"Abgehört?", wiederholte Holly mit einem Schnauben. "Bestimmt. Die standen mit dem Funkwagen bestimmt vor dem Hotel." Die junge Farmerin schüttelte den Kopf. Wie konnte man derartig albern sein? "Im Ernst, Jakob. Bleib mal realistisch. Wenn denen keiner was gesagt hat, dann haben die keine Ahnung."
Lou:
Lou war von Ethans Absicht ein wenig irritiert. Vor allem weil er sich von Finneas stören ließ. Das war für sie irgendwie unerwartet. "Ich bin mal gespannt, ob das klappt", musste das Mädchen dennoch zugeben. "Ich hab für mich schon beschlossen, es einfach zu ignorieren. Immerhin tut er ja nicht mehr, außer einfach dasitzen."
Jakob ignorierte Ethan und Lou für den Moment, vor allem, da Holly das Gespräch in unangenehme Richtungen lenkte. "Ja, hast ja recht. Außer uns wissen ja nur Kate und Johnson selbst von den Infos. Kate wird sie uns nicht gegeben haben, um sie uns wieder abzunehmen und Johnson ist sauber, soweit wir es beurteilen können." Dann schaute er zu den anderen beiden und lächelte leicht. Er wusste, dass das, was er gleich sagte, sehr albern klingen würde. "Und mal im Ernst, von uns ist ja keiner ein Verräter, oder?"
Amüsiert hob Ethan die Schultern. "Ich würde sagen, einen Versuch ist es wert", fügte er dann hinzu, auch wenn ihn das Natu weiterhin anstarrte. Als dann allerdings der Kommentar des Idioten kam, musste Ethan den Impuls unterdrücken, ihm einen düsteren Blick zuzuwerfen. Natürlich. Niemand hier war ein Verräter. Niemand spielte der Organisation Informationen zu. Selbstverständlich nicht. Sicherheitshalber verzichtete Ethan allerdings auf einen Kommentar.
SL: Jayjay sieht einen Mann, der den Parkplatz betritt. Der Typ ist durchschnittlich groß, hat schwarze, ziemlich penible gekämmte Haare und ein ausdrucksloses Gesicht. Hab ich schon die Polizei-Uniform erwähnt? (Lou ist auf Ethan konzentriert, Holly ist nicht wachsam.)
"Als ob ein Verräter das zugeben würde", gab Holly Jakob zur Antwort. "Ich glaube langsam echt, dass du zu viele Filme oder so geguckt hast. Wir sollten uns definitiv lieber auf die Probleme konzentrieren, die wir haben, denn die sind leider sehr real und schwierig genug."
Lou:
"Da muss ich dir wohl zustimmen", meinte Lou Ethan gegenüber. "Aber es ist egal, ob es etwas bringt oder nicht. Viel wichtiger ist, dass wir in Zukunft aufpassen müssen, dass Nofretete und Finneas nicht zusammen draußen sind. Sonst haben wir wieder so eine Situation wie vorhin."
Jakob schaute kurz an Holly vorbei und sein Blick fiel auf den Mann in der Polizeiuniform. "Auf jeden Fall kommt da gerade wer. Und der Polizeiuniform nach müsste es Johnson sein." Jakob machte eine kleine Geste in Richtung des Mannes, die dieser in der Entfernung schlecht sehen konnte.
"Richtig", bestätigte Ethan, wobei sein Amüsement verschwand. "Aber das lässt sich einrichten, Nofretete ist im Normalfall ohnehin nicht bei den Trainingseinheiten dabei." Ethans Plan, das Natu mit eigenen Mitteln zu schlagen, wurde allerdings unterbrochen, als der Idiot anmerkte, dass jemand kam. Mit einem letzten Blick zu dem Natu sah Ethan schließlich in die Richtung, in die der Idiot gedeutet hatte. Bei dem Mann, der den Parkplatz betreten hatte, handelte es sich definitiv um Johnson. Dieser schien sie außerdem bemerkt zu haben, denn er kam ohne Umschweife auf sie zu. "Guten Abend", begrüßte Johnson sie, wobei es aus seinem Mund weniger nach einem Gruß, als nach einem eisigen Kommentar klang.
Lou wollte Ethan ursprünglich vorschlagen, dass sie dafür Finneas in seinem Ball lassen würde, wenn er Nofretete für einen Spaziergang oder etwas Ähnlichem herausließ. Allerdings wies Jakob anschließend auf einen Mann hin, den Lou ohne Probleme als Johnson identifizierte. "Guten Abend, Captain", erwiderte das Mädchen den Gruß und bemühte sich um einen neutralen Tonfall, denn der Polizist war immer noch äußerst einschüchternd. Auch Holly erwiderte anschließend den Gruß. Sie musste zugeben, dass die Präsenz des Captain ziemlich einschüchternd war, aber von ihr aus konnte er so frostig sein, wie er wollte. Solange er seine Arbeit machte und sie nicht wie billige Fußabtreter behandelte, war es der jungen Frau egal.
Jakob hatte den Mann, als er sich ihnen näherte, nicht aus den Augen gelassen. Da Ethan ihn ganz normal begrüßte, nahm er an, dass seine Annahme richtig war. Das Erscheinungsbild dieses Mannes war perfekt, selbst die Haare lagen gut. Allerdings war die Begrüßung, die Johnson ihnen entgegnete, eisiger, als so mancher Kommentar von Ethan. Jakob hatte schon jetzt das Gefühl, die Zeit des Polizisten zu verschwenden und wenn er nicht gewusst hätte, dass er auf ihrer Seite stand, wäre ihm sehr übel gewesen. Selbst jetzt unterdrückte er das Gefühl, dass er auch dann gehabt hatte, als er in der Schulzeit etwas ausgefressen hatte. Jakob entschied sich, ihm kurz zuzunicken. "Guten Abend, Sir."
Johnson musterte die Gruppe kurz, dann erwiderte er zumindest das Nicken. Wenn es auch denkbar knapp ausfiel. "Ich gehe davon aus, dass ich jetzt alle Freiwilligen kenne", merkte Johnson an und sah anschließend zu Ethan. "Worum genau geht es?" Ethan nahm an, dass Johnson ihn ansprach, weil er derjenige gewesen war, der ihn angerufen hatte. Kurzerhand übergab Ethan ihm die Originale, die Johnson anschließend überflog. Dabei schien er tatsächlich kurz an Seite zwei hängen zu bleiben, bevor er sich Seite drei ansah. "Woher stammt das?", fragte der Captain anschließend. "Aus einer verlässlichen Quelle", erwiderte Ethan in der vagen Hoffnung, weitere Nachfragen zu verhindern. Johnson hingegen sah ihn bohrend an. "Woher?", hakte er dann eisig nach.
Lou fiel siedendheiß wieder ein, dass sie vorhin im Hotel darüber gesprochen hatten, dass Johnson wahrscheinlich nachfragen würde, woher sie die Dokumente hatten, aber nicht weiter darüber gesprochen hatten. Die Papiere waren wohl eindeutig zu ablenkend gewesen. Holly sah zu Ethan. Das war eine äußerst blöde Situation... "Ich fürchte, wir kommen da nicht drum rum", meinte die junge Farmerin letztlich. "Außerdem haben wir doch alle das gleiche Ziel... Wie schlimm kann es schon sein?" Hinzu kam außerdem, dass Kate den Captain vermutlich sowieso kontaktieren würde, sollte sie ihren Plan mit dem Informationsnetzwerk wirklich durchziehen. Es war also nur eine Frage der Zeit. Allerdings hielt Holly es für eine schlechte Idee, es Johnson jetzt schon auf die Nase zu binden.
Jakob blickte kurz zwischen den anderen hin und her. Er hatte bereits am Anfang das Gefühl gehabt, die Zeit des Mannes zu verschwenden, was sich jetzt nur noch verstärkte. Sicherlich würde Kate ihn früher oder später kontaktieren, wenn sie weiterhin das Informationsnetzwerk aufbauen wollte, aber so sicher war sich Jakob nicht, ob sie es Johnson gleich sagen sollten. Letzlich schaute er zu Ethan. "Ich halte mich da raus. Ich weiß nicht, wie sehr unsere Kontakte noch unerkannt bleiben wollen."
"Wenn ihr wollt, dass ich das hier als ernsthafte Kooperation betrachte, ist es mir herzlich egal, ob eure Kontakte unerkannt bleiben wollen oder nicht", antwortete Johnson ungerührt. Ethan seufzte. Kate hatte nie explizit gesagt, dass sie ungenannt bleiben wollte und solange sich das Ganze auf ihr Dasein als Champion beschränkte und nicht mit ihrer Familie in Verbindung gebracht wurde, sah Ethan kein echtes Problem darin. Johnson war diesbezüglich schließlich recht eindeutig gewesen. "Kate", sagte Ethan letztlich. "Kate", wiederholte Johnson hörbar skeptisch. "Der Champion", klarifizierte Ethan sicherheitshalber. Einen Moment lang wirkte Johnson tatsächlich überrascht, dann schien er kurz nachzudenken, denn ein Anflug von Skepsis trat auf sein Gesicht. "Weshalb übermittelt der Champion derartige Informationen nicht persönlich?" "Weil der Champion davon ausgeht, dass nicht allen bei der Polizei zu trauen ist", antwortete Ethan mit einem Nicken zu den Papieren, auf denen das vermerkt war. "Und eine Handvoll Freiwillige kann das besser einschätzen?", hakte Johnson eisig nach. "Wer sagt euch, dass ich nicht auch zu ihrem Verdächtigenkreis zähle?"
Holly zog die Luft kurz ein. Dieser Mann hatte definitiv ein Talent dafür, äußerst unangenehme Fragen zu stellen. "Niemand sagt uns das. Weil wenn dem so gewesen wäre, wären wir wohl kaum hier", versuchte Holly Ethan schließlich zur Hilfe zu kommen. "Wir sind auch in der Lage, selbst zu denken, wissen Sie?" Ein wenig mürrisch war die junge Farmerin schon. Captain Johnson tat gerade so, als wären sie die letzten Deppen und wenn sie eins nicht mochte, dann war das die Tatsache, wenn sie jemand für dumm hielt. "Wir haben uns an Sie gewandt, weil Sie der einzige sind, der damit überhaupt etwas anfangen kann. Warum wir Sie für vertrauenswürdig halten? Weil wir Chief Cordes' Einschätzung vertrauen. Und weil sie offensichtlich recht hatte, das haben Ethan und ich ja heute Nachmittag schon erleben dürfen", sprang schließlich auch Lou ein. Ihrer Meinung nach ging es gar nicht, dass Ethan sich allein mit dem Captain auseinandersetzen musste. Sie saßen alle in einem Boot und mussten dementsprechend zusammenhalten. Wenn die Lage nicht so ernst gewesen wäre, hätte Lou es sogar lustig gefunden, dass Finneas seinen Blick nun auf Johnson gerichtet hatte.
Jakob räusperte sich. Es war ihm unangenehm, jetzt gegen Johnson zu argumentieren, aber er konnte auch schlecht schweigend daneben stehen, ohne von den anderen im Anschluss schlechte Laune zu ernten. "Außerdem glaube ich, dass sie unmöglich das ganze Personal der Polizei überprüfen kann. Und sie vertraut unserer Einschätzung immerhin soweit, dass sie uns diese Informationen zugespielt hat." Dann blickte er kurz zu Ethan. "Ich glaube, ihr hattet kurz darüber gesprochen, wer wohl vertrauenswürdig ist. Hätte sie dann nicht erwähnt, dass es Johnson nicht ist, wenn sie einen begründeten Verdacht gehabt hätte?" Zum Schluss blickte er wieder zu Johnson und zwang sich zu einem Lächeln. "Und außerdem wäre es von Ihnen ja auch eine dumme Idee, den Verdacht auf sich zu ziehen, wenn Sie wirklich etwas mit diesen Leuten zu tun hätten."
"Cordes also", merkte Johnson mit einem kurzen Nicken an. "Ich würde sagen, das kann man als Argument werten." Er wirkte noch immer reichlich unterkühlt, als er die Papiere in einer Art Aktentasche verschwinden ließ, die er bei sich hatte. "Es überrascht mich wenig, dass es Spione in den Reihen der Polizei gibt", fuhr er dann fort. "Die Organisation ist zu gut informiert. Aber auch mit diesem Wissen ist es ein Ding der Unmöglichkeit, herauszufinden, wer Informationen nach außen trägt." "Und was haben Sie jetzt vor?", hakte Ethan nach. "Falls die Polizei nicht innerhalb der nächsten Tage aufgelöst wird", antwortete Johnson eisig, aber mit einem eindeutig missbilligenden Unterton, "werde ich weiterhin nach den Informanten suchen. Und ich informiere die Kollegen in Montu. Die Handvoll kompetenter Kollegen, die es dort gibt. Viel mehr kann ich nicht tun."