"Ich möchte an der Stelle sagen, dass ich diesen Satz immer noch zum Kotzen finde", erwiderte Holly äußerst missmutig. "Verständlicherweise. Aber du bist nicht die einzige und es zu betonen, ist echt nicht hilfreich", gab Lou zur Antwort. Sie merkte, dass sich das Gespräch dem Ende entgegen zu neigen schien und das bedeutete, dass sie nicht mehr viele Gelegenheiten haben würde, um Johnson die Wahrheit zu sagen. "Ja, hast ja recht", lenkte Holly ein. Allerdings tat sie das auch nur, weil sie und die anderen schon darüber gesprochen hatten, dass sie weitermachen würden. Das war wenigstens ein kleiner Trost. "Aber wo wir gerade von Vertrauen und so reden... Da ist allerdings noch was anderes", wandte sich Lou schließlich an Captain Johnson. Es brachte nichts, es noch weiter hinauszuzögern. Vermutlich würde es die Angelegenheit sonst nur noch schlimmer machen. "Die Sache ist die... Aus Inito sind nur drei Freiwillige gekommen... Ich... bin noch keine achtzehn." Lou wagte es nicht den Captain anzusehen, stellte sich allerdings schon auf ein Donnerwetter ein. Vermutlich war es berechtigt, aber sie hatte dennoch Angst.
Jakob nickte nur kurz zu Johnson. Alles wichtige war gesagt worden. Dann wanderte sein Blick zu Lou. Ihm war klar gewesen, dass sie das ansprechen wollte. Allerdings hätte er verstanden, wenn sie gegenüber Johnson sich nicht getraut hätte. Jakob fand diesen Mann einschüchternd. Er blickte zu Johnson und wartete ab, was dieser zu Lous spontanem Geständnis zu sagen hatte.
Ethan sah kurz zu Lou und anschließend wieder zu Johnson, der sie mit seinem Blick regelrecht zu erdolchen schien. "Das erklärt, weshalb Cordes keine genaue Zahl genannt hat", stellte der Captain eisig fest und schien darauf zu warten, dass Lou ihn doch ansah. Als das nicht geschah, fuhr er doch fort. "Und was soll ich deiner Meinung nach tun? Dich zu deinen Eltern zurückschicken?" Sein Blick richtete sich auf den Idioten. "Oder sollte ich deinen Eltern sagen, dass ich ihren verschwundenen Sohn gefunden habe?", fragte er dann an den Idioten gewandt. "Wenn ich davon ausgehen würde, dass die Polizei auch weiterhin bestehen bleibt, würde mich das vielleicht interessieren. So allerdings habe ich wichtigere Dinge zu tun."
"Ich... weiß nicht", begann Lou und hob tatsächlich den Blick, auch wenn Johnson längst gesagt hatte, dass es ihn nicht interessierte. "Aber nach allem, was bisher passiert ist, hab ich eingesehen, dass ich es lieber erwähnen sollte. Und ja... theoretisch könnten Sie mich wegschicken, was letztlich der Grund war, warum ich nichts gesagt habe. Ich will das hier machen." Holly hingegen wusste nicht, auf wen sie gerade mehr achten sollte. Einerseits war da Lou, die sich gerade mit Johnson auseinandersetzte und andererseits war da Jakob, der von seinen Eltern als vermisst gemeldet worden war. Für Holly war das undenkbar. Wie konnte er seinen Eltern nicht gesagt haben, was er tat? Es war doch klar gewesen, dass das nicht gut gehen konnte. Das hatte doch nicht einmal Jakob übersehen können!
Jakob blickte ziemlich irriteirt zu Johnson. Die Art und Weise, wie er angesprochen wurde, hatte für einen Moment verhindert, dass die Information seinen Kopf erreicht hatte. Aber so langsam begriff er, dass seine Eltern ihn als vermisst gemeldet hatten. Es gab keine andere Möglichkeit, wieso Johnson ihn sonst so ansprach. Jakob blickte zu Siggi, der bis eben neben ihm gestanden hatte und sein Pokémon erwiderte seinen Blick. Er konnte es nicht wirklich glauben, dass seine Eltern nach ihm suchten. Er war bereits volljährig und es gefiel ihm in Litora einfach zu gut, dass er seine Eltern auch total vergessen hatte. Langsam glitt sein Blick wieder von Siggi zu Johnson. "Um ehrlich zu sein Sir, ich hatte nicht erwartet, dass sie mich vermissen würden", erwiederte der junge mit trockener Stimme und musste sich erst einmal räuspern. Jakob überlegte, ob er noch etwas hinzufügen sollte, allerdings war die Frage von Johnson eher rethorisch gemeint, weswegen Jakob sie dann doch unbeantwortet ließ. Es würde warscheinlich anstrengend genug sein, sich mit den anderen darüber zu unterhalten.
"Wenn Sie keine Zeit haben, um sich mit so etwas auseinanderzusetzen", ergriff Ethan das Wort, als der Idiot einen in seinen Augen sinnfreien Kommentar gemacht hatte, "was haben Sie dann für uns geplant?" Johnson sah ihn einen Moment lang prüfend an. "Ich kann euch nicht nach Montu schicken, das ist zu riskan", antwortete der Captain. "Allerdings bezweifle ich, dass es sinnvoll wäre, euch weiterhin am Strand einzusetzen. Vermutlich wird es bald keine Polizei mehr geben, die entlastet werden muss." "Und das heißt?", hakte Ethan nach. "Das heißt, dass es für euch nichts zu tun gibt."
Holly gab einen deutlichen Laut des Missfallens von sich, ehe sie zu Ethan sah. Aus dem Augenwinkeln bemerkte sie, dass auch Lou zu dem jungen Mann sah. Die jüngere der beiden war auch nicht sonderlich begeistert, aber im Gegensatz zu ihrer Begleiterin, war ihr erster Gedanke gewesen, dass Kate den Plan verfolgte, eine Art Netzwerk aufzubauen. Ihrer Meinung nach war das ein geeigneter Zeitpunkt um das eventuell anzumerken, denn es gab sicher einige Dinge, die in diesem Fall noch erledigt werden mussten. "Wie kann es nichts zu tun geben?", meldete sich Holly schließlich verärgert zu Wort. "Mal davon abgesehen, was Arkwright da gestern erzählt hat, kann es doch nicht alles gewesen sein, uns einmal inoffiziell über den Strand zu schicken!"
Dass auch Johnson schon so redete, als würde es die Polizei nicht mehr geben, sagte Jakob viel über die Pressekonferenz. Er war sich sicher, dass die Organisation diese Information haben wollte. Allerdings wusste er auch nicht, was er danach anstellen sollte. Er hoffte nur nicht, dass ihm die Organisation Aufgaben aufbrummte, die ihn in größere Schwierigkeiten bringen würden. Auf jeden Fall sollte er zeitnahe mit Ethan besprechen, wie er weiter vorgehen sollte. Er hatte keine Lust, doch noch auf der Abschussliste der Organisation zu landen, auch wenn er wusste, dass sich das auf Dauer nicht vermeiden ließ. "Irgendwas ist doch immer zu tun. Bestimmt finden Sie etwas für uns, oder?", fragte Jakob hoffnungsvoll nach. "Ich meine, auch wenn alle darüber reden, als würde die Polizei schon morgen aufgelöst werden, wie schnell kann Arkwright das schon durchprügeln?"
Einen Moment lang sah Johnson sowohl die Farmerin als auch den Idioten nahezu irritiert an. "Wenn Arkwright diese Entscheidung trifft, kann er uns zum Ende des Monats das Geld streichen", antwortete Johnson dann in einem Tonfall, der deutlich machte, dass das etwas war, worauf man selbst hätte kommen können. "Und was potentielle Aufgaben angeht, wüsste ich nicht, wie ich euch einsetzen soll. Ich kann euch schlecht nach Montu schicken, weil ihr absolut unqualifiziert seid." Ethan bemerkte einen Anflug von Frustration. Alle taten diese Situation als aussichtslos ab und nicht einmal die Polizisten, die kompetent waren und unter Umständen etwas erreichen konnten, schienen ernsthaft vorzuhaben, genau das zu tun. "Angenommen die Polizei würde noch ein paar Monate bestehen bleiben", merkte Ethan dementsprechend an. "Wie würden Sie uns dann einsetzen?" Johnsons bohrender Blick machte eine Nachfrage überflüssig, sodass Ethan hinzufügte: "Unter Umständen können mein Vater und die anderen Aktionäre Arkwright für den Moment aufhalten." "In diesem Fall", erwiderte Johnson kühl, "würde ich euch damit beauftragen, die Augen offen zu halten, euch mit eurer Informationsquelle abzustimmen und euch unter Umständen an den richtigen Orten umzusehen."
"Das ist jedenfalls mehr als uns einfach nur wegzuschicken", kommentierte Holly und verschränkte die Arme. Diese Hoffnungslosigkeit ging ihr jedenfalls gehörig auf die Nerven. Wenn das so weitergehen sollte, dann sah sie wirklich schwarz für die Zukunft und ihr Zuhause im Speziellen. "Wenn es im Moment nichts anderes gibt, dann tun wir eben das", pflichtete Lou Holly bei. Irgendwo mussten sie anfangen und vielleicht ergab sich tatsächlich etwas. Aber so lange sie es nicht versuchten, würde alles so bleiben, wie es war und das bedeutete vermutlich nichts Gutes. Jedenfalls nicht auf lange Sicht. Sie wusste, dass ihr Beitrag vielleicht bedeutungslos sein würde, aber Lou hatte für sich entschieden, dass sie es dennoch versuchen würde. Wozu sonst hätte sie nach Litora kommen sollen? Wozu sonst stand sie eigentlich hier?
Jakob schüttelte nur mit dem Kopf. Vielleicht konnte doch alles schneller gehen, als er erwartet hatte. Bei dem Thema, die Augen offen zu halten fiel ihm nur wieder seine Lage ein. Er blickte kurz zu Ethan, er war sich sicher, dass sie Jakobs Geheimnis nicht auf ewig vor allen geheim halten konnten. Aber mit Verrätern innerhalb der Polizei war es eigentlich auch zu riskant, das ganze aufzudecken. Jakob war außerdem gespannt, was Ethans Vater über die Nummer herausbekommen würde. "Ja, Augen offen halten und sich umsehen, das können wir. Viel mehr leider auch nicht." Er blickte kurz zu Siggi. Wenn sie stärker und trainierter wären, dann könnten sie vermutlich sogar mehr erreichen. Aber das Sengo hatte Jakob gezeigt, dass auch die in den niedrigen Rängen nicht zu unterschätzen waren.
Johnsons Blick hing noch einen Moment lang an Ethan, dann sah er in die Runde. "Wenn wir also von dieser Situation ausgehen", fuhr der Captain dann fort, "würde ich erwähnen, dass es sinnvoll wäre, den Tunnel im Auge zu behalten. Wir haben zu wenig Personal für effektive Wachen, aber die, die dort waren, berichten immer wieder von irgendwelchen seltsamen Leuten, die sich dort aufhalten." Johnson sah kurz zu dem Natu und dem Zurrokex. "Allerdings würde ich euch raten, das in Kooperation mit eurer Informationsquelle zu machen. Cordes hat erwähnt, dass es bereits Schwierigkeiten gab."
Also lief es alles darauf hinaus, dass sie sich noch einmal mit Kate auseinandersetzten. Holly sah darin kein Problem. Ihr war es egal, was sie taten, so lange es nicht irgendeine sinnlose Beschäftigung war. Denn dann konnte sie wirklich nach Hause gehen. Wenn sie allerdings ehrlich war, dann gefiel es ihr mittlerweile doch, mal von Zuhause fort zu sein und trotzdem etwas tun zu können. "Wir hatten nicht vor, unvorsichtig zu werden", bemerkte Lou. Sie war der Meinung, dass das eine Mal mehr als genug gewesen war. Sie wusste es nicht genau, aber sie ging davon aus, dass die anderen ihr zustimmen würden.
Jakob bemerkte den Blick, den Johnson auf Siggi und Finn warf. Auf Jakob machte Siggi nicht den Eindruck, als würde er Johnson mögen. "Natürlich werden wir vorsichtig sein. Außerdem haben wir seitdem ja auch Fortschritte gemacht." Er blickte zu Siggi. Felsgrab war doch eine gute Erweiterung zu seinen bisherigen Attacken gewesen. Hollys und Ethans Pokémon hatten sich entwickelt und Lou überwand so langsam ihre Angst vor dem Kämpfen. Trotzdem würden sie Probleme kriegen, wenn dort jemand wäre, der seine Pokémon ernsthaft trainert hatte. Jakob nickte trotzdem noch einmal. Ob sie wirklich Kate dazu überreden konnten, mit ihnen mitzugehen, wusste er nicht. "Wir sind vorsichtig."
"Kontaktiert mich, wenn ihr etwas herausfindet, ihr habt meine Nummer", erwiderte Johnson noch mit einem kurzen Nicken. "Sollte sich aus den Informationen etwas ergeben, melde ich mich bei euch." Er nickte ihnen kurz zu. "Viel Erfolg." Er wandte sich schließlich ab und trat zu einem unauffälligen, schwarzen Auto der Mittelklasse. Dann verließ Johnson mit dem Auto und einem Fahrstil, der nicht an Cordes erinnerte, den Parkplatz. Ein wenig ratlos sah Ethan dem Auto hinterher. "Ich bezweifle, dass Kate mit uns einen Tunnel beobachtet", merkte er dann an. Und abgesehen davon hatte er auch keine Lust darauf, dass sie das tat.