"Es sieht stabil aus", erwiderte der Arzt. "Das Antibiotikum scheint zu wirken. Wir werden gleich noch einmal Bluttests machen, außerdem ein Ganzkörper-CT und, da es ein Feuer-Pokémon ist, eine Langzeitmessung der Körpertemperatur." "Wie lange wird das dauern?", hakte Ethan nach. "Mit Sicherheit eine Stunde, vielleicht auch mehr", antwortete der Arzt. "Und wir werden eine chemische Analyse der Stoffe durchführen, die bei der Flamme verbrannt werden. Vielleicht erklärt das die Farbe." Ethan nickte und sah dann zu Lou. "Vielleicht wäre das eine Gelegenheit für ein Frühstück."
Lou lauschte dem Arzt aufmerksam, als dieser erläuterte, was der aktuelle Plan war. Im Großen und Ganzen klang das in Lous Ohren tatsächlich ganz gut. "Sie meinen, weil die Flamme blau ist? Danach wollte ich tatsächlich fragen", meinte das Mädchen daraufhin. Aber diese Frage hatte sich offensichtlich erübrigt, wenn erst eine chemische Analyse durchgeführt werden musste, sodass Lou sich an Ethan wandte. "Da kann ich wohl kaum widersprechen", erwiderte sie ihm und nickte dann leicht. Frühstück war eine gute Idee, so langsam stellte sich dann doch der Hunger bei ihr ein.
Jakob war der Meinung, dass er viel zu früh von Holly geweckt worden war. Immer noch gingen ihm die Ereignisse von gestern durch den Kopf und er wollte sich lieber weiter ausruhen, als sich mit irgendetwas beschäftigen. Eher schlecht gelaunt und schweigsam verbrachte er das Frühstück mit Holly und der Gedanke, dass Lou und Ethan immer noch nicht zurück gekommmen waren, ließ ihn stutzig werden. Zum einen hatten sie nichts von den beiden gehört, also musste es dem Glumanda gut gehen, aber zum anderen bedeutete das, dass Ethan mehr Zeit mit Lou verbracht hatte. Diese Gedanken verfolgten ihn, während sie auf dem Weg zum Pokémon-Center waren und seine Laune wurde dadurch nicht besser. Holly zu sagen, was ihn beschäftigte hielt er für eine beschissene Idee, denn sie würde sicher nur wieder auf ihm herumhacken. Ziemlich schlecht gelaunt und müde betrat Jakob also mit Holly das Center, zu dem Ethan das Glumanda gefahren hatte, um es zu retten.
Der Morgen war bisher recht schweigsam verlaufen, aber das war Holly im Augenblick tatsächlich ganz recht. Der gestrige Tag hatte ihnen allen ganz schön zugesetzt und wenn sie die Dinge heute ruhiger angingen, war das mehr als in Ordnung. Im Pokémon-Center selbst meldeten Jakob und sie sich am Tresen, wo man ihnen erklärte, dass wirklich nur zwei Besucher auf die Intensivstation konnten, aber dass man Lou und Ethan informieren würde. Die beiden tauchten auch kurze Zeit später auf, wobei die junge Farmerin fand, dass vor allem Lou ziemlich fertig und vor allem müde aussah. Ein Kommentar, den sie sich aber bewusst verkniff. "Hallo ihr zwei", begrüßte Holly ihre beiden Begleiter. "Wie sieht es bei euch so aus?" "Geht so", antwortete Lou daraufhin. "Das Glumanda ist stabil, aber gut geht es ihm nicht."
Jakob schüttelte den Kopf. Es war nett von Lou, dass sie sich gleich Gedanken um das Glumanda machte, aber sie selbst sah nicht sehr gut aus. "Und wie geht es dir?", fragte er dann ziemlich direkt. "Du siehst aus, als hättest du kaum geschlafen!"
"Hab ich auch nicht", bestätigte Lou und hob dann die Schultern. "Ich mach mir im Augenblick einfach Sorgen um das Glumanda. Da bin ich nicht zur Ruhe gekommen." Holly nickte verständnisvoll. Soweit sie das einschätzen konnte, passte das zu Lou und sie nahm an, dass sich das erst wieder normalisieren würde, wenn feststand, ob das Glumanda es nun geschafft hatte oder eben nicht. "Wie geht es dir, Ethan? Du bist auch etwas blass um die Nase. Alles okay?", erkundigte sich Holly bei dem jungen Mann, den Jakob eben außer acht gelassen hatte. Sie hoffte wirklich, dass das einfach ein Versehen war und nicht wieder eine von seinen Eifersuchtsanwandlungen.
"Ja, soweit ist alles in Ordnung", erwiderte Ethan an Holly gewandt, da der Idiot ihn wieder einmal ignoriert hatte. Ethan fragte sich, was er ihm nun wieder getan hatte, nicht einmal der Idiot konnte glauben, dass in einer Situation wie dieser irgendetwas mit Lou gelaufen wäre. "Aber aktuell können wir vermutlich wenig tun als abzuwarten."
"Vermutlich", meinte Jakob auf Ethans Aussage hin und schnaubte kurz. Er hatte das Gefühl, als ob sich Ethan gerade zum Experten in Pokémongesundheit aufspielte, aber auf so etwas hatte der Teenager gerade keine Lust. "Ist eigentlich schon überprüft worden, ob das Glumanda einen Besitzer hat oder ob es ein Wildfang ist?"
"Das stimmt leider. Das Kleine hat eine echt üble Infektion, die mit Antibiotika behandelt werden muss", bestätigte Lou dann Ethans Aussage. "Es ist bewusstlos, an diverse Geräte angeschlossen und bekommt gefühlt einen Tropf nach dem anderen..." Das Mädchen seufzte kurz und hob ratlos die Schultern. "Ob es einen Besitzer hat oder nicht, wissen wir nicht... Keine Ahnung, ob das schon überprüft worden ist." Außerdem spielte das für Lou im Augenblick nur eine untergeordnete Rolle. Erstmal musste es dem Glumanda wieder besser gehen. "Das klingt ziemlich heftig... Wir haben den restlichen Tag mit Cordes verbracht", erzählte Holly daraufhin, um das Thema zu wechseln. Der Zustand des Feuerpokémons machte Lou ganz eindeutig fertig und Holly wollte nicht noch weiter unnötig in die Kerbe schlagen.
Jakob nickte und lächelte Lou kurz an. "Ja, immerhin wissen wir, dass sich eine sehr kompetente Frau mit den ganzen Daten beschäftigt", meinte der Teenager darauf hin. "Und es klingt schon echt übel, was mit dem Kleinen gerade los ist. Ich hoffe ja echt, dass es jetzt den Unterschied merkt, dass die Leute hier ihm helfen wollen."
"Ja... ja, das hoffe ich auch", erwiderte Lou auf Jakobs Aussage hin und rang sich ein dünnes Lächeln ab. "Darum bleib ich eigentlich bei ihm... Gelegentlich rede ich auch mit ihm... Aber, ja... wir müssen eben abwarten. Wie lief es mit Cordes?", Selbst Holly konnte sehen, dass Lou das Thema zu schaffen machte, sodass sie sich fragte, wie Jakob das ignorieren konnte. "Also insgesamt betrachtet ganz gut", antwortete die junge Farmerin, wobei sie besonders das Wort 'insgesamt' betonte. "Wir haben erstmal alle Bücher und Akten rausgeschleppt und dann in Cordes' Hotelzimmer geschleppt und dort sortiert. Soweit wir wissen, verteilt sie die Informationen jetzt an diverse Leute. Mit der Professorin stand sie gestern schon in Kontakt. Sie hat Fotos gemacht und sie ihr geschickt und sie wollten auch nochmal telefonieren."
"Also geht es bei der ganzen Sache um molekularbiologische Dinge?", fragte Ethan. "Soweit ich weiß, ist das doch Eukalypts Forschungsgebiet." Und wenn dem so war, dann war dem Glumanda entweder etwas mikroskopisch Kleines implantiert worden oder etwas, das sich im Körper des Pokémon aufgelöst hatte.
Jakob sah zu Ethan und schüttelte leicht mit dem Kopf. "Von den Büchern, die sie zurückgelassen haben, waren einige dabei, die sich mit DNA, Enzyme und so Zeugs beschäftigt haben. Also ja, ich glaube, das ist Molekularbiologie, oder?" Der Teenager zuckte mit den Schultern und kratzte sich am Kopf. Ethan war was wissenschaftliche Gebiete anging so viel besser als Jakob. Er fühlte sich nicht so, auf dieser Linie mit dem Courtenay mithalten zu können. "Aber ja, sie schickt alles an Eukalypt weiter und hat auch gesagt, dass sie sehr vertrauenswürdig ist."
"Ich habe, ehrlich gesagt, keine Ahnung, woran die Professorin forscht, aber wenn Cordes sagt, dass sie davon Ahnung hat, dann glaub ich ihr das durchaus. Nachdem ihr zwei los seid, hatte ich die Aufgabe die Bücher so schnell wie möglich zu überfliegen. Ich sollte das über Transplantationen ignorieren und mir die über Implantationen angucken... Und ich hab die dann ja später auch nochmal gesehen, als wir die für Cordes sortiert haben. Es waren definitiv Bücher dabei, die Jakob gerade aufgezählt hat. Es waren eine ganze Reihe technischer Bücher dazwischen... Minimalirgendwas war das Wort, Sachen zur Narkose, Abwehrreaktionen, sowas alles... Aufgefallen ist, dass das Hauptaugenmerk irgendwie darauf lag, irgendwas sehr Kleines in die Haut oder die Muskeln zu bringen. Und bei dem DNA-Kram waren auch zwei oder drei Bücher zu Mutationen dabei. Also zu künstlichen... Ich hoffe ja, dass die Professorin aus dem ganzen Kram eher schlau wird und im Endeffekt sagen kann, was genau von alldem wichtig ist...", berichtete Holly dann und hob letztlich ein wenig ratlos die Schultern. "Das... das klingt wirklich nicht gut. Und das, was ihr gerade erzählt... Das ist ja quasi nur ein Bruchteil vom großen Ganzen", entgegnete Lou daraufhin. Dem Mädchen gefielen diese neuen Informationen gar nicht, aber Holly hatte zumindest insofern recht, dass vermutlich jemand vom Fach, in diesem Fall die Professorin, eher sagen konnte, wie alles genau zusammen passte. Jedenfalls wollte Lou sich das für den Moment einreden.
"Natürlich hält Cordes Eukalypt für vertrauenswürdig, sie sind doch sogar befreundet", merkte Ethan mit einem Schulterzucken an. "Aber wenn sie sich damit auskennt, könnte uns das vielleicht wirklich weiterhelfen." Auch wenn das dem Glumanda vermutlich nichts bringen würde, aber das ließ er unerwähnt. "Vielleicht sollten wir die anderen Beteiligten bei Gelegenheit auch auf den neuesten Stand bringen - Kate und Riccardo zum Beispiel."