"Guten Morgen", begrüßte auch Lou Chief Cordes, als diese das Zimmer betrat. Das Mädchen hatte nicht damit gerechnet, die Polizistin sobald wiederzusehen, aber wirklich unerwartet war es nicht. "Stabil, aber immer noch nicht gut. Der Arzt meinte, dass das Antibiotikum durchaus angeschlagen hat", beantwortete Lou anschließend die Frage. "Es sind eine Menge Tests gemacht worden und werden immer noch gemacht... Es ist auch kein Implantat gefunden worden oder so, aber das Kleine hat eine OP-Narbe... Ansonsten ist seine Flamme im Vergleich zu gestern ein kleines bisschen größer geworden... Es wird chemisch analysiert, was da in der Flamme verbrannt wird, weil... naja... sie ist halt blau." Lou hob ratlos die Schultern, unsicher, was sie eigentlich alles sagen sollte. Die ganzen Untersuchungen konnte ohnehin ein Arzt oder eine Schwester besser erklären.
Cordes schien das Glumanda durchaus interessiert zu mustern, dann nickte sie kurz. "Was ist mit dem Telefonat mit Kate?" Ethan unterdrückte das Bedürfnis zu seufzen. "Sie will sich nach weiteren Forschungseinrichtungen umsehen", antwortete er dann. "Und sie rät uns, das Glumanda möglichst geheim zu halten. Sie scheint der Meinung zu sein, dass es uns irgendwie Aufschluss darüber geben kann, was in dem Labor eigentlich gemacht wurde." "Ich bin mir sicher, die Akten zu dem Pokémon werden in diesem Pokémon-Center dezent verschwinden, wenn ich das anordne", merkte Cordes an. "Die Frage ist, wohin mit dem Glumanda."
Lou horchte auf, als Cordes die Frage in den Raum warf, was mit dem Glumanda passieren sollte. "Ich nehme es", meinte das Mädchen daraufhin, stockte dann allerdings einen Augenblick, weil es seine Antwort nicht durchdacht hatte. "Wenn... wenn wir es verstecken sollen, dann ist es sicher bei uns. Wenn wir unterwegs sind, sind wir nur ein paar Jugendliche. Niemand interessiert sich für ein paar Teenager, die umherreisen, oder?"
Ethan sah überrascht zu Lou. Gut, halb hatte er mit diesem Vorschlag gerechnet, aber eben nur halb. "Nein", sagte Cordes sofort. "Das ist zu riskant. Falls es irgendwer herausfindet, macht ihr euch damit zur Zielscheibe." Der Chief hatte bei dieser Aussage äußerst entschieden geklungen und Ethan nahm an, dass Cordes sie tatsächlich irgendwie beschützen wollte. Zumindest wirkte das so, auch wenn das nicht zu dem Gemüt des Chiefs passte.
Lou sah Chief Cordes getroffen an. Die Antwort war sehr schnell gekommen und klang auch nicht nach dem üblichen, mürrischen Selbst der Polizistin. "Wo soll es denn sonst hin?", fragte Lou dann nach. "Sie als Chief sind doch schon genug in Gefahr und die Polizei generell ist nicht sicher..." Vor allem konnte niemand sagen, wie lange es die Polizei noch geben würde, aber Lou glaubte nicht, dass sie das noch extra erwähnen musste.
"Ich könnte mir vorstellen, es zu Eukalypt zu schicken", antwortete Cordes. "Ein Glumanda mehr oder weniger fällt nicht auf, sie züchtet sie sowieso." Das war in Ethans Augen zwar durchaus eine gute Idee, aber es gab ein entscheidendes Problem daran - Kate hatte gesagt, dass man das Glumanda trainieren sollte und genau das würde bei Eukalypt höchstwahrscheinlich nicht passieren. "Aber damit würden Sie doch Eukalypt zur Zielscheibe machen", merkte er an, immerhin waren die beiden befreundet. "Sie kann deutlich besser auf sich aufpassen als ihr", erwiderte Cordes ungerührt.
Lou nickte zustimmend, als Ethan anmerkte, dass damit die Professorin zur Zielscheibe wurde, aber leider hatte Cordes auch dafür einen Konter und einen ziemlich guten noch dazu. Das Mädchen seufzte und fuhr sich ratlos durch das Haar. Natürlich wollte Lou das Beste für das Glumanda, aber nach allem, was passiert war, wollte sie sich auch selbst um das kleine Feuerpokémon kümmern. "Bei ihr ist schon einmal eingebrochen worden", merkte Lou dann an. "Das heißt doch, dass die Professorin und das Labor bereits unter der Beobachtung von diesen Leuten stehen, oder?" Und das konnte nicht sicher sein. Irgendwer musste dann nur eins und eins zusammenzählen und dann waren sowohl das Glumanda als auch die Professorin in ernster Gefahr.
Cordes seufzte und Ethan war sich nicht sicher, ob es eher ein genervtes oder ein resigniertes Seufzen war. "Ich denke darüber nach", sagte der Chief dann. "Allerdings werde ich jetzt sicherheitshalber direkt mit dem hiesigen Personal reden. Wenn es etwas Neues gibt, will ich informiert werden."
Lou sah die Polizistin einen Augenblick lang skeptisch an, ehe sie gehorsam nickte. "Ja, natürlich", meinte das Mädchen dann. "Und... danke." Cordes hatte zwar nicht zugestimmt, aber letztlich auch nicht abgelehnt, sondern entschieden, die Argumente noch einmal zu überdenken und für den Augenblick würde Lou das so hinnehmen.
Mit einem knappen Nicken verließ Cordes das Zimmer und Ethan sah durch die Glaswand zu, wie sie zu einer der Schwestern trat. Dann wandte er sich Lou zu. "Ich bin mir zwar nicht sicher, ob das wirklich eine gute Idee ist", merkte er dann an, "aber falls du das Glumanda bekommst und Hilfe brauchen solltest, musst du mir nur Bescheid geben."
Lou seufzte, ehe sie zu Ethan sah. Sie verstand, dass er sich Sorgen machte und auch woher diese Sorgen kamen. "Ich weiß es ehrlich nicht... Und es tut mir leid, dass ich das einfach so entschieden habe, immerhin geht es ja auch dich und die anderen beiden an", meinte Lou und seufzte abermals, ehe sie ihren Blick nun auf das Glumanda richtete. "Weißt du... Es ist nicht, dass ich Cordes nicht zutraue, einen sicheren Platz zu finden, aber... ich fühl mich für das Kleine verantwortlich. Als wir es da aus dieser fürchterlichen Einrichtung geholt haben und auch jetzt, wo wir hier sitzen und einfach nur bei ihm warten... Ich will was Richtiges tun. Ich meine... ich hab ihm im Endeffekt zugesagt, dass alles gut wird, wenn es durchhält... Und es wird besser. Ich... ich glaube fest daran, dass das Glumanda sich erholt." An die andere Möglichkeit wollte Lou nicht einmal denken. Sie verbat sich, Zweifel daran zu haben, dass das Kleine wieder gesund wurde. Lou sackte ein wenig in sich zusammen, ließ dann sogar den Kopf hängen. Die ganze Situation, das Warten und die Ungewissheit, war anstrengend und zermürbend. Als Ethan ihr dann allerdings seine Hilfe zusagte, was vor allem nicht das erste Mal war, hob Lou ihren Blick und richtete ihn auf Ethan. Sie wusste, dass er zu ihr hielt, aber Lou hatte in dieser Situation nicht damit gerechnet, dass er ihr einfach so Hilfe zusichern würde. "Ich... ich weiß gar nicht, was ich sagen soll", meinte Lou gerührt, ehe sie sich kurz über die Augen wischte. "Danke Ethan. Wirklich... Das bedeutet mir unglaublich viel."
Ethan war sich nicht sicher, womit er diese Reaktion von Lou nun ausgelöst hatte, aber sie wirkte definitiv gerührt. Und das, obwohl es nicht das erste Mal war, dass er ihr seine Hilfe angeboten hatte. Er legte ihr mit einem Lächeln eine Hand auf die Schulter. "Ich glaube, es wäre bei dir in guten Händen, du findest bestimmt einen Weg, mit ihm umzugehen, egal was es durchgemacht hat", erwiderte er dann - und das war definitiv nicht gelogen. Lou hatte meistens ein gutes Gespür für so etwas und das würde sie mit Sicherheit auch auf das Glumanda übertragen können. "Und ein endgültiges Nein von Cordes wäre vermutlich eindeutiger gewesen." Er sah kurz zu dem Glumanda, dessen Flamme etwas heller zu brennen schien. In der Tat machte es auf Ethan einen verhältnismäßig stabilen Eindruck. "Sobald es aufwacht, kannst du dich ihm schonmal vorstellen."
"Mir ist klar, dass ich viel zu lernen hätte", erwiderte Lou dann. Das Glumanda war mit Sicherheit mehr als nur traumatisiert und der Arzt hatte auch schon einmal angedeutet, dass die Gesundheit des kleinen Pokémon dauerhaften Schaden genommen hatte. "Und ich glaube nicht, dass die Professorin eine schlechte Wahl ist, aber ich denke, dass es tatsächlich sicherer ist, wenn das Glumanda nicht bei ihr ist. Und ich... ich bin froh, dass Chief Cordes gesagt hat, dass sie nochmal drüber nachdenkt. Ich weiß, dass das kein ja ist, aber es ist auch kein nein und damit will ich für den Augenblick zufrieden sein..." Lou seufzte tief und sah dann wieder zu dem Glumanda. Hoffentlich ging es ihm bald besser. "Das würde ich gerne machen... Weil wenn es wach ist, dann bedeutet das, dass es ihm deutlich besser gehen muss, oder? Und ich fände es schön, wenn es endlich bewusst wahrnehmen könnte, dass es endlich in Sicherheit ist", gab das Mädchen dann zu und hob ratlos die Schultern.
"Ja, vermutlich müsstest du lernen, damit umzugehen", bestätigte Ethan mit einem Nicken, "aber ich glaube, dass dir das leichter fallen dürfte als den meisten anderen. Du... bist immer irgendwie gut darin, irgendwelche Emotionen zu bemerken und darauf zu reagieren." Er hob die Schultern, weil er nicht wusste, wie er das klarer formulieren sollte, aber er ging ohnehin davon aus, dass Lou wusste, was er damit meinte. Immerhin musste ihr selbst bewusst sein, dass sie meistens bemerkte, wenn irgendwer irgendetwas verbarg. "Ich hoffe nur, dass es nicht in Panik verfällt, wenn es aufwacht und an irgendwelche Geräte angeschlossen ist", gab Ethan dann noch zu bedenken, denn in seinen Augen war das durchaus denkbar. "Aber da ist es vermutlich wirklich hilfreich, wenn jemand anwesend ist."
"Ich gebe mir Mühe, was das betrifft", antwortete Lou ein wenig verlegen. "Ich kann nur ganz schlecht erklären, was ich eigentlich tue, weil meistens mache ich das unbewusst. Da ist mir das Wie im Vergleich zum Was ziemlich egal, weil ich will ja was tun, wenn es jemandem schlecht geht..." Lou hob etwas ratlos die Schultern, ehe sie erneut seufzte und zu dem Glumanda sah. "Wenn es reicht, dass das Kleine keine Angst vor mir hat, will ich mich auch gar nicht beschweren...", meinte das Mädchen anschließend. "Ich hoffe... wünsche ihm, dass es langsam wach wird, dann müsste der Schock doch nicht ganz so groß sein, oder?"