"Alles in Ordnung?", wollte Lou wissen, nachdem Ethan das Gespräch beendet hatte. Irgendwie gefiel ihr der Blick nicht, den er seinem AC-Phone zuwarf. "Was hat er gesagt?", fragte Holly weiter, die Ethans Blick ebenfalls seltsam fand. Sie nahm an, dass Johnson irgendetwas erwähnt haben musste, was Ethan irritiert hatte, allerdings konnte sie sich nichts vorstellen, was im Bereich des Möglichen lag.
Jakob sah zu Holly. Irgendetwas an dem Gespräch schien merkwürdig verlaufen zu sein. "Das würde ich auch gerne wissen", meinte Jakob halb zu sich selbst. "Wie sieht jetzt die Lage aus, gehen wir zur Wache oder ist etwas anderes passiert?"
Ethan fragte sich, wie irritiert er gewirkt hatte, wenn die anderen derartig skeptisch reagierten. Er steckte das AC-Phone weg. "Johnson hat Zeit und hat mir einen Treffpunkt genannt", antwortete Ethan, um die anderen zumindest mit den guten Nachrichten zu beruhigen. "Allerdings hat er irgendwie den Eindruck erweckt, als ob er ebenfalls von Spionen innerhalb der Polizei ausgeht. Er hat gesagt, dass er die Wache um achtzehn Uhr verlässt und anschließend zu einem öffentlichen Parkplatz in der Nähe der Arena geht." Ethan runzelte die Stirn. "Und er hat erwähnt, dass die dortigen Überwachungskameras derzeit defekt sind."
"Er hat extra erwähnt, dass die Kameras defekt sind? Und wir sollen ihn auf einem Parkplatz treffen? Also wenn er nichts vermutet, dann weiß ich auch nicht", erwiderte Holly. "Oder aber er ist selber ein Spion. Glaub ich aber irgendwie nicht." "Ich auch nicht. Dafür ist er viel zu... sehr auf die Einhaltung der Regeln bedacht. Ein Spion würde doch wert darauf legen, dass er nicht großartig auffällt", meinte Lou daraufhin. "Das heißt also, dass wir ihn um kurz nach sechs auf dem Parkplatz treffen und vorher noch den Kram kopieren müssen?", hakte die junge Farmerin sicherheitshalber nach. "Sieht wohl so aus", bestätigte die jüngere der beiden.
Jakob überlegte für einen kurzen Moment. Er fand es unbehaglich, sich auf einem unbewachten Parkplatz zu treffen. Allerdings beruhigte Lous Einwand ihn. Wenn das alles richtig war, hatte Johnson auch keinen Grund, etwas Seltsames zu tun. "Ja, gut. Wir sollten trotzdem wachsam bleiben. Wäre schlecht, wenn etwas bei der Übergabe passiert." Dann schüttelte Jakob kurz den Kopf. Er wollte es sich nicht vorstellen, dass sie überfallen wurden, bevor Johnson kam. "Auf jeden Fall sollten wir die Dokumente koipieren."
Um kurz vor sechs erreichten sie nach dem Ausflug zu dem Copy-Shop besagten Parkplatz. Dieser befand sich in der Tat in der Nähe der Arena und wenn Ethan nicht gewusst hätte, dass die Kameras defekt waren, wäre er davon ausgegangen, dass sie funktionerten. Die Frage war, welches der Autos Johnson gehörte, denn auf dem Parkplatz befanden sich eine ganze Menge davon, aber keines war ein Polizeiauto. Offensichtlich hatte Johnson also von seinem privaten Wagen gesprochen. "Zumindest sind wir pünktlich", stellte Ethan fest und bemühte sich darum, den Blick des Natu zu ignorieren. Aus irgendeinem Grund schien das Pokémon mit Vorliebe ihn niederzustarren. Ethan vermutete, dass Nofretete der Grund war.
"Ja. Fühlt sich trotzdem an, als ob wir was Verbotenes tun", antwortete Holly Ethan. "Tun wir im Grunde vielleicht auch. Immerhin ist das hier gerade hochgradig inoffiziell, wenn man bedenkt, dass wir uns privat mit Captain Johnson treffen. Und das wegen einer Polizeiangelegenheit", gab Lou zu bedenken. Sie störte sich nicht daran, dass Finneas auch weiterhin jemanden anstarrte, auch wenn es Ethan war. Sie vermutete, dass das einfach die Macke des Natu war und außerdem war sie selbst im Augenblick eher damit beschäftigt, sich unwohl zu fühlen. Immerhin würde sie Johnson sagen müssen, dass sie keine offizielle Freiwillige war. "Aber sind wir mal ehrlich. Lieber so und damit verhindern, dass irgendwelche Spione Informationen in die Hände kriegen", erwiderte Holly. "Also lasst uns lieber Ausschau nach dem Captain halten."
Jakob schaute sich auf dem Parkplatz um. Im Moment konnte er niemanden entdecken, aber die parkenden Autos boten genug Platz für ein Versteck. Er fühlte sich ein wenig unwohl und entließ zur Sicherheit Siggi aus seinem Pokéball. Ein wenig belustigt schaubte er und grinste zu Holly. "Ja, sag es ruhig noch lauter, dass wir was Interessantes haben. Ich hoffe nur, wir können das Zeug schnell übergeben und dann wieder von hier verschwinden. Ich habe ein mulmiges Gefühl."
"Inoffiziell ist es definitiv", bestätigte Ethan, während er seinen Blick von dem Natu abwandte und nach Johnson suchte. "Als illegal würde ich es allerdings nicht bezeichnen." Er warf einen kurzen Blick auf seine Uhr, die exakt achtzehn Uhr anzeigte. Vermutlich würde es also noch ein paar Minuten dauern, bis Johnson auftauchte, immerhin hatte er einen äußerst regelkonformen Eindruck gemacht. Als Ethan den Blick von seiner Uhr hob, bemerkte er, dass ihn das Natu noch immer anstarrte. "Hört es damit eigentlich irgendwann wieder auf?", wandte er sich an Lou.
"Ist nicht so, dass ich irgendwas gerufen hätte. Außerdem ist hier keiner, wie du hoffentlich siehst", erwiderte Holly auf Jakob. Sie fand nicht, dass es notwendig war so etwas zu sagen, denn immerhin war sie allgemein geblieben. Lou sah währenddessen zu Ethan und ließ anschließend ihren Blick zu Finneas gleiten. "Keine Ahnung, ehrlich gesagt. Bisher hat er immer irgendwen angestarrt. Ich nehme an, dass das einfach seine Art ist", erklärte Lou und hob etwas ratlos die Schultern. "Ignorier es einfach, dann wird er sich bestimmt ein neues Ziel suchen." Jedenfalls nahm sie das an. So genau konnte Lou das immerhin nicht wissen.
Jakob schüttelte kurz den Kopf und sah Holly ernst an. "Natürlich sehe ich hier keinen, das heißt aber nicht, dass hier niemand ist. Hier stehen genug Autos rum, hinter denen man sich verstecken könnte." Wie um das Ganze zu verdeutlichen, schaute sich Jakob noch einmal um und achtete auf die Autos, blickte aber nach kurzem zu Lou herüber. "Ich hoffe nicht, dass es seine Art ist. Ich glaube kaum, dass man sich daran gewöhnen kann."
"Finneas ist jedenfalls während der letzten Stunde damit beschäftigt gewesen, mich anzustarren", wandte sich Ethan an den Idioten. "Ich wüsste also nicht, weshalb du damit Gewöhnungsprobleme haben solltest." Ethan wandte den Blick wieder ab und sah das Natu an, um dessen Starren zu erwidern. Auch wenn er bezweifelte, dass das irgendetwas bringen würde. Es ging um das Prinzip - und Ethan hatte beschlossen, dass er sich weder von dem Natu niederstarren noch verunsichern lassen würde.
"Warum sollte man sich vor uns verstecken?", erwiderte Holly. "Dafür müsste noch irgendwer wissen, dass wir herkommen wollten. Oder uns überhaupt mal verdächtigen?" Die junge Farmerin bezweifelte wirklich ernsthaft, dass irgendwer die kleine Gruppe verfolgte. Dafür waren sie schlicht und ergreifend zu unwichtig. Und wenn dem doch so wäre, hätte der Verfolger nicht wissen können, dass sie zu einem öffentlichen Parkplatz wollten.
Lou:
"Du weißt, dass du sehr wahrscheinlich den Kürzeren ziehen wirst, oder?", meinte Lou zu Ethan, als dieser damit begann, den Blick des Natu zu erwidern. "Finneas hat definitiv mehr Übung."
Jakob blickte zu Ethan, der spontan beschlossen hatte, das Starren zu erwidern. "Hey, Finneas hat mich auch schon angestarrt. Hat mich schon in kurzer Zeit wahnsinnig gemacht. Ich kann kaum verstehen, wie du das so lange aushältst." Allerdings war Jakob froh darüber, dass Finneas Ethan als Starrziel bevorzugte. Er sachüttelte über den reichen Jungen den Kopf und wandte sich an Holly. "Naja, wir wissen nicht, ob der Anruf abgehört wurde. Wenn das die Organisation gemacht hat, wäre es einfach, Johnson aufzuhalten und uns dann das Zeug abzunehmen." Außerdem wäre Jakob dann in großen Schwierigkeiten, da die Organisation richtigerweise annehmen würde, er hätte sie hintergangen.
Ethan entschied sich dazu, den Kommentar des Idioten zu ignorieren. Er hatte nicht vor, sich von dem Natu verrückt machen zu lassen. "Es geht nicht darum, ob ich den Kürzeren ziehe", beantwortete er stattdessen Lous Anmerkung, wenn auch ohne den Blick von Finneas zu lösen. "Ich frage mich eher, ob es den guten Finneas nicht irgendwann irritiert, wenn er selbst dauerhaft angestarrt wird. Und genau das finde ich jetzt heraus."