte Ethan nach. „Ihr sollt sie ja nicht stürmen“, erwiderte Kate. „Ihr sollt sie höchstens ausfindig machen und den Rest kompetenten Polizisten überlassen.“ Das klang deutlich weniger gefährlich, missfiel Ethan allerdings immer noch. In Kates Ausführungen war für seinen Geschmack zu oft das Wort ‚vielleicht‘ vorgekommen. „Was ist mit Riccardo?“ Kates Miene erstarrte förmlich. „Was soll mit ihm sein?“ „Wir könnten ihn noch einmal um Hilfe bitten“, schlug Ethan vor. „Ihr solltet euch nicht darauf verlassen, dass das noch einmal funktioniert“, sagte Kate und klang dabei aus irgendeinem Grund betroffen. „Er kann nichts tun.“ Ethan seufzte frustriert. „Alle Leute, die etwas tun könnten, können aus irgendeinem Grund nichts tun“, kommentierte er dann. „Dein Vater hat ganze Arbeit geleistet.“ „Mit Riccardo hat er wenig zu tun.“ „Lass mich raten“, erwiderte Ethan düster, „es ist kompliziert.“ Ein irgendwie trauriges Lächeln trat auf Kates Gesicht. „Das ist es in der Tat.“ „Du erwartest, dass wir irgendetwas tun, aber alles, was du tust, ist es, uns irgendwelche bruchstückhaften Informationen zu geben“, stellte Ethan fest. „Das einzige, was du uns zu Riccardo gesagt hast, ist, dass er uns nicht umbringen wird! Wie sollen wir denn so entscheiden, was wir tun sollen?“ „Wahrscheinlich werdet ihr ihn für den Moment ohnehin nicht mehr zu Gesicht bekommen.“ „Er hat uns gesagt, dass er überlegt, nach Montu zu gehen“, widersprach Ethan und bemerkte einen Anflug von Überraschung in Kates Gesicht. „Woher sollen wir also wissen, wie wir mit ihm umgehen sollen? Sollen wir ihn informieren, sollen wir ihm die Informationen vorenthalten? Es mag ja sein, dass du das Große und Ganze überblickst, aber wir tun es nicht.“ Kate seufzte schwer. „Informiert ihn, wenn er fragt“, sagte sie dann und fügte nach einer kurzen Pause hinzu: „Ihr könnt ihm vertrauen.“ „Und du nicht?“, hakte er nach. „Oder ist das wieder etwas, worüber du nicht reden kannst?“ „Darüber“, antwortete sie, „will ich nicht reden.“ „Nicht wollen ist etwas anderes als nicht können“, merkte Ethan an. „Richtig, aber ich werde meine Meinung diesbezüglich nicht ändern“, wandte Kate ein. Ethan entschied, sich ein wenig aus dem Fenster zu lehnen. „Wir haben die Theorie, dass ihr euch besser kennt, als ihr zu geben wollt“, warf er ein. „Guter Versuch“, kommentierte Kate mit dem Anflug eines Lächelns, „aber ich werde nicht darüber reden.“ „Dein Nachtara mochte ihn“, fügte Ethan hinzu. „Und ich habe den Eindruck, es mag sehr, sehr wenige Leute.“ Kate sah zu dem Nachtara und streichelte dann den halb nach oben verdrehten Bauch des Unlicht-Pokémon, das daraufhin zu schnurren begann. Ethan nahm derweil einen Schluck aus seiner Wasserflasche.
„Was willst du wissen?“, fragte Kate, wobei sich Ethan nicht sicher war, ob das eine rhetorische Frage gewesen war. „Lou vermutet, ihr hattet eine Beziehung“, sagte er deshalb vielleicht etwas zu direkt. Kate sah ihn einige Augenblicke lang kühl an. „Lou vermutet richtig“, bestätigte sie dann zu seiner Überraschung. „Also ging sie nicht gut aus“, schlussfolgerte Ethan. „Messerscharf beobachtet“, kommentierte Kate voller Ironie, wirkte dabei allerdings bitter, sodass Ethan annahm, dass ihr das Ganze alles andere als egal war. „Weiß er, wer du bist?“, hakte er nach, weil das potentiell relevant sein könnte. Die Details der Beziehung gingen ihn nichts an und er war sich relativ sicher, dass sie für das weitere Vorgehen auch nicht relevant sein würden. „Ja.“ Ethan war sich nicht sicher, ob er mit dieser Antwort gerechnet hatte. Wenn Kate Riccardo verraten hatte, wer sie eigentlich war, bedeutete das, dass es definitiv eine ernsthafte, vermutlich längere Beziehung gewesen sein musste. Und das wiederum warf letztlich doch die Frage auf, weshalb sie gescheitert war. „Überrascht?“, fragte Kate. „Durchaus“, gab Ethan zu und trank vorsorglich einen weiteren Schluck Wasser, bevor er zu dem Nachtara sah und von dort aus wieder zu Kate. „Also kennt ihr euch schon eine Weile?“ Kate atmete hörbar aus. „Ich glaube, es ist keine gute Idee, das Thema zu vertiefen“, sagte sie dann und sah Ethan dabei mit einem recht gezwungenen Lächeln an. „Es tut mir leid“, erwiderte Ethan, weil er den Eindruck hatte, dass es Kate tatsächlich mitnahm. „Schon in Ordnung“, antwortete diese ohne ihn anzusehen. Diese Situation überforderte Ethan. Er kam im Normalfall schon nicht mit Kate zurecht, aber wie er jetzt mit einer Kate umgehen sollte, die ernsthaft betroffen wirkte, wusste er beim besten Willen nicht. Mittlerweile hatte er das Bedürfnis zu gehen, aber irgendwie erschien ihm das noch unangebrachter, als schweigend auf dem Sofa zu sitzen. „Was machst du eigentlich in Litora City?“, fragte er schließlich in Ermangelung einer Alternative. Kate sah ihn halb irritiert, halb amüsiert an. „Eleganter Themenwechsel“, stellte sie fest. „Tatsächlich bin ich ursprünglich nach Inito geflogen, weil ich gehört habe, dass am Hafen diverse illegale Schiffe auslaufen. Viel herausgefunden habe ich nicht, sodass ich beschlossen habe, Conchua zu besuchen. Außerdem ist Litora im Sommer ziemlich angenehm.“ Ethan nickte, wusste allerdings nicht, was er sonst noch dazu sagen sollte. „Du bist nicht sonderlich gut darin, von unangenehmen Themen abzulenken“, merkte Kate an, klang dabei allerdings eher amüsiert als vorwurfsvoll. „Wo hätte ich das lernen sollen?“ „Es ist eine gute Idee, nicht dauerhaft im eigenen Anwesen zu bleiben“, erwiderte Kate mit dem Anflug eines Lächelns. „Es hilft ungemein, sich mit Leuten zu unterhalten, die kein immenses Vermögen und keine Privatlehrer haben.“ „Wie Riccardo?“, schlug Ethan vor, bereute die Bemerkung allerdings sofort. Kate hingegen schnaubte. „Ich fürchte, Riccardo ist kein sonderlich gutes Beispiel“, widersprach sie und winkte ab. „Dafür hat er mir vorgeworfen, die Liga wäre nichts weiter als ein großes Theaterstück und ich somit die Hauptdarstellerin. Großartiger erster Eindruck.“ „Das… ist sehr direkt“, kommentierte Ethan halb belustigt, halb skeptisch. „Ich nehme an, du hast ihn im Kampf besiegt?“ „Tatsächlich hat er mich besiegt – sechs gegen fünf.“ Ethan starrte sie an. „Selbst ich weiß, dass du die Liga regelmäßig mit fünf Pokémon gewinnst“, warf er ein. „Das heißt, er kämpft auf Liga-Niveau?“ „Ja“, antwortete Kate. „Nachdem ich sein Team kannte, hatte er es allerdings deutlich schwerer.“ „Auch ohne sechstes Pokémon?“ „Auch ohne sechstes Pokémon.“ „Das ist doch reine Publicity, oder?“, hakte Ethan nach. „Die Sache mit dem sechsten Pokémon.“ Ein amüsiertes Lächeln trat auf Kates Gesicht und blieb ihre einzige Antwort. „So viel dazu“, kommentierte Ethan. „Es dürfte jedenfalls weniger bekannt sein als mein Nachname.“ „Also sehr gute Publicity“, bemerkte Ethan amüsiert. „In der Tat“, bestätigte Kate und sah ihn einen Moment lang fast nachdenklich an. „Wenn du aufhörst, den beleidigten Courtenay zu spielen, kann man sich sogar mit dir unterhalten.“ Ethan war sich nicht sicher, ob er das als Kompliment oder als Beleidigung auffassen sollte. „Solange, bis dir wieder einfällt, dass du mich als Arkwright eigentlich erpressen müsstest“, antwortete er deshalb aus Prinzip. Kate lachte kurz. „Stimmt, vielen Dank für die Erinnerung“, erwiderte sie dann. „Du hast ja jetzt sogar mehr Informationen als vorher!“ „Vielleicht bittest du direkt dein Nachtara darum, mich dauerhaft zum Schweigen zu bringen“, schlug Ethan belustigt vor. Das Nachtara schien sich angesprochen zu fühlen, hob kurz den Kopf, nur um ihn nach einem ausgiebigen Gähnen wieder abzulegen. „Sieht schlecht aus“, stellte Kate fest und hob die Schultern. „Ich fürchte, ich muss dich am Leben lassen.“ „Man sollte meinen, der Champion hätte seine Pokémon besser unter Kontrolle“, merkte Ethan betont skeptisch an. „Bist du sicher, dass du mich provozieren möchtest?“, hakte Kate nach. Als Antwort deutete Ethan zu dem dösenden Nachtara, das in seinen Augen nicht so aussah, als würde es sich innerhalb der nächsten Stunde bewegen. Kate folgte seinem Blick. „Kaisa“, sagte sie dann und nickte zu Ethan. In einer einzigen, flüssigen Bewegung war das Nachtara nicht nur auf den Beinen, sondern sprang über den Tisch zwischen den Sofas und verharrte dann wenige Zentimeter von Ethan entfernt auf seinem Sofa, von wo aus es ihn mit entblößten Zähnen anstarrte. Ethan zuckte zusammen und lehnte sich instinktiv von dem Pokémon weg, dem er diese Geschwindigkeit in diesem Moment definitiv nicht zugetraut hatte. „Danke, Kaisa“, wandte sich Kate an das Nachtara, das daraufhin von dem Sofa sprang, den Tisch gemächlich umrundete und sich wieder auf seinen Platz neben Kate legte. Dann sah Kate zu Ethan. „Wie war das?“ Ethan bemerkte, dass sich sein Herzschlag beschleunigt hatte, weil ihn das Nachtara definitiv auf dem falschen Fuß erwischt hatte. Er ärgerte sich über seine eigene Reaktion, räusperte sich und nickte anschließend betont anerkennend. „Ich nehme alles zurück“, sagte er mit einem Blick zu dem Nachtara, das so aussah, als hätte es sich nie bewegt. „Sehr gut“, erwiderte Kate und setzte anschließend ihre Streicheleinheit für das Unlicht-Pokémon fort. „Wo waren wir stehen geblieben?“ „Bei Gesprächen über Pokémon“, antwortete Ethan. „Und in Anbetracht der Tatsache, dass du bei meinem Anruf gesagt hast, ich würde dich stören, bin ich überrascht, dass du Zeit für so etwas hast.“ Kate schien einen Moment zu überlegen, dann winkte sie ab. „Ich wollte dem Zimmerservice die Bestellung für mein Abendessen durchgeben“, sagte sie mit einem Schulterzucken. „Aber da du sowieso hier bist, kann ich dir eigentlich direkt zeigen, weshalb das Restaurant des First Row eines der besten zehn Restaurants in Litora City ist.“ Einen Augenblick lang sah Ethan sie an, dann schüttelte er den Kopf. „Ist das dein Ernst?“, hakte er dann irritiert nach. Kate zuckte mit den Schultern. „Was spricht dagegen?“ „Ich muss mit den anderen die durchaus wichtigen Dinge besprechen, die du mir vorhin mitgeteilt hast“, schlug Ethan vor. „Andere nehmen an Gewinnspielen oder Turnieren teil, um ein Essen mit dem Champion zu gewinnen“, sagte sie betont theatralisch. „Aber du möchtest lieber Laufbote spielen.“ In Anbetracht der Tatsache, dass Kate heute tatsächlich erträgliche Gesellschaft darstellte und Ethan in der Tat bereits von dem Restaurant des First Row gehört und nach den letzten Wochen durchaus Lust auf ein mehrgängiges Menü hatte, hob er schließlich die Schultern und nickte. „Von mir aus.“ Kate sah ihn sichtlich kritisch an. „Wenn du noch etwas begeisterter klingst, breche ich noch in Freudentränen aus“, kommentierte sie voller Ironie und sah anschließend zu Kaisa. „Bleibst du hier?“ Das Nachtara gab ein Brummen von sich, zeigte ansonsten allerdings keine Reaktion, sodass Kate aufstand. „Und weil du bisher immer so unglaublich nett zu mir warst“, fügte sie an Ethan gewandt hinzu, „darfst du mich sogar einladen.“ „Wie großzügig“, entgegnete Ethan betont düster, stand allerdings ebenfalls auf. „Mein größter Traum wird wahr.“
Lou warf einen nervösen Blick auf die Uhr. Ethan war inzwischen sehr lange weg, sodass sie begann, sich ernsthaft Sorgen zu machen. "Alles okay?", fragte Holly nach und Lou nahm an, dass man ihr ansah, dass sie nervös war. "Ich frage mich, wo Ethan steckt. Er hat doch gesagt, dass er nicht lange weg sein wird", meinte das Mädchen. "Er und Kate werden wahrscheinlich eine Menge zu besprechen haben", vermutete ihre Begleiterin. "Ich fände es eher beunruhigend, wenn jetzt schon vier Stunden oder so weg wären." "Ich weiß nicht...", meinte Lou zögerlich. "Dann ruf ihn halt an", schlug Holly vor. "Dafür hat er doch ein AC-Phone." "Gute Idee", stimmte die jüngere der beiden zu. "Caleb, Finneas: Ihr beide übt weiter. Wenn was ist, hört auf Holly und Jakob, bis ich wieder da bin." Das Mädchen nickte ihrer Begleiterin noch einmal zu und verschwand anschließend in Richtung des Hotels.
In ihrem Zimmer angekommen, schnappte sich Lou das Telefon und wählte im Anschluss Ethans Nummer. Es klingelte und Lou nahm das als gutes Zeichen. Zumindest so lange bis der Anruf weggedrückt wurde. Lou sah einen Augenblick skeptisch zum Hörer und drückte anschließend die Wahlwiederholung. Sie hoffte, dass alles in Ordnung war und Ethan nicht in Schwierigkeiten steckte. Immerhin ging es um Kate und nicht um irgendwen.
Ethan wusste nicht, wer ihn angerufen hatte, aber er hatte dan Anruf weggedrückt und anschließend sein AC-Phone auf lautlos gestellt. Kurze Zeit später meldete es sich allerdings erneut - wenn auch dieses Mal stumm vibrierend. "Vielleicht solltest du drangehen", merkte Kate an, die sich tatsächlich als halbwegs gute Gesprächspartnerin herausgestellt hatte. Ethan hob die Schultern, warf seinem vierten Gang einen kurzen Blick zu und nahm dann den Anruf entgegen. "Courtenay", meldete er sich.
Lou: Lou wippte nervös mit dem Fuß, während es erneut klingelte. Wenigstens klingelte es noch einmal und das AC-Phone war nicht aus. Als Ethan schließlich abnahm, war Lou jedenfalls mehr als nur erleichtert. Und er klang auch ganz normal! "Ein Glück!", stieß das Mädchen aus. "Ethan, hier ist Lou. Ich hab mir Sorgen gemacht. Du hattest gesagt, dass du nicht lange bleibst und jetzt sind es über eineinhalb Stunden. Ist alles okay?" Lou hoffte es jedenfalls. Und sie hoffte auch, dass Ethan gerade frei sprechen konnte.
Ethan war ein wenig irritiert darüber, dass Lou sich derartige Sorgen machte. Andererseits war es Lou und bei ihr schien das sogar regelrecht normal zu sein. "Es ist alles okay", erwiderte er und fragte sich, ob es klug war, das Fünfgängemenü zu erwähnen. "Das Gespräch hat länger gedauert, sodass wir noch etwas essen."
Lou seufzte halb erleichtert, halb genervt. Es ging ihm gut und das zählte zunächst am meisten. "Das ist okay, aber es wäre echt nett gewesen, wenn du uns benachrichtigt hättest", meinte das Mädchen und konnte eine Spur Missmut nicht ganz verbergen. "Ich verstehe unter "kurz weg sein" jedenfalls nicht eineinhalb Stunden und mehr. Ich hab mir Sorgen gemacht! Vor allem weil du so... begeistert warst, dass du dich mit Kate treffen wirst." Und jetzt aßen sie zusammen. Lou verstand nicht so recht, wie das zusammenpasste, aber sie ging zumindest davon aus, dass Ethan eine Erklärung dafür hatte.
"Ich habe nicht erwartet, dass du dir so schnell Sorgen machen würdest", stellte er fest, merkte aber selbst, dass diese Bemerkung irgendwie überflüssig gewesen war. "Jedenfalls tut es mir leid, das war nicht meine Absicht. Ich bringe euch auch nachher noch auf den neuesten Stand - und ja, es gibt einen neuesten Stand." Kate schnaubte amüsiert, vermutlich wegen des letzten Kommentars, sodass Ethan sie düster ansah. Der Champion hob unbeeindruckt die Schultern.
Lou schüttelte den Kopf, auch wenn Ethan das natürlich nicht sah. "Ist schon okay. Wichtig ist, dass bei dir alles gut ist. Dass es einen neuesten Stand gibt, ist da doch zweitrangig", erwiderte sie dem jungen Mann schließlich. Er sollte ruhig wissen, dass es zunächst um ihn ging und nicht um sein Gespräch mit Kate. "Sollen wir dann auf dich warten oder dann auch schon was essen gehen? Nicht dass wir uns noch verpassen oder so", fügte Lou in ihrem normalen Tonfall hinzu.
Ethan war sich nicht sicher, wie er mit der Sorge von Lou umgehen sollte, immerhin hatte sie gerade betont, dass sie definitiv ihm und nicht irgendwelchen Informationen gegolten hatte. Er entschied sich dafür, das Ganze für den Moment tot zu schweigen. "Geht ruhig etwas essen", sagte er dann mit einem Blick auf seinen dritten Gang. "Wir treffen uns dann nachher am Hotel. Sagen wir in meinem Zimmer."
Ethan erwiderte nichts auf ihre Bemerkung hin, sodass Lou annahm, dass er sie einfach hinnahm. Für sie war das in Ordnung, sie konnte sich jedenfalls vorstellen, dass er nicht zu viel in diese Richtzung vor Kate sagen wollte. "Okay. Nachher bei dir. Ich geh dann zurück zu den anderen... Das Training läuft übrigens nur sehr mäßig. Das erzählen wir dir später im Detail", meinte das Mädchen schließlich. "Bis nachher." Lou legte schließlich auf und machte sich anschließend auf den Weg zu den anderen. Sie war froh, dass alles in Ordnung war und dass Ethan vergessen hatte, sich zu melden, war auch kein Beinbruch.
"Und? Hast du ihn erreicht?", erkundigte sich Holly, welche gerade wieder das zischende Toxiped auf dem Arm hatte. Vermutlich um es von irgendetwas abzuhalten. "Ja. Das Gespräch hat länger gedauert, sodass er und Kate noch etwas essen", erzählte Lou. "Klingt ein bisschen so, als ob das Gespräch besser gelaufen wäre, als gedacht", entgegnete Holly und nickte anerkennend. "Das kann nur gut für uns sein, oder?"