"Und das ist auch okay für dich?", fragte Holly sicherheitshalber nach. "Weil so wie es aussieht, bist du wirklich der einzige, der ein Auto fahren kann." Lou sah noch einmal skeptisch zu Jakob, wandte sich dann aber lieber dem eigentlichen Gespräch zu. "Holly hat recht. Wenn es dir zu blöd ist, finden wir eine andere Möglichkeit", bekräftigte das Mädchen die Aussage seiner Begleiterin.
"Es ist billliger und praktischer", erwiderte Ethan mit einem Schulterzucken. "Ich sehe da jetzt kein Problem." Kurze Zeit später erreichten sie die Enterprise-Autovermietung, deren Angbeot tatsächlich von kleinen Zweitürern bis hin zu Oberklasse-Kombis reichte. Ethan entschied sich letztlich für das neueste Modell des VW Golfs, für das es ein Ein-Wochen-Paket gab, das - auch mit dem obligatorischen Zuschlag, weil er offiziell in der Probezeit war - durchaus als billig zu betrachten war. Der Angestellte brachte sie anschließend zu einer angrenzenden Halle, in der diverse Mietwagen parkten, dann gab er ihnen den Schlüssel für den schwarzen Golf. "Er tankt Benzin", fügte der Mann noch hinzu. Ethan nickte und betätigte den Knopf, der das Auto entriegelte. Der Angestellte verschwand derweil wieder.
Jakob war erstaunt, wie schnell sie das Auto bekamen. Immerhin hatte der Angestellte nicht sehr skeptisch gewirkt, dass vier Teenager ein Auto mieten wollten. Ein wenig teuer war das Ganze zwar geworden, aber das lag vor allem an dem Zuschlag, den Ethan als Fahranfänger zahlen musste. Jakob war trotzdem beruhigt, da er dachte, dass Ethan wohl durchaus besser und vorsichtiger fahren würde, als Cordes oder Charly. Der Teenager stieg kurzerhand, nachdem Ethan das Auto entriegelt hatte, auf den Rücksitz.
"Das war erstaunlich simpel", bemerkte Holly letztlich. "Aber gut, wenn man so drüber nachdenkt... Du bist volljährig, kannst nachweisen, dass du fahren kannst... Es ist schön, wenn mal was einfach funktioniert." Lou lachte kurz amüsiert, ehe sie ebenso amüsiert den Kopf schüttelte. "Danke übrigens, dass du das machst", meinte das Mädchen mit einem Lächeln zu Ethan, ehe es schließlich auf der Beifahrerseite einstieg.
"Wie gesagt, ich sehe da kein Problem drin", erwiderte Ethan an Lou gewandt, erwiderte aber zumindest das Lächeln, bevor er ebenfalls einstieg. Anschließend startete er den Golf und testete, wann bei diesem Auto die Kupplung kam. Nachdem er den Punkt gefunden hatte, lenkte er den Golf aus der Halle nach draußen. Da auf der Straße gerade Verkehr war und er für den Moment ohnehin warten musste, stellte er an dem eingebauten Navi die Hauptwache der Polizei als Zielort ein. Das Auto verkündete eine verkehrsbedingte Fahrtzeit von etwa zwanzig Minuten. Als sich in dem Verkehr eine Lücke ergab, fuhr Ethan los. Der Golf war im Vergleich zu dem F-Type definitiv langsamer, vor allem was die Beschleunigung nach roten Ampeln anging. Insgesamt fuhr sich das Auto aber angenehm und hatte glücklicherweise auch keine Automatik. Wenn kein Verkehr war, ging Ethan zu seinem üblichen Fahrstil über - 10%-Toleranzgrenze.
Jakob sah zu Holly, als sie sich zu ihm auf die Rückbank setzte. Er hatte zwar ein wenig darauf gehofft, dass sich Lou neben ihn setzen würde, aber bei dem, wie er sich im Moment verhielt, verwunderte es ihn auch nicht weiter, dass das Mädchen sich lieber nach vorne setzte. "Danke auf jeden Fall", bekräftigte Jakob. "Du tust verdammt viel für uns, nur dass ich es mal gesagt habe." Dann lehnte er sich zurück und sah aus dem Fenster. Ethans Fahrstil empfand er durchaus angenehm. "Man merkt auf jeden Fall, dass du Übung hast."
"Du fährst deutlich angenehmer als Cordes", meinte Holly auf Jakobs letzte Bemerkung hin. Gut, es war nicht schwer, angenehmer als die Polizistin zu fahren, aber Cordes war ohnehin in vielerlei Hinsicht ein Fall für sich. "Allerdings. Und zwanzig Minuten fahren sind definitiv ein Unterschied zu einer Stunde laufen", bemerkte Lou mit einem Nicken in Richtung Navi. Ansonsten versuchte sie zu verbergen, dass sie durchaus davon überrascht war, dass Jakob anerkannte, dass Ethan viel für die Gruppe tat. Das war gerade deshalb merkwürdig, weil er gerade erst wieder eine von seinen Eifersuchtsanwandlungen hinter sich gebracht hatte.
Als sich der Idiot allen Ernstes spontan bei Ethan bedankte, warf dieser einen skeptischen Blick in den Rückspiegel, aber der Idiot sah aus wie immer. Woher dieser plötzliche Dank kam, war Ethan durchaus schleierhaft, aber er relativ wenig Lust, darüber zu diskutieren, sodass er lediglich kurz nickte, was der Idiot auch von hinten sehen musste. "Es ist nicht schwer, angenehmer als Cordes zu fahren", kommentierte Ethan dann durchaus amüsiert Hollys Anmerkung. "Aber kommen wir zurück zum Wesentlichen. Wie sollen wir mit Baker umgehen? Was sagen wir ihm?"
Jakob erwiderte das Nicken und lächelte kurz. Seine Eifersuchtsanwandlung konnte er am besten wieder gut machen, indem er generell ein wenig netter war. "Das ist eine gute Frage", meinte dann Jakob auf Ethans frage hin. "Machen wir es so wie immer? Sagen wir, von wem wir kommen und sehen dann, wie es weiter geht?"
"Das ist zumindest ein Anfang", meinte Holly auf Jakobs Aussage hin. "Das Gute ist, dass wir offiziell hier sind und im Endeffekt sind wir ja an ihn verwiesen worden. Im schlimmsten Fall wird er uns wie Watanabe sagen, dass er nichts für uns zu tun hat, oder?" "Was aber nicht die Frage beantwortet, ob wir ihm sagen, weshalb wir wirklich hier sind. Ich würde es tatsächlich auch davon abhängig machen, wie er auf Johnsons Namen reagiert, um ehrlich zu sein", teilte Lou ihre Gedanken mit.
Das Navi behielt Recht und nach knapp 20 Minuten erreichten sie die Hauptwache. Diese verfügte sogar über einen Parkplatz, was ein weiterer eindeutiger Pluspunkt war. Nachdem Ethan geparkt hatte, stiegen sie aus dem Auto und machten sich auf den Weg zu dem Gebäude. Wie in allen bisherigen Polizeiwachen auch befand sich im Eingangsbereich eine Theke, hinter der in diesem Fall ein unscheinbar wirkender Mann mittleren Alters saß, der gerade telefonierte. Ethan und die anderen traten zu dem Tresen, woraufhin ihnen der Polizist bedeutete, kurz zu warten, bevor er sich mit dem tatsächlich schnurlosen Telefon abwandte und in einem Raum hinter der Theke verschwand. Ethan nahm an, dass er das Gespräch alleine zu Ende führen wollte.
Jakob sah dem Mann noch hinterher, als dieser in dem Raum hinter der Theke verschwand. "Ich hoffe ja auch, dass er für uns Zeit hat. So wie alles klang, ist der Captain wahrscheinlich auch viel beschäftigt."
"Im schlimmsten Fall müssen wir eben später wiederkommen", meinte Holly auf Jakobs Aussage hin. "So lange er uns nicht als überflüssig ansieht, ist das dann auch noch zu verkraften." "Stimmt schon", erwiderte Lou und hob kurz die Schultern, "aber es wäre trotzdem echt nicht schlecht, wenn es jetzt doch schon klappen würde."
Ethan nickte zustimmend, ansonsten gab es in seinen Augen wenig dazu zu sagen. Nach recht kurzer Zeit kam schließlich der Mann aus dem Nebenzimmer zurück und stellte das Telefon dann auf die Ladestation. "Guten Tag", begrüßte er sie. "Was kann ich für Sie tun?" Ethan fiel auf, dass die Uniform des Mannes eigentlich zu viele Sterne aufwies, als dass er Dienst am Empfang hatte. Prüfend musterte Ethan den Polizisten, der mit seinen mattbraunen Haaren, die an den Schläfen bereits erste graue Stellen aufwiesen, und seinem ebenso absolut durchschnittlichen Gesicht keine nennenswerten Merkmale aufzuweisen schien. "Wir würden gerne mit Captain Baker sprechen", antwortete Ethan dann. Der Anflug eines Lächelns trat auf das Gesicht des Polizisten. "Das tun Sie bereits."
Jakob blickte ein wenig erstaunt den Polizisten hinter dem Tresen an. Damit hatte sich die Frage, ob sie heute noch mit ihm sprechen konnten, auf eindeutige Art und Weise geklärt. Kurz sammelte er sich und lächelte dann. "Das ist sehr erfreulich, dass wir Sie so spontan antreffen", meinte er einleitend und sah dann zu den anderen.