Holly: Holly warf Jakob einen skeptischen Blick zu. Hatte er wirklich erst indirekt nach ihrer Meinung gefragt, nur um jetzt einen Rückzieher zu machen, weil ihm ihre Antwort nicht passte? "Weißt du, wir interessieren uns eben nicht den ganzen Tag, jeden Tag für die Jayjay-Show und damit wirst du leben müssen. Ich hab dir schonmal gesagt, dass Jakob in Ordnung ist, aber dieses ganze Gehabe ist echt anstrengend und vielleicht solltest du die kommenden Stunden mal darüber nachdenken, warum du es eigentlich nicht nötig hast, dich so zu profilieren", meinte Holly verärgert über seine Reaktion und sah dann aus Prinzip aus dem Fenster.
Jakob wollte protestieren und Holly etwas dazu sagen, dass sie ihn gerade wie den letzten Idioten dargestellt hatte, aber da drehte sich die Farmerinschon von ihm weg. Jakob lies die Arme vor der Brust verschränkt und starrte dann die Decke vom Bus an. Eine Weile lang sagte er nichts, dann drehte er sich doch wieder zu Holly. "Entschuldigung", brummte er etwas leise.
Holly seufzte kurz als sie Jakobs Entschuldigung hörte und drehte sich zumindest für den Moment zu ihm. "Ich glaube nicht, dass du dich vorrangig bei mir entschuldigen musst", meinte sie dann. "Trotzdem danke. Allerdings solltest du die Zeit vielleicht wirklich nutzen, um in dich zu gehen. Du hast keinen Grund, so wenig Selbstvertrauen zu haben und das dann so zu kompensieren. Das hilft niemandem und dir am allerwenigsten."
Jakob schüttelte den Kopf. "Was soll das heißen 'kein Selbstvertrauen'? Ich habe sehr wohl Selbstvertrauen", meinte er und schnaubte. "Es ist ja nicht meine Schuld, wenn mir niemand etwas zutraut und die Dinge, die ich zu schaffen glaube, dann doch schief gehen."
"Dir traut keiner was zu? Wer bitte sagt denn sowas?", meinte Holly und schüttelte den Kopf. "Und ganz im Ernst? Es ist doch nichts dabei, wenn man mal Dinge nicht schafft. Sowas passiert. Und warum ich sage, dass du kein Selbstvertrauen hast? Weil du dich immer wieder benimmst, als ob du mit Absicht außen vor gelassen wirst. Nimm zum Beispiel den Wettbewerb. Du hast eine Szene gemacht, weil Lou nur mit Ethan gesprochen hat. Dabei ist das doch vollkommen egal gewesen, weil da nur das Ergebnis zählte. Aber nein, DU warst nicht dabei, also ist es schlimm. Gestern auch. Glaubst du, ich hab nicht gemerkt, dass du beleidigt warst, weil ich gewonnen habe? Aber DU hast es nicht, warum sollte man sich also für einen Freund freuen? Heute morgen auch wieder: DU warst nicht involviert, also hat es dich verunsichert. Du scheinst irgendwie zu glauben, dass man dich mit Absicht ausschließt, obwohl das Tauros-Mist ist. Wenn du wirklich Selbstvertrauen hättest, hättest du das nicht nötig."
"Aber das ist es doch", meinte Jakob. "Ich HÄTTE gewinnen sollen. Hätte. Mein halbes Leben schon wollte ich so eine Reise antreten. Hab immer fleißig trainiert. Und dann... dann kommt sowas. Ich muss sehen, wo ich bleibe und die Frau Farmerin gewinnt und wollte am Anfang nicht einmal ihren Orden." Jakob schnaubte und schüttelte den Kopf. "Und ja, ich freue mich für dich. Aber gleichzeitig hat es mich daran erinnert, dass ich es nicht geschafft habe. Tut mir ja leid, dass ich das nicht einfach so wegstecken konnte. Das nächste Mal soll es mir dann auch völlig egal sein, ob ich gewinne oder nicht?"
"Warum denn nicht? Meinst du wirklich, dass du in jede Arena spazieren würdest, kurz kämpfst und mit dem Orden weiterziehst? Ich bitte dich. Außerdem hat niemand gesagt, dass du hättest gewinnen sollen. Es war schwer, du warst im Nachteil, sowas passiert. Du musst sehen, wo du bleibst? Du tust gerade so, als ob du nie wieder die Chance bekommen würdest, ernsthaft, das ist bescheuert. Meinst du wir setzen dich jetzt aus oder was? Du hast also einen kleinen Rückschlag bekommen? Dann ist es eine gute Idee, wie ein Kleinkind zu schmollen, das seinen Lolli nicht bekommen hat. Und was die 'Frau Farmerin' angeht", meinte Holly dann, weil sie Jakob diese Äußerung wirklich übelnahm, "solltest du vielleicht bedenken, dass sie genug mit den Ängsten von zwei Pokemon zu tun hat, vor kurzem erst gemerkt hat, wie viel Spaß ihr das Kämpfen eigentlich macht, weil sie zu Hause helfen musste und nicht wie du einfach ein normaler Teenager sein konnte und mit einem Elektropokemon einfach einen Vorteil hatte. Und ich wollte meinen Orden sehr wohl! Nur nicht in physischer Form! Ich brauche keinen materiellen Beweis, um mich daran zu erinnern, was ich geschafft oder nicht geschafft habe. Für mich ist er keine Erinnerung an den Sieg, sondern an die Zeit, die wir alle hier in Litora hatten. Ein Andenken. Was übrigens DEIN Vorschlag war."
Jakob wollte am liebsten frustriert seufzen und sich wegdrehen. Er hatte nicht gerade das Gefühl, dass das Gespräch wirklich ergiebig war. Allerdings lag das keinenfalls an Holly sondern an ihm. Jakob schüttelte noch einmal den Kopf und seufzte trotzdem. "Es ... es tut mir Leid. Ich glaube... ich glaube einfach, dass ich das Gefühl habe etwas erreichen zu müssen. Damit ich nicht am Ende nach Inito zurückkehren muss, um zuzugeben, dass ..." Er schüttelte erneut den Kopf. "Im Endeffekt, dass meine Eltern recht hatten und so eine Reise eine blöde Idee ist. Ich viel lieber etwas Anständiges hätte lernen sollen. Ich will das aber nicht, ich will nicht dahin zurück. Nicht so."
"Das ist auch kein Verbrechen. Aber dann solltest du auch offen dafür sein, Dinge zu lernen. Nicht nur Attacken und Strategien, sondern alles Mögliche. Im Moment benimmst du dich eher, als ob du alles wüsstest und es dir zusteht. Denk mal drüber nach", meinte Holly und wandte sich dann wieder dem Fenster zu. Für sie war das Gespräch erstmal beendet.
Es gelang Ethan nur mäßig, in dem Bus zu schlafen. Die ständigen Kurven bewirkten, dass er immer dann, wenn er gerade einnickte, von irgendeiner Bewegung des Busses geweckt wurde. Er hatte sich das definitiv erholsamer vorgestellt, aber gut, es war immer nohc besser als nichts. Nach einer ganzen Weile warf Ethan einen kurzen Blick aus dem Fenster, sah irgendwelche Berge und beschloss, einen Schluck zu trinken, bevor er sich wieder seiner Erholung widmete. Während er die Wasserflasche aus seinem Rucksack holte, bemerkte er, dass der Bus langsamer wurde und schließlich in einer Haltebucht stehen blieb. Eine Weile lang stand der Bus einfach nur da, sodass Ethan auf die Uhr seines AC-Phones sah. Sie waren seit gut drei Stunden unterwegs und hatten immerhin die Hälfte geschafft. Er wollte gerade Lou fragen, ob es irgendeinen Grund für die Pause gab, als er sah, wie der Busfahrer nach seinem Mikrofon griff. "Sehr geehrte Fahrgäste", begann der Mann, "aufgrund der Temperaturen und der Steigung ist unser Motor heißgelaufen. Wir warten ein paar Minuten dann fahren wir weiter." Ethan seufzte genervt. "Ich frage mich, was die im Hochsommer machen", kommentierte er düster.
"Großartig", kommentierte Jakob als der Bus stehen blieb. Der Teenager trat erst einmal auf den Gang und streckte sich. "Ob wir kurz nach draußen können? Ich habe das Gefühl, dass ich die Bewegung gebrauchen könnte."
"Gute Frage. Ich kenn mich mit Technik nicht gut genug aus, um ehrlich zu sein", meinte Lou und hob die Schultern. "Aber wenn es nur ein paar Minuten sind, dann kann uns das doch egal sein. Dann geht es ja gleich weiter." "Wenn einer rausgeht, dann wollen wahrscheinlich alle", erwiderte Holly auf Jakobs Frage. "Und wenn das wirklich nur ein paar Minuten so bleibt, würde das wohl nur alles noch mehr verzögern." "Holly hat recht", stimmte Lou zu, die mitbekommen hatte, worum es ging. "Bleib einfach so einen Moment stehen, wenn es niemanden stört."
Ethan entschied sich dazu, die Pause zu ignorieren, seinen Kopf wieder anzulehnen und weiter zu dösen. Bevor er allerdings ernsthaft einschlafen konnte, bemerkte er einen äußerst unangenehmen Geruch. Es roch irgendwie verschmort und als er die Augen wieder öffnete und sich an der Lehne des Vordersitzes vorbei in den Gang lehnte, sah er Rauch aus der Motohaube aufsteigen. "Irgendwie bezweifle ich, dass das nur ein paar Minuten dauert", stellte er fest.
Jakob sah beim Strecken nach vorne und stutzte, als er den Rauch sah. Ein wenig fasziniert blickte er den Rauch an, da das Bild etwas geradezu Surreales hatte. "Und irgendwie bin ich der Meinung, dass 'heißgelaufen' eine kleine Untertreibung war."
"Na Großartig", meinte Holly mit einem Seufzen. "So wünscht man sich das doch." "Wenn es wirklich so schlimm ist, wie es riecht, dann sind wir heute noch eine ganze Weile hier", stellte Lou fest. Und das war eigentlich etwas, worauf sie mehr als gut verzichten konnte. "So lange wir nicht hier übernachten müssen", meinte Holly sarkastisch. Auch ihr gefiel die momentane Entwicklung nicht sonderlich.