„Können wir jetzt zum Wesentlichen kommen?“, fragte Ethan doch eher unfreundlich nach. „Ich bin seit zwei Jahren damit beschäftigt, es ihm auszureden“, antwortete Kate letztlich und klang dabei ebenso kühl wie Ethan selbst. „Wenn er das jetzt in der Öffentlichkeit gesagt hat, bezweifle ich, dass ich es noch lange hinauszögern kann.“ Das waren keine sonderlich guten Neuigkeiten und vor allem bedeutete das, dass die Chancen für die Polizei zunehmend geringer wurden. Die Frage war, ob eine private Sicherheitsorganisation die Verbrechen besser im Griff haben würde, aber Ethan bezweifelte es stark. „Ich kann meinen Vater informieren“, sagte er dann. „Ich nehme an, es hilft, wenn er sich auch gegen diesen Plan ausspricht.“ „Vermutlich“, bestätigte Kate mit einem Nicken und wirkte nachdenklich. „Wie viele der anderen Großaktionäre kann er erreichen?“ „Mit Sicherheit nicht alle“, antwortete Ethan mit einem kurzen Kopfschütteln. „Aber einige.“ „Versuch es“, sagte Kate schließlich und es klang eher nach einer Anweisung als nach einer Bestätigung. „Das hatte ich vor“, erwiderte Ethan steif.
"Ich glaube nicht, dass es so einfach ist", erwiderte sie Jakob ehrlich. "Es gibt durchaus einige Dinge, die man auch auf legalem Weg tun kann. Aber die sind dann natürlich mit strengen Vorschriften und Auflagen und Kontrollen belegt. Sowas kostet Zeit und Geld und ist vielleicht auch nicht so effektiv. Ich meine, schau dir einfach mal die Kosmetik- oder Medikamentenindustrie an. Willst du dir vorstellen, was die tun würde, wenn es keine Regelungen gäbe?" Oder was sie zumindest offiziell nicht taten, aber das war wieder eine Richtung, in die Lou nicht denken wollte.
Jakob zuckte nur kurz mit den Schultern. "Ich glaube kaum, dass irgendwer solch eine Organisation aufgebaut hat, nur um ein neues Medikament ohne den Papierkram testen zu können. Außerdem würde man dann weder einen AC-Mitarbeiter, noch die Chiefs umlegen. Das alles bringt so viel Ärger mit sich, wer das alles veranlasst hat, hat entweder mittlerweile die Kontrolle verloren, oder die Pläne sind übler, als wir denken. Ich würde sowas nur dann tun, wenn... naja, ich weiß nicht." Jakob sah Lou kurz ernst an. "Nunja, wenn ich Aventu übernehmen will. Ja, das klingt auch krass, finde ich. Aber in dem Gespräch ist mir grade nichts anderes eingefallen, was die machen könnten. Aber gut, ich kann mich auch genauso gut irren, nicht wahr?"
„Allerdings wird das kaum mehr als ein Aufschub sein“, fügte Kate hinzu. „Er hat diese Idee und er wird sie irgendwann umsetzen. Wir können es hinauszögern, aber verhindern…“ Sie schüttelte den Kopf. „Habt ihr einen kompetenten Ansprechpartner bei der Polizei?“ „Wozu?“ „Wenn die Polizei nicht mehr existiert, werden sämtliche Daten verschwinden“, antwortete sie. „Und vor allem gehe ich davon aus, dass man damit auch eine Menge an Verbindungen und kompetenten Trainern verschwenden würde.“ „Du willst die Polizei als Verbindungsnetz aufrechterhalten?“ „Notfalls.“ „Cordes“, erwiderte Ethan sofort. „Chief Cara Cordes. Sie ist nicht unbedingt sympathisch, aber sie ist kompetent und als Chief hat sie Zugriff auf Daten. Außerdem hat sie uns an Johnson verwiesen, ein Captain aus Litora, der ebenfalls kompetent war. Sie scheint zu wissen, wer zu recht bei der Polizei ist und wer nicht.“ „Das klingt vielversprechend“, entschied Kate mit einem Nicken. „Ich kümmere mich darum.“
"Ich hätte es jetzt nicht so ausgedrückt, aber ich gebe dir insofern recht, dass ich auch glaube, dass es um Macht geht. Macht, Einfluss oder wie auch immer man es nennen will. Wenn die Erfolg haben sollten, dann haben wir ein wirkliches Problem. Weil dann können wir uns auf harte und gefährliche Zeiten gefasst machen", meinte Lou und seufzte. Das Hotel war schon in Sichtweite, sodass sie zumindest für einen Moment an etwas anderes dachte, denn immerhin hatten sie überlegt, ob sie nach Holly suchen sollten. Als ob das Schicksal kläglich versuchen würde, noch etwas zu retten, hörte das Mädchen auf einmal das Bellen eines Pokemon und kurz darauf erblickte sie tatsächlich Lola, die zusammen mit Holly auf einer Bank saß. Letztere war wohl von dem lauten Geräusch überrascht worden und versuchte nun, das Snubbull zu beruhigen, ehe sie aufsah und Lou und Jakob bemerkte. Die junge Farmerin erhob sich von ihrem Platz und winkte den beiden letztlich.
Jakob lächelte leicht, als er Holly sah. Irgendwie beruhigte es ihn, nach einem schweren Gespräch nun doch noch ein bekanntes Gesicht zu sehen. "Ja, Macht und Einfluss. Darum geht es doch immer, wenn es nicht um Geld geht", raunte er noch Lou zu, bevor er schließlich auch noch die Hand hob, um Holly grüßend zuzuwinken.
„Gut“, bestätigte Ethan mit einem Nicken und stand auf. „Ich mache mich wieder auf den Weg.“ „Das war ein kurzer Besuch“, kommentierte Kate und verschränkte die Arme vor der Brust. „Du nimmst es mir ernsthaft übel, dass du nichts sagen darfst?“ „Ich lasse mich nicht gerne bedrohen.“ „Und ich kann darauf verzichten, dass man erfährt, wer ich bin“, antwortete Kate amüsiert. „Das ist ein Interessenskonflikt.“ „Ein Interessenskonflikt, den du mit einer Drohung gelöst hast.“ „Es ist die sichere Variante.“ „Und sie wird einer Kooperation nicht im Weg stehen“, antwortete Ethan kühl. „Aber das heißt nicht, dass ich jetzt regelmäßig zu einer netten Tasse Tee erscheine.“ Belustigt schüttelte Kate den Kopf. „Ich trinke keinen Tee.“
"Ist alles in Ordnung?", erkundigte sich Holly, nachdem sie zu den beiden anderen getreten war. "Ihr seht aus, als ob irgendjemand gestorben wäre." "Das vielleicht nicht, aber gute Nachrichten gibt es wirklich nicht", bestätigte Lou. "Dann schieß mal los", gab die junge Farmerin ernst zurück, woraufhin Lola besorgt die Ohren anlegte. "Arkwright überlegt, die Polizei abzuschaffen", meinte die jüngere der beiden direkt. "Wer?", hakte Holly irritiert nach. "Arkwright. Dem gehört die AC", erklärte Lou. "Und der will die Polizei auflösen?" "Oder umstrukturieren oder irgendetwas in der Art, aber ja", bestätigte Lou. "Ach du Scheiße", war Hollys erste Reaktion. "Und was jetzt?"
Jakob schaute zu Holly. Der finstere Teil des Gesprächs war jetzt vorbei, aber nun wollte Holly auf den neusten Stand gebracht werden. Er schüttelte kurz den Kopf und schaltete sich dann mit in das Gespräch zwischen die beiden Frauen ein. "Jetzt müssen wir erstmal abwarten wann das passiert. Ethan meinte, er will irgendwas machen, aber das will er uns bald erzählen. Wir treffen uns mit ihm vor dem Essen im Hotel. Ich hoffe, er rückt dann auch mit der Sprache raus, was er jetzt besprochen hat."
„Informier mich, ob das Ganze funktioniert“, sagte Ethan lediglich. „Und wie?“, hakte sie noch immer sichtlich amüsiert nach. „Soll ich meinen Vater bitten, deinem eine Nachricht zu hinterlassen?“ Ethan warf ihr einen düsteren Blick zu und griff dann nach seinem AC-Phone. Kate tat es ihm gleich und schien das neue Modell zu besitzen, das noch nicht auf dem Markt war, aber das war keine Überraschung. Es wirkte ein wenig altmodisch, aber das war der von der AC groß angekündigte Retro-Look. Wenig begeistert diktierte er Kate seine Nummer und speicherte ihre, dann sah er zu Nofretete. „Lass das Nachtara in Ruhe, Nofretete.“ Das Mauzi sah ihn vorwurfsvoll an. „Wir gehen.“ Mit einem letzten Fauchen in Richtung des Nachtaras wandte sich Nofretete schließlich ab und stolzierte zu Ethan. „Viel Erfolg“, merkte Kate noch an. Ethan nickte knapp und durchquerte den Salon, um anschließend durch den Flur die Suite zu verlassen. Kate war anstrengend, weil sie wusste, was sie tat, aber bei ihrem Vater und ihrer Ausbildung war das vermutlich kein Wunder. Außerdem war sie in einer Position, in der sie ihm problemlos drohen konnte und das missfiel ihm erst recht.
"Ethan will irgendetwas machen?", hakte Holly nach. "Und was? Mit wem will er denn reden? Soweit ich weiß, will er doch seinen Vater erst noch überzeugen, dass die Polizei wichtig ist. Ich befürchte, dass sich das so eher erledigt hat." Die junge Farmerin war nicht begeistert. Die aktuelle Situation war schon nicht gut, aber nun schien sie katastrophal zu werden. "Ich glaube, dass er mit Kate reden will", meinte Lou dann. "Zumindest klang er am Telefon danach. Ganz sicher bin ich allerdings nicht." "Und was soll die machen?", fragte Holly missmutig nach. "Na ja... Sie ist Liga-Champion und dementsprechend berühmt... Im Zweifelsfall kann sie eine Menge Leute erreichen. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass sie das Ansehen der AC ganz schön anschlagen könnte, wenn sie das wollte", äußerte Lou eine Vermutung. "Ist auch nicht gerade das Gelbe vom Ei", meinte Holly und war wenig begeistert. "Ich bin ja mal gespannt, was Ethan nachher erzählt."
Jakob seufzte einmal kurz. "Du meinst, wenn er was erzählt. Ich glaube, wenn Kate wirklich irgendwas bewegen kann, wird er uns das nicht erzählen. Ich vermute, Kate ist irgendwie wichtig, Ethan kennt sie von früher oder sowas. Ich gehe jede Wette ein, dass ihre Familie auch entsprechend Einfluss nehmen kann." Dann zuckte er kurz mit den Schultern. Im Moment konnten sie sowieso nur Vermutungen anstellen. Jakob war auf jeden Fall gespannt, was Ethan preisgeben würde.
"Er kann nicht einfach nichts erzählen", meinte Holly ziemlich überzeugt. "Und ich denke auch nicht, dass er das tun wird. Er weiß, wie wichtig das alles für uns ist. Es wäre nicht sonderlich hilfreich uns auszuschließen. Und auch nicht sonderlich clever." "Wir müssen ohnehin warten, bis er zurück ist", gab Lou zu bedenken. "Mit etwas Glück dauert das auch nicht mehr sonderlich lange." "Und was sollen wir bis dahin tun? Einfach nur dasitzen und Däumchen drehen?", erwiderte Holly eher missmutig. "Ihr könntet trainieren. Immerhin wollt ihr in der Arena antreten", antwortete die jüngere der beiden. "Wenn wir dann überhaupt noch hier sind", gab die junge Farmerin zurück. "Jetzt warte doch erstmal ab", meinte Lou. "Man soll sich keine Sorgen über ungelegte Eier machen. Oh! Da fällt mir was ein!" Holly sah recht skeptisch zu, wie Lou auf einmal einen Pokeball hervorholte. Der jungen Farmerin lag schon ein Kommentar auf der Zunge, aber statt Lous Sesokitz erschien tatsächlich ein kleiner grüner Vogel. "Du hast ein Pokemon gefangen?", hakte Holly überrascht nach. "Wann?" "Vorhin als wir im Park waren. Dort leben tatsächlich Natu", erklärte die jüngere der beiden und lachte kurz, als sich ihres ein wenig aufplusterte und sie sehr durchdringend anstarrte. "Du hast uns vorhin ganz schön auf Trab gehalten", meinte das Mädchen dem Pokemon gegenüber. Das Natu antwortete mit einem weiteren Aufplustern, was Lou veranlasste, es auf den Arm zu nehmen. "Ich hab mich übrigens entschieden, dich Finneas zu nennen." "Finneas?", hakte Holly irritiert nach. "Findest du das nicht etwas lang?" Das Natu machte sich von Lou los und flatterte dann auf deren Schulter, von wo aus es Holly anstarrte. "Okay... Das ist gruselig", kommentierte diese. "Tut mir leid, falls ich deine Gefühle verletzt habe?" Das Natu starrte Holly weiterhin an, was Lou wiederum ein kurzes Lachen entlockte. "Also Finneas, das ist Holly. Und das", meinte das Mädchen und drehte sich etwas, "ist Jakob."
Jakob betrachtete das Natu. So richtig hatte er das Flug-Pokémon noch nicht aus der Nähe gesehen. Ein wenig musste er grinsen, als es sich aufplusterte. Es war schon irgendwie niedlich. Als sich dann aber Lou zu ihm wandte und ihm das Natu vorstellte, starrte es Jakob an. "Ähm, ja. Hallo Finneas... du hast ... große Augen?"
Bei Jakobs Bemerkung, kam Lou nicht umhin, kurz belustigt zu schnauben. "Nein, die hat er definitiv nicht", erwiderte sie Jakob. "Natürlich hat er die. Also für so ein kleines Pokemon", meinte Holly ein wenig irritiert. "Man sollte das trotzdem nicht sagen", gab Lou zur Antwort, dieses Mal wieder etwas ernster. "Wieso? Es ist doch eine Tatsache", wollte die junge Farmerin daraufhin wissen. "Ja, aber wenn man sagt, dass jemand große Augen hat, bedeutet das eigentlich, dass die betreffende Person eine ausgeprägte Oberweite hat", erklärte die jüngere der beiden. "Und die hat Finneas definitiv nicht." "Okay... Das muss so ein Großstadtding sein", beschloss Holly und schüttelte den Kopf.