Lous Lob nahm Ethan mit einem Lächeln zur Kenntnis, runzelte dann aber die Stirn, als sie von irgendeinem Lächeln sprach, dass sie bei Johnson gesehen haben wollte und das ihm beim besten Willen nicht aufgefallen war. Bevor er sich allerdings dazu äußern konnte, sprach sie zielsicher das an, was sie auch im Krankenhaus angedeutet hatte. Ethan hatte gehofft, dass das Thema nicht noch einmal in diese Richtung gehen würde, sodass er schwer seufzte. "Ich finde nicht, dass man das vergleichen kann", merkte er dann an und schüttelte den Kopf. "Bonaparte hat die Entscheidung getroffen, nicht ich. Ich..." Er brach ab, weil es ihm unangenehm war, das zuzugeben. "Wenn mir so etwas passieren würde wie Johnson, glaube ich nicht, dass ich einfach weitermachen könnte."
"Und das ist in Ordnung. Niemand würde das von dir erwarten. Es wäre deine Entscheidung", versichter Lou ihrem Gegenüber. "Was du aber außer acht lässt, ist die Tatsache, dass Bonaparte zwar entschieden hat, dass er kämpfen möchte, aber er könnte nichts tun, wenn du beschließen solltest, dass dir das alles zu gefährlich ist und du nach Hause gehen willst. Es ist deine Entscheidung gewesen, weiter Freiwilliger zu sein und die hast du garantiert nicht leichtfertig getroffen." Sie wussten immerhin alle, dass es gefährlich war und dass sie sich zunehmend auf dünnes Eis begaben. Vor allem hatte keiner von ihnen die Garantie, dass sich so ein Vorfall nicht wiederholte. Es konnte jederzeit wieder zu Verletzungen kommen. Für Pokémon und Menschen.
Ethan wich Lous Blick aus. "Wenn Bonaparte anders damit umgegangen wäre, hätte ich vielleicht eine andere Entscheidung getroffen. Wahrscheinlich. Ich weiß es nicht." Er hob die Schultern. "Lassen wir das, okay?" Dieses ganze Thema war ihm mehr als ungangenehm. Er hatte das Gefühl, dass er bei dem Vergleich mit jemandem wie Johnson nur schlecht aussehen konnte.
Lou seufzte, griff dann aber nach Ethans Hand und drückte sie leicht. "Auch das wäre okay gewesen", gestand sie ihm zu. "Ich bin auch nur hier, weil ihr da seid. Das gibt mir genug Selbstbewusstsein, um meine Angst zu überwinden. Und wenn du Bonaparte vertraust und dir das hilft, das zu tun, von dem du glaubst, dass es das Richtige ist, dann muss dir das nicht unangenehm sein. Deine Entscheidung ist nicht weniger wert, nur weil du unsicher bist oder Zweifel hast... Es ist nicht die Kunst, keine zu haben, sondern sie zu überwinden und das immer wieder", meinte sie und suchte Ethans Blick. Er sollte wirklich wissen, dass es keinen Grund gab, beschämt zu sein.
Ethan bemerkte, das Lou nach seiner Hand griff, sodass er sie letztlich doch ansah, wenn auch nur kurz. Auch wenn sie beteuerte, dass es nicht so war, fühlte er sich dennoch schlecht. Sie hatten mittlerweile so viele Leute getroffen, die so viel mehr taten als er - angefangen bei Cordes, die als Chief weitermachte, obwohl diverse Chiefs genau deswegen getötet worden waren, über Riccardo, der den Tunnel gestürmt hatte, obwohl nicht einmal er hatte wissen können, was ihn dort erwartete, bis hin zu Johnson, der trotz der schrecklichen Verletzungen weitermachte. Und er selbst hatte bereits Zweifel, nur weil eines seiner Pokémon verletzt worden war. Tatsächlich wusste er nicht einmal, was er überhaupt dazu sagen sollte. "Vielleicht hast du recht", sagte er dann einfach, um überhaupt etwas zu sagen.
"Zweifel nicht an unserem und schon gar nicht an deinem Wert", meinte das Mädchen schließlich. "Keiner muss mehr leisten, als er bereit ist zu geben. Wir tun uns vielleicht nicht hervor, aber wir leisten unseren Teil und daran ist nichts falsch. Gar nichts. Niemand kann verlangen, dass du dich kaputt machst. Wir nicht, Kate nicht, Cordes nicht oder wer auch immer. Niemand." Lou verstärkte den Griff um Ethans Hand noch einmal. Sie verstand bedingt, was los war, denn wenn man das große Ganze betrachtete, dann waren sie wirklich nur klein und unbedeutend, aber wenn sie sich Ethan so ansah, war sie sich nicht sicher, ob das wirklich alles war, was bei ihm dahinter steckte.
"Es geht ja nicht um den Wert", räumte Ethan letztlich ein. "Es... es gibt nur so viele Menschen, die viel... selbstverständlicher helfen. Die Dinge tun, die ich vermutlich nie tun würde. Selbst wenn ich es könnte." Er seufzte und schüttelte den Kopf, wobei er Lou weiterhin nicht direkt ansah. "Wie auch immer", fügte er dann hinzu. "Lass uns das Thema bitte einfach lassen, okay?"
Lou zögerte einen Moment, in dem sie Ethan einfach nur weiter ansah. "Nein", entschied sie dann, ließ seine Hand aber nicht los. "Nicht so jedenfalls." Lou seufzte und schüttelte leicht den Kopf. "Du lässt außer acht, dass die Leute, von denen du da gerade redest, alle mehr Lebenserfahrung haben als wir. Wir wissen nicht aus welchen Gründen sie helfen, was ihre Motivationen sind... Genauso wenig wissen wir, wie es ihnen dabei geht. Ich glaube kaum, dass Johnson oder Cordes keine Angst haben, Kate leidet offensichtlich an der Trennung von Riccardo und warum kümmert es ihn überhaupt, was hier in Aventu passiert, wenn er doch aus Kanto kommt? Nur weil es leicht aussieht, heißt es nicht, dass es auch leicht ist. Du solltest dich nicht schlecht fühlen müssen, weil du Vorbehalte hast. Vor allem... Wie sicher kannst du sein, dass du bestimmte Dinge nicht tun würdest? Als wir uns kennengelernt haben, hättest du da wirklich geglaubt, dass du einen Polizeichief bestechen würdest? Oder dass du Kate, die ja Arkwrights Tochter ist, hintergehen würdest, damit einige Dinge endlich ins Rollen kommen? Vor allem... Wer außer dir hätte sich das wirklich getraut?", zählte sie auf, um ihm zu zeigen, dass es mit Sicherheit nicht ganz so... einfach war.
"Ich weiß, dass ich nicht in ihre Köpfe schauen kann", räumte Ethan ein, "aber ich weiß, was in meinem vorgeht." Er zwang sich dazu, den Blick zu heben, um Lou anzusehen. "Ich hatte Angst, als wir in Litora nur in der Nähe des Tunnels waren - geschweige denn als wir mit Riccardo im Tunnel waren. Ich habe Rodriguez nicht bestochen, weil ich besonders mutig war, ich habe ihn bestochen, weil es der sicherste Weg war. Und bei der Sache mit Kate war ich anfangs dagegen, wie du sicher noch weißt." Ethan seufzte und sah wieder zu Boden. "Ich weiß doch, wie wichtig diese ganze Sache ist, aber trotzdem mache ich mir Sorgen um die Sicherheit von meinen Freunden, von meinen Pokémon, von meiner eigenen."
"Und damit bist du nicht allein", meinte Lou verständnisvoll. "Denk nicht schlecht von dir, weil du nicht willst, dass dir oder denen, die dir wichtig sind, etwas passiert. Schon gar nicht, weil es eigentlich bedeutet, dass wir gerade das komplette Gegenteil tun, indem wir uns alle in Gefahr bringen." Lou drückte abermals seine Hand. Es tat ihr weh, Ethan so zu sehen. Einerseits war es nachvollziehbar und gleichzeitig war er in ihren Augen der Letzte, der solche Selbstzweifel haben musste. "Ich halte dich übrigens für sehr mutig", merkte das Mädchen schließlich an. "Du hast die Dinge zwar relativiert, die ich gerade angemerkt hatte, aber das macht gar nichts... Tatsächlich... Da unten im Tunnel warst du es, der mir Halt gegeben hat. Ohne dich hätte ich vermutlich vor Angst die Nerven verloren oder angefangen unkontrolliert zu weinen oder etwas in der Art... Auch wenn es dir nicht viel scheint, aber für mich hat es einen großen Unterschied gemacht."
Je länger Lou versuchte, ihn irgendwie zu überzeugen, desto weniger wusste Ethan, was er eigentlich sagen sollte. Er setzte sogar mehrfach dazu an, irgendetwas zu sagen, brach aber jedes Mal aber, weil er nicht wusste, was. "Ich... weiß nicht, was ich dazu sagen soll", gab er letztlich zu. "Das... was du sagst, klingt gut, aber... irgendwie kann ich das nicht einfach so glauben." Er seufzte schwer. "Trotzdem danke."
„Ich glaube auch nicht, dass das unbedingt einfach ist“, gestand Lou ihm zu. „Es ist nicht gerade leicht, gut von sich zu denken, wenn man das Gefühl hat, weit hinter anderen zurückzustehen und dann auch noch bei so einer wichtigen Sache... “ Sie suchte seinen Blick, wollte ihn so zeigen, dass sie für ihn da war, immerhin schien ihn dieses Thema wirklich mitzunehmen. „Aber genau dafür hat man auch Freunde. Damit die einen daran erinnern können, was man geleistet hat und dass es Leute gibt, die das, was man tut, auch wertschätzen“, meinte das Mädchen.
Ethan fuhr sich mit der freien Hand durch das Haar. "Trotzdem habe ich nicht das Gefühl, dass ich etwas geleistet hätte", wandte er ein, ohne zu Lou zu sehen, obwohl er aus dem Augenwinkel bemerkt hatte, dass sie ihn ansah. "Aber vielleicht vergleiche ich mich auch mit den falschen Leuten." Er hob die Schultern. "Wenn ich mich mit jemandem wie Charline vergleiche, schneide ich bestimmt besser ab..."
„Untersteh dich, dich mit ihr in dieselbe Kategorie zu packen“, meinte Lou ein wenig empört. „Das hast du echt nicht nötig. Schon gar nicht bei der.“ Das Mädchen schnaubte abfällig, ehe es den Kopf schüttelte und wieder zu Ethan sah, auch wenn der Lous Blick auszuweichen schien. „Was spricht dagegen, Holly, Jakob und mich zu nehmen, wenn du dich schon mit irgendwem vergleichen willst? Weil dann dürftest du feststellen, dass du gar nicht so schlecht dastehst, wie du glaubst.“
Ethan rang sich ein Lächeln ab und sah letztlich doch zu Lou. "Ich werde es zumindest versuchen", gestand er ihr dann zu, wobei er zugeben musste, dass ihre Empörung bezüglich Charline irgendwie amüsant gewesen war. Was allerdings wichtiger war, war die Tatsache, dass sie ihm unbedingt helfen zu wollen schien und das wiederumw ar irgendwi ein gutes Gefühl. "Danke, Lou."