Die, die keine Affaire haben: "Soweit ich weiß, sollen Sie am Hafen aushelfen", antwortete die Frau, schüttelte dann aber den Kopf. "Allerdings brauchen sie dafür die ausdrückliche Anweisung eines Chiefs oder zumindest eines Captains. Der hiesige Chief arbeitet montags und mittwochs. Und der Captain dieser Wache ist damit beschäftigt, die Geschichte an der Karpador-Farm in Augenschein zu nehmen. Und dort kann ich Sie beim besten Willen nicht hinschicken." Sie sortierte ihre Akten. "Er ist heute Abend wieder hier, wenn Sie mir eine Telefonnummer geben, melde ich mich bei ihnen." "Das ist zumindest besser als nichts", kommentierte Ethan und schrieb der Frau die Nummer seines AC-Phones auf. "Was genau ist eigentlich bei der Farm passiert?" "Das wissen wir auch nicht genau, deshalb ist der Captain jetzt dort", erwiderte diese. "Er hatte gestern ausnahmweise frei, normalerweise ist er am Wochenende da. Und heute war er mehr als wütend, weil sich noch niemand mit der ganzen Sache beschäftigt hatte."
Sowohl Holly als auch Lou waren froh, dass sich doch noch etwas ergab. Wirklich überwältigend war es nicht, aber es war immerhin besser als einen weiteren Tag nichts tun zu können. "Wir haben vorhin davon erfahren", erzählte Holly. "Stimmt es denn wirklich, dass die Notrufe nicht durchgekommen sind oder hat sich das Fernsehen das ausgedacht?" Die junge Farmerin ging durchaus davon aus, dass es der Wahrheit entsprach, immerhin hatten sie Charly gestern kennengelernt. Dennoch wollte sie gerne hören, ob es nicht vielleicht doch eine andere Erklärung gab.
Die drei willigen Freiwilligen: "Ja, das stimmt wirklich", antwortete die Polizistin. "Allerdings ist es ein gewaltiges Problem, dass das an die Öffentlichkeit geraten ist." Sie seufzte schwer und hörbar unzufrieden. "In der Hauptwache arbeitet seit zwei Jahren eine absolut unfähige Rekrutin, aber da kaum jemand der Polizei beitreten will, nehmen wir alles, was sich anbietet. Wir hatten schon mehrfach das Problem, dass sie nicht da war - meist wegen irgendwelcher Männer. Wahrscheinlich hat sie gestern auch einen aufgegabelt." Mit einem missbilligenden Schnauben winkte die Frau ab. "Aber jetzt müssen Sie mich leider entschuldigen, da besagte Kollegin nicht dazu in der Lage ist, Papierkram zu erledigen, muss ich mich mit den Dokumenten von zwei Stationen auseinanderstezen."
Holly sah die Frau einen Moment lang an. Es stimmte also. Es war kein dummer Fehler irgendeiner Technik gewesen, sondern Charly. Und wahrscheinlich Jakob. "Trotzdem danke", brachte die junge Farmerin noch heraus, dann wandte sie sich ab und verließ die Wache. Sie hätte es keine Sekunde länger ausgehalten. Lou sah ihr besorgt hinterher, verabschiedete sich anschließend auch kurz und folgte Holly letztlich. "Alles okay?" "Nein! Absolut nicht!", erwiderte die Angesprochene. "Ich bin stinksauer! Seit wir hier sind, passiert nur Scheiße! Und jetzt das auch noch! Wir können nichts tun und im Grunde wäre der Überfall gestern vielleicht sogar zu verhindern gewesen. Das ist so unglaublich frustrierend!"
(Fast) alle: Ethan beobachtete mit einem Anflug von Irritation die Flucht der Farmerin. Auch Lou schien es daraufhin eilig zu haben, die Wache zu verlassen und das irritiert ihn dann doch. Er hingegen besann sich seiner Höflichkeit und nickte der Frau noch einmal zu. "Danke für die Auskunft und danke im Voraus für den Anruf." "Gerne", erwiderte sie mit einem Lächeln und richtete ihren Blick anschließend auf die Papiere. Als Ethan die Wache verließ bemerkte er eine reichlich unzufriedene Farmerin und Lou, die vermutlich versuchte, das Ganze irgendwie zu klären. "Was sollte das denn jetzt?", hakte Ethan nach.
"Ich bin stinksauer!", meinte Holly zu Ethan, während Lou sich etwas zurücknahm. Für den Anfang jedenfalls. "Wir wissen doch alle, wem wir das zu verdanken haben. Von wem die Frau geredet hat! Und ich gehe jede Wette ein, dass es gestern auch wieder eine Männergeschichte war. Vor allem dass wir den Kerl dazu kennen!", machte die junge Farmerin ihrem Ärger Luft. "Soll ich dir was sagen? Die Dame da drinnen hat echt halbwegs kompetent gewirkt. Aber dank so jemandem wie Charly hat sie viel mehr Arbeit als nötig! Nicht, dass die Polizei nicht schon genug Probleme hätte. Und wir kriegen nichts zu tun, weil irgendwer gepennt hat! Das macht mich rasend!" Holly schrie zwar nicht herum, aber sie war sichtbar aufgebracht.
Nicht mehr schlafende Freiwillige: "Ich kann dir nur zustimmen", erwiderte Ethan mit einem kurzen Nicken. "Aber unser Freund ist unter Garantie noch bei seiner Errungenschaft und es hat wenig Sinn, sich jetzt darüber aufzuregen." Er winkte ab und sah sich stattdessen um. "Wir sollten uns stattdessen überlegen, ob wir Cordes trotzdem noch anrufen wollen und was wir mit dem restlichen Tag anfangen."
"Ich bin auf jeden Fall dafür", meinte Holly auf die Frage hin, ob sie Cordes wirklich noch anrufen sollten. "Ich bezweifle ehrlich gesagt, dass irgendwer hier die Gute auf dem Laufenden hält. Vielleicht haben wir nichts Neues für sie, aber bei dem Saftladen werd ich noch paranoid!" "Ich bin auch dafür, dass wir noch anrufen", stimmte Lou zu, wenn auch wesentlich ruhiger. "Dann weiß Chief Cordes wenigstens, dass es uns nicht egal ist und vielleicht hat sie ja doch noch den ein oder anderen guten Tipp für uns. Und wenn sie uns nur von dem Captain und dem Chief hier erzählt. Es ist nie verkehrt, zu wissen, mit was für Leuten man es zu tun hat."
Die, die nicht an der Anarchie beteiligt waren: Ethan nickte kurz bestätigend und griff nach seinem AC-Phone. Anschließend nickte er zu einer der Bänke, die an der Strandpromenade standen und setzte sich, wobei er den Lautsprecher des Telefons aktivierte - wenn auch nur so laut, dass man ihn in der Nähe hören wollte. Er wollte kein komplettes Gespräch zusammenfassen, aber genauso wenig den ganzen Strand beschallen. Als sowohl die Farmerin als auch Lou neben ihm saßen, wählte er Cordes' Nummer aus. Es dauerte einige Momente, dann wurde der Anruf entgegen genommen. "Chief Cordes." Ethan stellte fest, dass sie nahezu genauso unzufrieden und schlecht gelaunt klang wie bei dem letzten Gespräch. "Ethan Courtenay", erwiderte er. "Und die restlichen Freiwilligen. Jedenfalls der Großteil." Cordes atmete hörbar aus. "Was gibt es?" "Wir sind in Litora angekommen", antwortete Ethan. "In der Hauptpolizeiwache war gestern lediglich eine Aushilfskraft und der Chief ist erst Montag wieder vor Ort. In der Polizeistation am Strand konnte man uns auch nicht weiterhelfen, weil sie gestern sehr früh geschlossen wurde und der hiesige Captain heute mit den gestrigen Vorkommnissen beschäftigt ist." "Und jetzt wollt ihr euch bei mir darüber beschweren?", hakte Cordes unzufrieden nach. Im Prinzip schon, aber irgendwie hielt Ethan es für keine gute Idee, das so direkt zu sagen. "Wir wollten eher nachfragen, ob Sie andere Vorschläge für uns haben", formulierte er das Ganze etwas netter. "Was soll ich von hier aus tun?", entgegnete Cordes. "Wir können sogar die Sache mit dem Lagerhaus vergessen!" Einen Moment lang sah Ethan sein AC-Phone irritiert an. "Wieso das?" "Weil diese Leute die gestrige Gelegenheit nicht nur genutzt haben, um einen Haufen Karpador zu stehlen", erwiderte Cordes. "Sie waren im Lagerhaus, das ist nämlich so gut wie leer. Sie scheinen alles mitgenommen zu haben, was wichtig war." Sie schnaubte. "Wenn ich diesen verdammten Chief erreiche, wird er hören, was ich von seiner Organisation halte! Er kann seine verdammte Polizei direkt schließen." Ethan war sich nicht sicher, wie klug es war, derartige Dinge auszusprechen und sie nicht nur zu denken. Vor allem wenn die Theorie stimmte, dass Cordes selbst durchaus in Gefahr war. "Angeblich scheint sich zumindest der Captain der Polizeistation am Strand ein wenig um die Dinge zu kümmern?", wandte er ein, weil er hoffte, Cordes' Laune damit ein wenig zu heben und ein paar Informationen zu erhalten. "Theoretisch oder praktisch?", hakte Cordes nach. "Theoretisch ja. Er würde gerne mehr tun. Praktisch kann er das nicht, weil ihm dank des Cheifs die Hände gebunden sind. Wann ist er ansprechbar?" "Angeblich heute Abend", erwiderte Ethan. "Ich rufe ihn an und sage ihm, dass er sich in jedem Fall bei euch melden soll", sagte Cordes mit einem schweren Seufzen. "Bis dahin sind euch wohl oder übel die Hände gebunden." Und mit einem halb bitteren, halb ironischen Tonfall fügte sie hinzu: "Gewöhnt euch daran." "Sollen wir uns den Tunnel doch noch einmal ansehen?", schlug Ehan vor. "Vielleicht..." "Sie werden nicht zurückkommen, sie haben alles eingesammelt. Wir werden den Tunnel schließen, damit sie ihn zumindest nicht mehr benutzen können und damit hat sich das", unterbrach ihn Cordes. "Genießt den freien Tag, wenn Captain Johnson wieder da ist, wird er euch beschäftigt halten." Sie schien eine Antwort zu erwarten, denn es trat eine kurze Stille ein. "Sonst noch etwas?" Ethan sah zu den beiden anderen, weil er selbst nur noch eine einzige Frage hatte und sich nicht einmal sicher war, ob er diese wirklich stellen wollte.
Holly hörte die wirklich großartigen Neuigkeiten und konnte ein frustriertes Stöhnen nicht unterdrücken. Wozu genau waren sie eigentlich nach Litora gegangen? Damit im Endeffekt alles den Bach runterging? Nicht nur, dass man hier nicht auf das Kommen der Freiwilligen vorbereitet gewesen war, jetzt war auch noch die Arbeit im Hafen völlig umsonst gewesen. Sie hatten sich für nichts in Gefahr gebracht. Gut, vor allem waren es Ethan und Jakob gewesen, aber das machte es nicht weniger frustrierend. "Sollen wir Ihnen ein Souvenir mitbringen?", fragte Holly hörbar frustriert. Sie bereute es aufrichtig, nach Litora gekommen zu sein.
Lou:
Lou hatte geglaubt, dass die Nachrichten am Morgen schlimm gewesen waren, aber nun von Chief Cordes zu hören, dass die Polizei von Litora schlicht unfähig war und im Grude alles kaputt gemacht hatte, setzte dem Ganzen die Krone auf. Auch das Mädchen konnte ein frustriertes Seufzen kaum zurückhalten. "Sehr witzig Holly", bemerkte Lou auf die Aussage der jungen Farmerin. "Ich hätte tatsächlich eine Frage. Wird uns der Captain beschäftigt halten, weil er uns loswerden will oder weil wir wirklich helfen können?"
Nicht-hormon-gesteuerte Freiwillige: Ethan hörte Cordes bei dem Kommentar der Farmerin verärgert schnauben und der eindeutige Ärger ihrerseits schlug sich auch in ihrem Tonfall nieder, als sie Lous Frage beantwortete. "Er wird euch beschäftigt halten, weil die Polizei in Litora derartig unfähig und unterbesetzt ist, dass sie niemanden haben, der sich um den Strand kümmert. Es ist ein Haufen von unfähigen Idioten - abgesehen von wenigen Ausnahmen." "Das ist nicht das, was ich mir darunter vorgestellt habe, die Polizei zu unterstützen", merkte Ethan an. "Hast du geglaubt, du beseitigst eigenhändig die ominöse Organisation, die uns diese ganzen Probleme bereitest? Du hast doch im Hafen gesehen, worauf das hinausläuft", entgegnete Cordes und Ethan musste sich darum bemühen, einen scharfen Kommentar zurückzuhalten. "Die Polizei kann nichts tun und eine Handvoll Freiwillige macht keinen Unterschied." "Wenn die Polizei nichts tun kann, wer dann?", hakte Ethan nach. "Sie?" Cordes antwortete nicht sofort, sodass Ethan hinzufügte: "Man sollte meinen, Sie wären vorsichtiger nach der Geschichte mit den Chiefs." "Hat Perry etwas gesagt?", fuhr sie ihn schließlich an. "Nein, mein Vater." Einen Moment lang herrschte Schweigen in der Leitung, dann seufzte Cordes. "Jedenfalls werde ich nicht tatenlos zusehen", sagte sie schließlich. "Ich habe noch Dinge zu erledigen. Und ich werde Johnson anrufen. Viel Erfolg." Ohne eine weitere Antwort abzuwarten, legte Cordes auf. Ethan sah das AC-Phone einen Moment lang an, dann schüttelte er den Kopf und steckte es wieder ein. So viel dazu.
"Die klang ja sehr motiviert", murrte Holly. "Es ist auch für sie echt schwierig", erwiderte Lou. Sie wusste, dass Chief Cordes Verhalten vielleicht nicht ganz korrekt war, aber zumindest machte die Frau ihre Arbeit. "Sie hat gezögert. Ich bin gespannt, ob sie wirklich was macht. Vor allem was", gab die junge Farmerin zurück und verschränkte demonstrativ die Arme. "Cordes würde gut daran tun, vorsichtiger zu sein", entgegnete die jüngere der beiden. "Wir sollten uns eher um die Frage kümmern, was wir jetzt machen. Offensichtlich haben wir ja bis heute Abend nichts zu tun." "Keine Ahnung ehrlich gesagt", kam es murrend von Holly, welche daraufhin zu Ethan sah und auf einen Kommentar von ihm wartete.
Unfreiwillig arbeitslose Freiwillige: "Sie klang so, als ob sie wirklich irgendetwas tun will", warf Ethan ein und schüttelte dabei den Kopf. "Und das, obwohl sie sich damit selbst zu einem Ziel für diese Organisation macht." Er musste zugeben, dass das etwas war, was man Cordes zugute halten konnte. So unsympathisch sie auch war und so sehr sie ihn auch auf seinen Nachnamen reduzierte, so schien sie zumindest nicht tatenlos zuzusehen - im Gegensatz zu dem Großteil der Polizei. Auf die Frage der Farmerin hin hob Ethan zugegebenermaßen ratlos die Schultern. Er hatte keine Ahnung, was sie tun sollten und er ertappte sich bei der Frage, wann er das letzte Mal einen ganzen Tag lang frei gehabt hatte. Irgendwie bezweifelte er, dass das jemals der Fall gewesen war.
"Ich denke auch, dass sie etwas tun will und bei ihr kann ich mir durchaus vorstellen, dass es nicht nur beim Wollen bleibt", tat Lou ihre Einschätzung zu Chief Cordes kund. "Dann bin ich mal gespannt, was das sein wird", erwiderte Holly. Ihre Sorge galt in erster Linie immer noch ihrem Zuhause. "Wir sollten uns erst einmal um unsere Aufgaben kümmern", entgegnete die jüngere der beiden. "Was uns zu der ursprünglichen Frage zurückbringt", meinte Holly und sah nun Lou abwartend an, nachdem von Ethan kein guter Vorschlag gekommen war. "Wir könnten ganz klassisch an den Strand gehen?", schlug Lou mit einem Schulterzucken vor. "Ein bisschen umgucken, etwas im Meer schwimmen, sonnen... Was man so am Strand tut."
Hobbylose Freiwillige: "Hoffen wir, dass sie nicht vergisst, dass das Ganze gefährlich ist", merkte Ethan an, denn in seinen Augen wäre es für die Polizei ein durchaus gewaltiger Rückschlag, Cordes zu verlieren. Als Lou dann ernsthaft den Strand vorschlug, sah Ethan automatisch zu dem Strand, an dem auch an diesem Tag der eine oder andere Kampf stattfand, während der Großteil der Leute im Sand lag. "Ich habe ehrlich gesagt noch nie Strandurlaub gemacht", merkte er anschließend an und hob die Schultern. "Mir ist es egal. Immerhin ist das Wetter gut."